Immer wenn ein paar Journalisten entlassen werden, weil sie bei einem Unternehmen arbeiten, das pleitegeht, wird der Untergang der Demokratie, wenn nicht gar der Welt an die Wand gemalt.
So ist es jetzt auch wieder, weil die TagesWoche eingestellt wird.
«Es weht ein eisiger Wind über die Basler Medienlandschaft», fabuliert die Basellandschaftliche Zeitung.
Mein Gott!
Die TagesWoche war schon seit Jahren klinisch tot. Sie hat nur überlebt, weil eine Basler Multimillionärin die kostspieligen lebenserhaltenden Massnahmen in der Intensivstation bezahlt hat.
Und wohl aus schlechtem Gewissen nicht den Mut hatte, den Stöpsel zu ziehen.
Dass ausgerechnet jetzt Schluss ist, ist kein Zufall, denn der Kreis hat sich geschlossen.
Der TagesWoche und ihren Initianten ist mit der Übernahme der Basler Zeitung durch den Tamedia-Konzern der Feind abhandengekommen und damit der Sinn des Seins.
Wer sich noch erinnern mag: Die TagesWoche ist 2011 nur deshalb gegründet worden, weil ein paar Traumtänzer meinten, jetzt, wo Christoph Blocher die BaZ übernommen habe, müsse eine linke Alternative her. von wegen Demokratie und so: Jemand müsse doch – wenigstens einmal pro Woche – dem bösen Markus Somm die Stirn bieten.
So holte man mit Urs Buess einen, der bei der neuen BaZ keine Zukunft mehr hatte und deshalb seinen Abgang als einen aus Protest verkaufen musste.
Kein Wunder also, dass er von denen, die Basel retten wollten, zum medialen Hoffnungsträger hochgeklatscht wurde.
Weshalb man grosszügig darüber hinweg sah, dass Buess bei der BaZ nie durch Sapperlot-Kommentare aufgefallen war, geschweige denn als kreativer Kopf.
Nicht mal solche Sätze machten sie stutzig: «Die Lämpen in den Quartieren mögen lustig sein, aber der Knatsch zwischen Merkel und Sarkozy interessiert uns mehr.»
Der zweite Mann, den man als Co-Leiter holte, kam auch von der BaZ. Er hatte dort mal was mit Online und galt deshalb als Spezialist.
Ziemlich unbescheiden gab Remo Leupin im Branchenblatt kleinreport zu Protokoll: «Beim Onlineauftritt (der TagesWoche ) handelt es sich nicht einfach um eine Newsseite, sondern um ein Angebot, das es in dieser Form in der Schweiz noch nie gegeben hat.»
In der Tat war TagesWoche -Online, anders als all die anderen Portale, nämlich schlicht und einfach irrelevant.
Nach eineinhalb Jahren im Amt, war Schluss mit Buess, ein anderer ehemaliger BaZ- Mitarbeiter hatte ihn weggeputscht.
Der machte aus der TagesWoche eine Journalisten-WG: «Ich vertraue auf die Kraft des Kollektivs.»
Aus dessen Amtszeit bleibt eigentlich nur diese Episode mit der getürkten Auflage in Erinnerung. Um der Werbeindustrie gute Zahlen liefern zu können, waren 51 Prozent der Auflage gratis an die Flughäfen Basel und Zürich (!) geliefert worden.
Von diesem Reputationsschaden hat sich der Hybrid aus Online-Portal und Print-Magazin nie mehr erholt. Gegenwärtig sollen noch 3000 Print-Exemplare verkauft werden.
Um jetzt einen Punkt zu machen: 2016 wurde erneut der Chefredaktor ausgewechselt. Der Neue ging nach nur einem Jahr «wegen unterschiedlicher betriebsinterner Auffassungen». Seither habe ich das Personalkarussell bei der TagesWoche nicht mehr mitverfolgt. Ich habe also keine Ahnung, wer dort heute das Sagen hat.
Wahrscheinlich niemand.
Möglich, dass sich ein paar Leserinnen und Leser fragen, was denn den Messmer wieder gestochen hat, dass er eine derartige Attacke reitet. Die Antwort ist relativ einfach: Ich bin stocksauer.
Ich bin sauer, weil ein paar ziemlich überhebliche Journalisten die Frechheit besassen, aus Jux und Tollerei, gepaart mit Inkompetenz 17 bis 20 Millionen Franken in den Sand zu setzen.
Wenn jetzt als Schlussakt Journalisten entlassen werden – mit grosszügigen Abfindungen – hält sich mein Mitgefühl in Grenzen.
Das sind keine dem Schicksal ausgelieferten Angestellte, sondern Mitarbeiter, denen man eine Mitverantwortung am Untergang der TagesWoche zuschreiben muss.
Der Gipfel der Ironie wird dann erreicht, wenn der eine oder die andere demnächst im Impressum der BaZ auftaucht.
Zuerst erschienen in der Basler Zeitung vom 7. November 2018
M.M. meint
Sehr geehrter Herr Messmer
Ihr Artikel über die TagesWoche enthält zwei Fehlinformationen. Da sie sich nicht mehr darum gekümmert haben, was in der TagesWoche so läuft, liefere ich Ihnen gerne das Fehlende nach.
Es gibt keine grosszügigen Abfindungen, oder umgangssprachlich goldene Fallschirme. Es gibt einen Sozialplan mit grosszügigem Härtefallfonds, der aber niemanden davor bewahrt, sich ab Datum Eintreffen der Kündigung einen Job zu suchen und/oder sich beim RAV anzumelden.
Es gibt seit März 2017 ein stabile Führungsstruktur mit einem Leitungsteam und einer Geschäftsführerin. Dass sie aus der TagesWoche personell nichts mehr gehört haben, können sie so deuten: es gab nichts zu berichten, jemand hat das Sagen, bis heute.
Gerne können Sie sich jederzeit bei mir melden, wenn Sie Interesse an Informationen aus der TagesWoche haben.
Freundliche Grüsse
Sibylle Schürch
Geschäftsführerin TagesWoche
Stark Roland meint
Noch letzte Woche wurde ich in Tram und Bus bei der Fahrt durch die Stadt durch aufwändige, sprich teure Werbeplakate der TagesWoche begleitet. Darauf abgebildet optimistisch aussehende Redaktorinnen und Redaktoren der Zeitung, die sich wohl nicht zufällig gegenüber der Notfallstation eingemietet hat. Die Journalisten hatten beim Fototermin vielleicht der tollkühnen Aussage ihrer Geschäftsführerin vertraut: „Die TagesWoche ist in Zukunft die einzige echte Basler Zeitung.“
(18.4.2018)
Paule meint
Hatte die Tageswoche aus Neugierde im Startjahr abonniert. Mehr gibt es dazu nicht (mehr) zu sagen.