Gestern hat sich im überschaubar kleinen Baselbieter Politikbiotop Augenreibendes abgespielt: SVP-Präsident Dominik Straumann markierte mal kurz den starken Mann. Und musste schon wenige Stunden später zu Kreuze kriechen.
Auf allen Vieren.
Auslöser war seine salopp dahingeworfene Einschätzung zur Ständeratswahl vom nächsten Jahr und die bürgerliche Variante mit Mitte-Nationalrätin Schneider-Schweiter.
Elisabeth Schneider politisiert nicht fern von Maya Graf. Ihre Haltung pro Kantonsfusion und EU-Beitritt ist befremdend. Höchstens als allerletzte Option käme sie in Frage, sollten wir wirklich gar niemand anderen finden.
Gab der auch-noch-Kommandant der Muttenzer Feuerwehr, Major Dominik Straumann zu Protokoll – sagte also das, was in seiner Partei zum festen Glaubensbekenntnis in Sachen Schneider-Schneiter gehört.
Aber, verdammi – jetzt ist Wahlkampf, jetzt ist bürgerlicher Schulterschluss, jetzt gehört Schneider-Schneiter zum Club.
Weil die SVP-Kandidatin dringend mehr Stimmen als nur die ihrer Partei braucht.
Dummkopf!
Also hängte sich Sollberger ans Telefon.
Und tobte.
Mitte-Regierungsrat Toni Lauber, dessen politischer Ehrgeiz einzig noch darin besteht, im März das beste Resultat aller einzufahren, ging die Decke hoch.
Und hängte sich ans Telefon.
Silvio Armando Fareri, dem weitherum unbekannten Mitte-Prteipräsident, lüpfte es den Deckel.
Auch er hängte sich ans Telefon.
Und liess gleichzeitig per Twitter verlauten:
Die erfahrene NR, Aussenpolitikerin und Präsidentin HKBB ist eine valable Kandidatin für den Ständerat.
Und so ging es den ganzen Vormittag munter weiter: Straumann wurde von allen Seiten – zum Beispiel auch noch vom HKBB-Geschäftsführer und FDP-Landrat Dätwyler heisst es, zusammengestaucht.
Am Montagnachmittag rief Straumann schliesslich die bz an und bat darum, sich korrigieren zu dürfen:
Dass Frau Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter nicht für einen EU-Beitritt ist, sondern den bilateralen Weg mit der EU unterstützt, nehme ich wohlwollend zur Kenntnis. Dies freut mich sehr und es gibt ihr diesbezüglich nichts vorzuwerfen.
„Wohlwollend“?
Ein innert weniger Stunden zum Wichtel kleingestutzter SVP-Mann meint noch immer, er sei der Massstab für wahre Grösse?
Zum Schluss noch das: Major Straumann hat sich bei der Präsidentin der Handelskammer beider Basel, Elisabeth Schneider-Schneiter, persönlich und schriftlich entschuldigt.
Was wir lernen: a) Frau Sollberger zeigt Nerven, b) Straumann hat Schiess und c) die SVP ist nicht mehr so selbstsicher wie auch schon, ihre Kandidatin über die Ziellinie zu bringen.
Anna meint
Frau Schneider-Schneiter geht es meines Erachtens nicht wirklich um das Erringen des Ständeratsmandates. Sie weiss als erfahrene Politikerin genau, dass es in BL kaum je – wenn überhaupt – eine Abwahl eines/einer amtierenden Ständerates/Ständerätin gegeben hat.
Abgesehen davon wäre Frau Schneider-Schneiter programmatisch wohl eher keine Alternative zu Frau Graf.
Demzufolge liegt die Vermutung sehr nahe, dass die „gute alte Doppelkandidatur“ bei Frau Schneider-Schneiter primär mit Blick auf den Erhalt ihres NR-Mandates erfolgen dürfte.
Für die Gratis-Publicity wäre wohl ein Dank in Richtung des Herrn Straumann angebracht.
Etwas off topic: ich tendiere dazu, eher bürgerlich zu wählen, aber da ich mit der Kandidatur bzw. der Eignung von Frau Sollberger als RR nicht einverstanden bin, werde ich dieses Mal wohl auf ganzer Linie NICHT bürgerlich wählen.
Andrea Heger-Weber meint
Irgendwie schade, wird die Politarbeit von Ständerätin Maya Graf und Nationalrätin Elisabeth Schneider für unsere Region teils so gering geschätzt. Da heisst es immer wieder, unsere nationalen Politiker*innen sollten unserer Region in Bern zu mehr Gehör verschaffen. Doch wenn zwei Frauen wie die beiden im Wissen, dass wir vereint mehr Gewicht erhalten, über Partei- und Kantons- und ja, manchmal gar über Landesgrenzen in und für die Region weibeln, gibt’s Häme. Hilft dem Ansehen unserer Region wohl auch nicht so…
Bálint Csontos meint
Übrigens ist Dominik Straumann Erstnachrückender nach Sandra Sollberger, nicht?
Phil Bösiger meint
Ich werde es nicht wagen, mich als Stadtbasler zum BL-Regierungsratswahlkampf zu äussern, obwohl ich über den Artikel geschmunzelt habe. Solches SVP-Wahlamüsemang haben wir auch vor unserer eigenen Haustüre; der Geniesser schweigt daher.
Meine Überraschung erregen jedoch die ungewohnt vielen Vertipper im Text. War M.M. beim Schreiben ob dieser Politposse so amüsiert, das die sonst übliche orthografische Exzellenz das Nachsehen hatte?
M.M. meint
Manchmal habe ich einfach keine Lust, das Zeugs nochmals durchzulesen.
Nehmen Sie also die Beiträge als das, was sie sind – schnell hingeworfene Notizen.
U. Haller meint
Bemerkung am Rande: Die Kantonsfusion und ein EU-Beitritt werden kommen. Leider werde ich beides nicht mehr erleben. Es braucht wohl drei oder mehr Anläufe an der Urne, bis die dann stimmberechtigte Generation Alpha die Notwendigkeit einsieht.
gotte meint
dominik und sandra und toni und lisi: ein bürgerliches trauerspiel in 3 akten.
angrymonk meint
Was haben wir nur getan, dass wir im Baselbiet mit solchen Politikerinnen und Politiker bestraft werden?
Margareta Bringold meint
Ja, wer wählt denn sowas?