Für das Wohl des Stadtstaates ist es ziemlich zweitrangig, wer für ein paar Jahre an die Departementsspitze gewählt wird, weil die wirklich wichtigen Bereiche von der hochprofessionellen Verwaltung gesteuert werden.
Leicht amüsiert habe ich letzten Samstag die Lobrede auf Christoph Eymann gelesen. Es sind zwei Äusserungen, die für den allseits beliebten Politiker charakteristisch sind. Zum einen die Chaosgeschichte seiner Assistentin vom verlegten Dossier und die Anekdote von der Stichwortrede von Herrn Signer.
Die beiden Erinnerungsstücke belegen, dass es egal ist, wer den politischen Part übernimmt, solange der Apparat funktioniert. Selbstverständlich wäre es wünschenswert, wenn er oder sie wie Herr Eymann wenigstens die Kernkompetenz des Politikers, nämlich reden zu können, mitbrächte.
Wie wir täglich erleben, ist nicht mal mehr dies ein Qualifikationsmerkmal fürs Regierungsamt.
Das Ergebnis der Regierungswahlen kann so gedeutet werden, dass es offenbar den Wählern wurscht ist, ob der oder die Gewählte über die Parteizugehörigkeit und das Geschlecht hinausreichende Qualifikationen für diese strategische Führungsaufgabe mitbringt, die mit immerhin 300 000 Franken im Jahr entschädigt wird.
So kommt es denn, dass eine Gitarrenlehrerin – das ist keine abwertende Bemerkung, sondern einfach der Sachverhalt – von Samstag auf Sonntag in eine Einkommensklasse katapultiert wird, für die Führungserfahrung die mindeste aller Voraussetzungen wäre.
Darüber konnte man bislang hinwegsehen, weil der Kanton von einer fachkundigen Verwaltung gemanagt wird.
Mit klugen und oftmals auch eigensinnigen Köpfen in den Chefetagen. Fritz Schumacher hat in seinen zwanzig Jahren als Kantonsbaumeister mehr verändert als irgendein gewählter Regierungsrat.
Im Erziehungsdepartement war es Hans Georg Signer, der die entscheidenden Weichen gestellt hat. Deshalb ist sein Rückblick so treffend: Er lieferte die Stichworte und Herr Eymann gab den sprachlich begabten Erziehungspolitikerklärer.
Immerhin.
Doch es scheint, dass sich die Zeit der prägenden Persönlichkeiten in der Verwaltung – in Basel ein Qualitätsmerkmal – dem Ende zuneigt. Die einen wurden pensioniert, andere gehen freiwillig, weil die Kluft zwischen politisch Gewähltem und nach beruflicher Qualifikation Ausgewähltem inzwischen zu gross geworden ist.
Diese Entwicklung muss dem Citoyen Sorge bereiten.
Einer der letzten der grossen Namen unter den Chefbeamten ist der Querdenker und Leadertyp Thomas Kessler, der nach der Drogen- noch die Integrationspolitik aufgemischt hat. Im Schnellzugtempo.
Der Basler Stadtentwickler leitet nicht nur eine Abteilung mit vier zentral wirkenden Fachstellen, sondern auch noch die Kadergremien der Verwaltung und seit November die Task-Force Radikalisierung.
Damit ist festgestellt, dass die departementsübergreifende «Kantons- und Stadtentwicklung» und nicht die Kultur das Herzstück des Präsidialamtes ist. Man darf gespannt sein, wie Frau Ackermann die ichbezogene Loyalität von Kantonsangestellten («mir, dem Departement und dem Kanton gegenüber», TagesWoche) im Tagesgeschäft interpretieren wird.
Und wie viel Mut zum Risiko sie aufbringen mag.
Anstellungsverhältnisse beim Kanton sind keine Lebensstellen mehr. Dies entspricht dem politischen Zeitgeist. Politikern sind die Expertise und die Erfahrung des «Civil Service» lästig.
Sie bremsen ihren Aktivismus.
Zuerst erschienen in der Basler Ueitung vom 11. Januar 2016.
Lucie Zaugg meint
Vielen Dank MM für Ihren pointierten, aufschlussreichen Artikel. Sie sprechen mir aus der Seele. Soll denn die Lokalpolitik nur noch brav und durchschnittlich sein und die Kantonsangestellten Dienstempfänger, damit die Herren und Damen Regierungsrätinnen ungehindert schalten und walten können und sich keinerlei Kritik oder Auseinandersetzung mehr auszusetzen brauchen? Schade für die Stadt Basel ist ihre langsam verschwindende Vielfalt an Denkerinnen und Machern und der schwindende Mut zu vielseitigem und innovativem Handeln.
Ebenso pflichte ich Ihnen bei, dass für den Posten der/des RR eines Kantons eine fundierte Führungsqualifikation eigentlich von Nöten wäre, wie das Beispiel des Präsidialdepartements nur allzu deutlich zeigt.
Ich bedaure den Abgang von Thomas Kessler sehr und das werden vermutlich auch seine Mitarbeitenden und viele Bürgerinnen und Bürger so empfinden.