Mal ganz ehrlich, manchmal wäre es mir lieber, ich wäre, sagen wir mal, durchschnittlich dumm. Und an Politik höchstens am Rande interessiert. Das hätte beispielsweise den Vorteil, dass mir die Glotze Abend für Abend ein wahres Füllhorn an Unterhaltung böte. Mit dem «Musikantenstadl» am Samstag als Höhepunkt.
Wenn ich also durchschnittlich dumm wäre, und Politik mich nur am Rande interessieren täte, dann könnte ich mich in meinem Fernsehsessel zurücklehnen, weil ich wüsste, dass diese komplizierte Welt einfache Antworten braucht. Und dann wird alles gut. Ich könnte beispielsweise meiner Frau ohne lange Umschweife erklären, wer Schuld hat an diesem Durcheinander in unserem Land: a) der Bundesrat und b) die Ausländer. Und könnte noch nachschieben, dass es wohl am besten wäre, gleich beide abzuschaffen.
Klar wäre ich für die Masseneinwanderungs-Initiative gewesen, weil ich den deutschen Chefs im Lande und diesen hochdeutschen Professoren an den Unis mal klarmachen wollte, wer in diesem Land das Sagen hat: wir, das Schweizer Volk. Und hätte genüsslich hingeschaut, wie die am Montag danach blöde aus der Wäsche geschaut haben. Wäre ich durchschnittlich dumm, dann wäre Politik halb so kompliziert. Ich wäre für die Ecopop-Initiative, weil ich denen in Bern, allen voran dieser Widmer-Schlumpf, mal die Meinung stossen könnte: Jetzt ist Schluss mit Volkswillen missachten. Ich würde Ja stimmen, damit die in Bern und in Brüssel endlich kapieren, dass wir Schweizer uns nicht für dumm verkaufen lassen!
Ich würde meiner Frau beim Umschalten auf «SRF bi de Lüt» sagen, dass man denen in Brüssel endlich den Marsch blasen soll, diesen Höselern. Schliesslich sind die mehr auf uns angewiesen als wir auf sie. Und wenn sie nicht hören wollen, schliessen wir den Gotthard. Und überhaupt: Dieser Typ da aus Schaffhausen, dieser Minder – der hat doch recht: Wenn die in Afrika weniger Kinder in die Welt setzen, dann haben wir weniger Flüchtlinge bei uns. Ist doch logisch. Und ich frage: Wer schützt uns eigentlich vor Ebola?
Übrigens Ausländer: Haben Sie das gelesen, von diesem kriminellen Mazedonier oder Albaner, ist ja egal, den unser Bundesgericht hat ausweisen wollen und der wegen Strassburg – oder war es Brüssel? Auf alle Fälle auf Geheiss von ausländischen Richtern, nun weiterhin in der Schweiz bleiben darf? Und wer bezahlt dem den Lebensunterhalt? Richtig, unsere Sozialhilfe. Am Schluss kommt der noch in ein sauteures Sonderprogramm, von dem dann irgendwelche Kesb-Heinis behaupten, das sei allemal billiger, als wenn er später noch ins Gefängnis müsse. Deshalb, sage ich meiner Frau, bin ich auch gegen dieses Völkerrecht mit seinen fremden Richtern. Wir brauchen kein Völkerrecht in der Schweiz, wir wollen in unserem Land das Recht des Volkes, verdammi!
Wäre ich also durchschnittlich dumm und an Politik nur am Rande interessiert, dann könnte ich die Welt erklären wie der Minder, der sagt, dass uns die Gegner der MEI und der Ecopop-Initiative bis heute eine klare Antwort schuldig geblieben seien, wie sie denn den ungehemmten Zuzug von Ausländern und Eritreern stoppen wollen. Keine Antworten haben die. Auf gar nichts.
Man würde mich ernst nehmen, weil die, die das Schweizer Volk vertreten, am Fernsehen sagen, wenn ihnen einer dieser Vaterlandsverkäufer blöd vorbeikommt: Das Volk hat so entschieden, fertig. Und ich wüsste: Die reden von mir. Dann schenkte ich mir Coci nach und fragte meine Frau: «Vrone, hei mer no Nüssli?»
Zuerst erschienen in der Basler Zeitung vom 29. Oktober 2014.
Beat Hermann meint
Auch heute Abend wird Vrone mit ihrem Göttergatten eine interessante Diskussion führen können: Da schicken doch diese Profitöre (sprich Migranten) jährlich 6,5 Milliarden unserer wertvollen Fränkli nach Hause (im besten Fall um ihre Familie zu unterstützen)! Gelesen in der BaZ http://bazonline.ch/schweiz/standard/Migranten-in-der-Schweiz-ueberweisen-Milliarden/story/11717835. Ernüchternd sind vor allem die Kommentare der Kollegen des Mannes der Vrone …
Blacky meint
Darf ich’s als alter Printler sagen? Seit M. M. auch im Print schreibt, ist sein Blog noch besser geworden.
Michael Przewrocki meint
Die Einspalten-Darstellung macht ihn bedeutender/länger.
Urs Maeder meint
Nachdem ich Ihren Beitrag auf Seite 9 gelesen habe komme ich zum Schluss, dass es doch einen Gott geben muss – Ihr im ersten Satz geäusserter Wunsch ist bereits erhört worden!
Es liegt aber in der Natur dieses geistigen Zustands, dass der Betroffene es selbst nicht weiss, was das Verfassen des obenerwähnten Artikels zu bestätigen scheint. Das kann man aber behandeln lassen; die obligatorische Krankenversicherung übernimmt das.
