Sie haben es getan, und noch schneller als ich es in meiner Kolumne letzte Woche vermutet habe: Die Baselbieter Sozialdemokraten wollen sofort ihre Fähigkeit, Initiativen zu ergreifen, unter Beweis stellen.
Weil sie keine echten politischen Themen haben, greifen sie in die Trickkiste der Populisten. Mit ihrer publikumswirksamen U-Abo-Initiative laufen sie wenig Gefahr, schon beim Sammeln der Unterschriften zu scheitern. Vielmehr wird das ein Spaziergang. Die notwendigen 1500 Unterschriften werden wie beim Vorbild Wirtschaftskammer in Rekordzeit gesammelt sein. Die Initiative wird voraussichtlich 2017 zur Abstimmung vorgelegt.
Mit ihrer Gesetzesinitiative will die Linke die Subvention der Tramtarife aus Steuermitteln verbindlich und auf alle Ewigkeit festschreiben. Das ist nicht nur opportunistische Politik in Reinkultur, das ist vielmehr blanker parteipolitischer Zynismus: Die SP will das Volk, das in seiner Mehrheit nichts mehr von der Politik erwartet, mit «panem et circenses» oder zeitgemäss mit «Mobilität und Unterhaltung», ruhigstellen.
Angesichts der Finanzmisere des Landkantons ist diese Initiative kennzeichnend für die Reformunfähigkeit der Baselbieter Politik. Und damit sind alle Parteien und deren Exponenten in Regierung und Landrat gemeint. Im Grundsatz stimmen zwar alle darin überein, dass der Haushalt in Ordnung gebracht werden muss. Absichtserklärungen sind ja gratis. Werden Ziele und Massnahmen auf den Tisch gelegt, dann heisst es: Da fehlt jegliche Strategie und diese Massnahme hier und jene dort – das geht nun aber überhaupt nicht.
Und flugs wird eine Initiative gestartet, bevor überhaupt ernsthaft über das Gesamtpaket diskutiert wurde.
Populistischen Widerstand gegen die von der Regierung vorgestellten Sparmassnahmen gibt es aber auch in der Regierung. Isaac Reber fiel dem Finanzdirektor mit der Behauptung in den Rücken, es würden «50 Stellen im Polizeikorps» gestrichen, was sich liest wie: 50 Polizisten sollen entlassen werden. Dann verabschiedete er sich in die Ferien. Bei der Sicherheit sparen – da machen die Bürgerlichen garantiert nicht mit, so sein Kalkül.
Doch selbst Herrn Lauber ist es bei der einen oder anderen Massnahme, jetzt, wos zur Sache geht, etwas mulmig geworden. Beispielsweise bei der Kürzung des Beitrags an die Universität Basel. Weil diese Kündigung einen monatelangen öffentlichen Aufschrei auslösen wird, der die Diskussion ums U-Abo in den Schatten stellen wird, geistern so Ideen rum wie: Man könnte den Uni-Vertrag mal provisorisch kündigen. Und dann mit Basel-Stadt das Gespräch suchen.
Nur gibt es bei einem Vertrag so etwas wie «provisorisch kündigen» nicht. Zudem läuft der Regierung die Zeit davon: Der Uni-Vertrag muss bis 31. Dezember 2015 rechtsverbindlich gekündigt werden. Deshalb wird er zum ersten grossen Testfall für die Standhaftigkeit der bürgerlichen Regierung. In einer der nächsten Sitzungen kommt die Kündigungsmotion Kämpfer vors Parlament. Möglich, dass eine Mehrheit des Parlaments diese ablehnen wird.
Doch dann ist die Regierung nicht etwa fein raus, sondern muss das tun, was in ihrer Kompetenz liegt: Den Uni-Vertrag trotzdem kündigen. Weil sie keine Rückfallposition hat.
Es sei denn, die bürgerliche Regierung will sich selbst schon wenige Wochen nach der Wahl zur «Lame Duck» erklären.
Zuerst erschienen in der Basler Zeitung vom 2. September 2015
Grummel meint
Muss ja ein riesiger Stachel sein, der im Fleisch des bürgerlichen Selbstverständnisses sitzt: Jahrelang die «Verantwortung» gehabt und zum Schluss steht man bis zum Hals im Inhalt der selbst ausgehobenen Sickergrube.
Jetzt braucht’s ein wenig «Opfersymmetrie»: Man streicht die Subvention, die vom «Working Poor» bis zum «Millionär» wirklich allen gleichberechtigt etwas bringt. Die an den ÖV.
(Übrigens: Habe ich von dieser Seite irgendwann mal was darüber gehört, warum die Masse der «Working Poor» die exorbitant tiefen Krankenkassenprämien der Millionäre quersubventionieren muss?)
Nein?
gotte meint
baselland ist und bleibt selbständig. deshalb wird jetzt der univertrag gekünigt und in rünenberg eine neue turnhalle geplant.
Meury Christoph meint
Natürlich kann man versuchen die Dinge schönzureden, aber der Kanton Baselland ist seit Jahren bürgerlich dominiert. Ergo ist das finanzielle Desaster kein linker Fauxpas, sondern das Resultat der bürgerlichen Mehrheitspolitik. Das Label «Lame Duck» hat diese Regierung sich quasi selber verliehen. Also bereits vor der Wahl von RR Monica Gschwind. Man darf vielleicht nebenbei kurz erinnern wer im Kanton die Finanzdirektion vor Anton Lauber inne hatte.
Jetzt zu suggerieren ohne die Linken würde alles besser und die Kündigung des Univertrages sei eine Richtungswende, ist blauäugig.