Scheinbar wird es beim Basler Kampf um die sieben Regierungssitze doch noch spannend.
Scheinbar.
Denn glaubt man den Medien, dann ist Frau Ackermann schwer angezählt. Die Frauen Keller und Eymann könnten….
Nun weiss ja jeder, nicht alles, was die Medien verbreiten, kann man zum Nennwert nehmen.
Es handelt sich meistens um Interpretationen dessen, was sich abgespielt haben könnte.
Selbst wenn ein Anwalt oder, in meinem Fall, ein PR-Heini einem Journalisten Zugang zu „vertraulichen“ Papieren verschafft, hat das mit Medienförderung wenig zu tun, sondern mehr mit einer Strategie: Hau den Gegner.
Ich weiss nicht, was sich zwischen Frau Ackermann und Herrn Fehlmann abgespielt hat. Ich lese, was Dritte aufgrund von Unterlagen imaginieren.
Beispielsweise, dass Frau Ackermann und Herr Fehlmann zusammen und klammheimlich einen Abgangsvertrag ausgeheckt haben. Ohne dass die Rechtsabteilung, die Personalabteilung, das Departementssekretariat, Fehlmanns Anwalt, die Regierungskollegen etwas davon mitbekommen haben.
Wer’s glaubt.
Aber selbst wenn es so gewesen wäre, dann wäre der Vorgang nicht Matchentscheidend.
Die einzige Frage, die sich stellt, ist: Wie halten es die Links-Grünen mit der Macht.
Und hier habe ich bis jetzt noch keine Anzeichen eines Einknickens gesehen. Auch wenn da und dort geschrieben wird „Vertreter der SP“ begännen sich von Frau Ackermann zu distanzieren.
Mein Gott! Kein Politiker geniesst die uneingeschränkte Zustimmung aller.
Ausser er ist tot.
Fakt ist nach wie vor, dass das links-grüne Lager zwei klare Ziele verfolgt: 1. Die Mehrheit im Regierungsrat sichern und 2. eine Mehrheit im Grossen Rat erlangen.
Niemand im links-grünen Milieu wird deshalb Ackermann fallen lassen. Weil dort niemand eine bürgerliche Mehrheit in der Regierung will.
Die links-grüne Mehrheit im Parlament ist nur möglich, wenn man keine Zweifel über den Willen zur Dominanz in der Regierung aufkommen lässt.
Womit sich die zweite Frage stellt: Woher sollen denn die Stimmen für Frau Eymann und Frau Keller kommen?
Frau Keller: forget it.
Wäre sie alleine gegen Frau Ackermann angetreten, hätte sie möglicherweise einen Achtungserfolg erzielt.
Frau Eymann: Sollte das bürgerliche Lager, vor allem die Anhänger der FDP, die Baselbieter Polizeioffizierin auf die Wahlzettel schreiben, dann bedeutete das vor dem Hintergrund der Mehrheitsverhältnisse im Stadtkanton lediglich, der LDP-Kandidatin eine gute Ausgangsposition für den zweiten Wahlgang zu sichern.
Die FDP-Anhänger wären ja bescheuert, das zu tun und damit die Wiederwahl Baschi Dürrs zu gefährden.
Und die SVP wird zögern, „der Baselbieterin“ ihre Stimmen zu geben, weil sie beweisen muss, dass ohne sie das bürgerliche Lager keine Blumentöpfe gewinnt.
Für die CVP-Anhänger gilt ähnliches, wobei Engelberger uneingeschränkt auf die Stimmen der LDP zählen kann, sicher auch auf Unterstützung aus dem FDP- und SVP-Lager und auch von Links-Grün.
Es könnte als sein, dass er am Schluss dank der Wahlherbstkonstellation auf dem Siegerpodest steht.
Sollte es den Medien tatsächlich gelingen, Frau Ackermann aus dem Amt zu schreiben – ist ihnen nicht mal mit Wessels und Pegoraro gelungen – dann ist die Ursache für ihr Scheitern nicht bei ihr zu suchen, sondern im dann offensichtlich angeschlagenen Selbstverständnis des links-grünen Lagers.
Miraculix meint
Gratulation, MM: Der erste realistische Kommentar zu den Erfolgsaussichten an den Wahlen BS bislang.
Sympathisch wirken für mich die beiden Weiterso-Machtblöcke überhaupt nicht. Sondern verkrampft und zynisch.
Wie wäre das? Wir wählen nur Neue: Stéphanie Eymann, Esther Keller, Stefan Suter, Christine Kaufmann und die drei SP’s (Soland zähle ich als „nochneu“). Hätte manche Vorteile.
Es gäbe je nach Geschäft wechselnde Allianzen. Wir hätten mit diesen Neuen insgesamt die progressivere Regierung. Diese zeigte eine grössere Spannweite an Handlungsoptionen. Die Stickluft und die Bisher-Ego-Shooter wären draussen.
Suter ist der bislang beste Basler SVP-Kandidat (ua weil ohne SVP-Ideologie). Seine Partei hat mehr Wähleranteile als die CVP und die FDP zusammen.
Ohne die defensiv-depressive Bisher-Amtswürde müsste sich die Neuen-Truppe mit Argumenten, Tatkraft, Erfolgen, also Inhaltsorientierung Respekt verschaffen. Heisst auch: Mit Transparenz.
