Die Meinungen scheinen gemacht: Frau Ackermann ist die Dumme im Regierungsumzug.
Alle anderen, besonders die Kerle, haben ihren Laden im Griff.
Also muss Ackermann weg.
Ach ja?
Was wäre, wenn die Grünen (Grünes Bündnis) ihren Siegeszug fortsetzten und am kommenden Sonntag gegenüber 2016 mehrere Prozentpunkte zulegten und sich hinter der SP als zweitstärkste Fraktion im Grossen Rat feiern könnten?
Die letzten Nationalratswahlen (+ 6.5 Prozent) und die Sonntagswahlen im Kanton Aargau lassen einen derartigen Schluss durchaus zu.
Was wäre also, wenn Frau Ackermann und die Grünen nach einem erfolgreichen ersten Wahlgang das Spiel von SP und Bürgerlichen nicht mehr mitspielten und zur Überraschung aller Machtansprüche geltend machten?
Absurd?
Nun, es ist durchaus möglich, dass die Linke ihr Wahlziel, die Mehrheit im Grossen Rat, dank dem Abschneiden der Grünen erreichen könnte, trotz leichten Verlusten der SP (Ergebnisse Aargau, Nationalratswahlen).
Womit wir nach den Wahlen eine ziemlich neue Parteienkonstellation vor uns hätten.
In den letzten Nationalratswahlen hat das Bündnis immerhin einen Wähleranteil von 17,7 Prozent erreicht, die SVP 12,4 Prozent, die FDP noch 6 Prozent und die LDP 15,3 Prozent. Völlig abgestürzt war Die Mitte aka CVP mit 4,6 Prozent.
Die allgemeine Wahllage wird neben dem grünen Trend überdies vom neuen Wahlgesetz beeinflusst, das Kleinstparteien den Einzug ins Parlament erleichtert.
Die EVP und eine Kleinbasler adhoc-Bewegungen drängen durch die Mitte in den Rat, also dort, wo die GLP die CVP zu verdrängen sucht.
Der CVP droht somit, am Wahlsonntag mit kläglichen vier Sitzen abgeschlagen dazustehen, nicht mal mehr Fraktionsstärke zu erlangen und damit jeglichen Anspruch auf einen Sitz in der Regierung zu verspielen.
Auch dann, wenn ihr Die-Mitte-Kandidat Engelberger ein ansehnliches Resultat holt.
Weil niemand bezweifelt, dass es in Basel-Stadt zu einem zweiten Wahlgang kommt, hätten wir plötzlich folgende Situation für den zweiten Wahlgang:
Engelberger tritt trotz guter Ausgangslage für den zweiten Wahlgang nicht mehr an.
Esther Keller hat ein überraschend gutes Resultat gemacht, ihre GLP erreicht neu Fraktionsstärke (mindestens), tritt also erneut an.
Baschi Dürr liegt vor Eymann.
Was beim Grünen Bündnis zur auf der Hand liegenden Folgerung führt: Wir geben uns nicht mehr mit dem Regierungspräsidium zufrieden, sondern wollen ein „ernsthaftes“ Departement.
Elisabeth Ackermann überlässt Esther Keller nach dem zweiten Wahlgang das Präsidium und wechselt ins frei gewordene Gesundheitsdepartement.
Absurd?
Fabian Baumann meint
Ja, eher absurd. Engelberger hat in der Pandemie extrem viel Medienaufmerksamkeit bekommen und wird ein Spitzenresultat machen – vielleicht gar das beste von allen Kandidierenden. (Und, sofern ich das als aussenstehender Linker beurteilen kann, macht er dieses Jahr auch einen anständigen Job.)
miraculix meint
Interessant, aber ich sehe die Sache so wie Schinzel: Warum sollte Engelberger verzichten? Der hat als GDK-Chef eben erst ein öffentliches Profil gefunden. Da stünde die bürgerliche Sphäre Kopf.
Und die andere Frage: Hat Ackermann überhaupt die Agilität für einen Departementswechsel? Im Gesundheitsdepartement muss man rechnen, verhandeln, Akten, Gesetze und Verordnungen in den Kopf drücken. Da würde sich die Partei sperren – und auch das RR-Kollegium, das einer Nichtjuristin zu geben.
Aber die Grundthese, dass die BastaGrünen vermehrt Ansprüche stellen könnten im linksgrünen Lager: Ja, daran glaube ich. Heidi Mück hat es offen gelassen, ev. zum 2. Wahlgang anzutreten. Vielleicht laufen nach den AG-Wahlen die Gespräche bereits.
Marc Schinzel meint
Das Ganze hat einen grossen Haken: Warum in aller Welt sollte Lukas Engelberger “trotz guter Ausgangslage“ nicht mehr zum zweiten Wahlgang antreten? Abgesehen davon, dass er dann ja annehmen dürfte, im zweiten Umgang bestätigt zu werden, wäre ein Sitz in der Regierung gerade in einer für die eigene Partei schwierigen Lage die beste Chance, sich im Gespräch zu halten und zurückzukommen.
M.M. meint
Im Prinzip haben Sie recht, aber das ist es.
Oder anders: warum sollte er bleiben ohne Fraktion? Ich meine so ganz theoretisch.
Baresi meint
Weil ihm Pandemie-Mangagement auf nationaler Ebene besser gefällt als national wahrnehmbarer Rücktritt vom Amt, nur weil seine Partei nicht vom Fleck kommt?