Ich wünsche Ihnen einen ruhigen Tag.
kaputtmundi meint
Na, na, Herr Messmer, Kopf hoch! Sie sind’s doch, durchschnittlich gesehen. Das Dreiste kommt vermutlich von den Ahnen.
Marc Schinzel meint
Ist es nicht eher so, dass „durchschnittliche Linke“ das Migrationsthema seit Jahrzehnten verschlafen haben? Und jetzt wundert man sich, dass Leute Fragen stellen. Hätte man den Wecker früher gestellt, hätte es kein so böses Erwachen gegeben. Gruss von einem Freisinnigen, der wie seine gesamte Partei klar gegen ECOPOP ist.
Marc Schinzel meint
Der Autor ist nicht durchschnittlich dumm, nur durchschnittlich links. Da verabschiedet man am Parteitag in Liestal ein schwurbliges Agglomerationsprogramm, das so unterschiedliche Gemeinden wie Zollikon und Oerlikon im Raum Zürich, Riehen und Birsfelden im Raum Basel in einen Topf wirft. ECOPOP dagegen wird höchstens lauwarm bekämpft. Sich damit auseinanderzusetzen, ist halt unter der Würde der Genossen, die sich als intellektuelle Elite lieber der Wolkenschieberei widmen. Schade, denn man könnte die Abstimmung noch gewinnen. Zu glauben, wehleidiges Jammern bringe mehr Stimmen, ist durchschnittlich unintelligent. Gruss von einem Freisinnigen, dessen Partei von der Spitze bis hin zur Basis ECOPOP glasklar ablehnt und bekämpft, ohne in larmoyanten Klischees zu versinken.
M.M. meint
Ich und links – da wiehern ja die Eichhörnchen…
Marc Schinzel meint
Na, immerhin jammern sie dann nicht …
grammel meint
Als Bewohner des Oberbaselbiets habe ich sowieso Mühe, wenn im Kantonsgericht ein Auswärtiger sitzt – so ein Bürger von Zürich oder Bern oder so – und ich mich deshalb da fremden Richtern unterwerfen muss. Ganz zu schweigen davon, dass dann allenfalls noch etwas ans Bundesgericht weitergezogen wird; da ist dann sogar der Gerichtssaal in der Fremde. Da lob ich mir den Friedensrichter im Dorf, wobei auch den geht es eigentlich nichts an, was bei mir im Haus passiert……
seb meint
=D
Schewardnadse meint
Korrekt würde es heissen: Hetts noh Nüssli?
Beat Hermann meint
Mein Kommentar trifft natürlich nicht die Substanz des Artikels. Nur lieber ehemaliger sowjetischer Aussenminister möchte ich Ihnen zu bedenken geben, dass „hei mer no Nüssli?“ für mich eine interessante Vieldeutigkeit aufweist. Es spielt auf den paternalistischen Anspruch eines echten, Schweizer EheMANNs an. Zudem erkenne ich eine nette Referenz auf die viel vertretene Spezies der „Nüsse“ in unserer Obrigkeit. Dialekt hat keine uniforme Grammatik und kann deshalb gewisse Dinge messerscharf benennen.
Chienbäsebärti meint
Dene Nüss säge-mer Fläsche (Trappatoni: „Flasche leer“).
M.M. meint
Genau so hab ich’s gemeint – aus dem Bauch raus. Aber danke 🙂
Werner Zumbrunn meint
Glänzend geschrieben; der Autor ist mit Sicherheit nicht durchschnittlich dumm! Da durchschnittlich dumm und durchschnittlich intelligent dasselbe sind, kann man folgendes sagen: Die Demokratie basiert auf der Meinung des Durchschnitts. Was Herr Messmer deshalb indirekt wünscht, ist die Abschaffung der Demokratie und die Einsetzung einer Experten-Regierung oder der Platonschen „Aristokratie der Besten“ – der er unbedingt angehören müsste.
M.M. meint
Nein, will ich nicht. One man one vote gilt. Wobei es das in der Schweiz bekanntlich nicht gibt, bei der Stimmbeteiligung.
gotte meint
ist demokratie wirklich der spiegel der meinung des durchschnitts? das finde ich einen interessanten gedanken, aber ich glaube nicht, dass das so stimmt. man könnte sich aber durchaus und berechtigt fragen, unter welchen voraussetzungen ein politisches system denn funktioniert. bekanntlich dachte man lange, es würde in sich zusammenstürzen, wenn die besitzlosen, die nichtadligen, die arbeiter, dann die frauen mitmachen (heute wären es die ausländer). weil ich die polemik von mm so gerne mag, würde ich mal keck behaupten: ein bisschen mitdenken braucht es schon – mit intelligenz oder dummheit hat das nicht so viel zu tun. vielmehr mit (denk-)faulheit und wohlstandssaturiertheit.
Meury Christoph meint
Yabba Dabba Doo! (Fred Feuerstein)
Redbüll meint
Aha, der Herr Meury, versucht sich in Humor. Naja…, wenigstens kurz.
Meury Christoph meint
Redbüll pflegt keine Meinung zu haben. Er begnügt sich zu kommentieren. Interessant, aber langweilig.
Hätten wir dazu noch einen lateinischen oder italienischen Kurzkommentar?
gotte meint
aber gerne: si tacuisses….
Meury Christoph meint
Rebüll hat ein Echo!
Ich bin begeistert.
Wie man in den Wald ruft so schalt es mehrsprachig heraus.
Nur der Inhalt bleibt auf der Strecke. Aber schön haben wir darüber gesprochen.
Redbüll meint
Sorry, aber Sie raffen es definitiv nicht.
Redbüll meint
@gotte: herzlichen Dank, liebe Gotte, Sie haben mir herzhafte Lacher ermöglicht. Sie sind am punkten…:-)