Diese Neuen-Truppe stünde von Beginn weg unter Feuer (Medien, links, rechts). Sie müsste mehr realen Teamgeist entwickeln als das Bisher-Lineup.
Aber ich weiss: Doch die Verhältnisse, sie sind nicht so.
Philipp Waibel meint
Vor kurzem noch Abstiegskandidat und jetzt wieder Kandidat für das Podest? Deine Einschätzungen zu Engelberger („Wir befinden uns in einer labilen Lage“) wechseln ohne ersichtlichen Grund wöchentlich und verwirren mich. Oder hab ich was überlesen?
PS. Maskenpflicht im Gundeli, aber keine Maskenpflicht in Binningen find ich super (ÖV-Distanz: 5 Minuten). Wollen Engelberger und Weber den Detailhandel in Binningen fördern?
PSS. Das GD startet heute mit einem lustigen Clip eine Umfrage zu einer kantonalen Vision „Alter“. Auch die seit 7 Monaten in Pflegeheimen Isolierten dürfen mitmachen.
M.M. meint
Ist halt so eine Sache mit Wahlen – genaues weiss man erst am Sonntag, wenn die Resultate bekanntgegeben werden.
Bei Engelberger ist das so:
Negativ –
CVP ist stark am Schlingern. Sollte die Linke tatsächlich die Mehrheit erreichen, dann sicher auch auf Kosten der CVP. Engelberger droht ein Regierungsrat ohne Partei zu werden.
Eigentlich braucht es die CVP in der Regierung nicht mehr, weil sie in Basel-Stadt keine politische Kraft mehr darstellt.Nicht mal als Mehrheitsbeschafferin für Links und Rechts.
Im Herbst wechselt die CVP voraussichtlich ihren Parteinamen, Engelberger müsste mit einem neuen Label antreten. Um damit neue Wähler zu gewinnen, ist die Zeit zu kurz.
Die Entwicklung der Corona-Diskussion ist unberechenbar. Siehe Maskenpflicht in Stadt und Land. Weber scheint mir da berechenbarer als Engelberger.
Positiv:
Corona – er kann den starken Mann spielen.
Engelberger kann die Linke auf ihren Wahlzettel schreiben, weil er harmlos ist.
Die unvermeidliche Reiberei zwischen FDP und LDP nützt Engelberger auch bei den Bürgerlichen, weil man sich nicht „zwischen“ entscheiden muss.
BaZ: Wenn die BaZ sich auf einen Regierungsrat einschiesst, schliessen sich die Reihen.
Amtsbonus
Linder Karl meint
Liest sich alles irgendwie nachvollziehbar, aber man vergisst hier eventuell, dass ein ganz grosser Teil der Wahlbevölkerung parteipolitisch nicht gebunden ist. Jede/r hat zwar seinen parteilichen Kompass, aber Majorz Wahlen gewinnt man letztlich in der Mitte der Gesellschaft. Könnte es nicht sein, dass die SP bereits eine Option in der Hinterhand hätte, falls man doch fände, die Regierungspräsidentin Ackermann sei dann doch nicht mehr tragbar?
M.M. meint
Die einzige Option im 2. Wahlgang: die Grünen wechseln das Pferd.
So wie die LDP in den 90ern, als Facklam vor dem 2. Wahlgang das Handtuch schmiss und ein gewisser Herr Vischer ins Rennen stieg.
Die Mitte in Basel ist tendenziell links.
Marcus Denoth meint
1. Das Linksgrüne Lager ist im Kadavergehorsam geübt und wird – egal was noch passiert – das rotgrüne Ticket wählen.
2. Man wechsle den Namen Ackermann durch Dürr und ich wette, der Aufschrei unter der Linken wäre enorm gross, man würde eine PUK fordern, Dürr würde als Antidemokrat erster Güte dargestellt werden. Als Gefahr für die Demokratie etc.
3. Wer denkt, dass sich die Lager gross deswegen verschieben ist ein Träumer. Wenn überhaupt, wird trotzdem allen Skandalen und Misstritten Rotgrün dazugewinnen. Wieso? Siehe Kadavergehorsam und man schaue, wer alles von der stetig steigenden linken Ausgabenfreude profitiert.
4. Dass die Linke weiterhin ohne (medialen) Gegenwind einen Stopp des Zuwachses von Ausgaben mit einer Sparrunde gleichsetzen darf, ist auch so eine Sache. Hilft der Linken.
5. Ist es einfach unglaublich, wie linke Märchen, Halbwahrheiten und Unwahrheiten breit in den Medien ohne Gegenrede, Gegendarstellung und Berichtigungen verbeitet werden. Seit Jahren. Aber da sind die Bürgerlichen gefragt, aber wie hat ein sehr intelligenter Kolumnist mal geschrieben: sie schlafen.
Darum: es wird bleiben wie es ist, maximal linker Zugewinn. Die Linken kommen ihren Autokratenträume ein Stück näher.
M.M. meint
Kadavergehorsam? Aus welcher rechten Mottenkiste ist denn das?
Marcus Denoth meint
Ich verwende den Begriff auch gegen Rechte. Nur kann man diese in Basel nicht ernst nehmen. Also gibt es kaum einen Grund, dagegen zu schiessen. Das machen sie schon selber…