Gestern war ich derart offline, dass ich die Meldung des Tages echt nicht mitbekommen habe.
Wie schön.
So konnten wir den ganzen Abend völlig andere Themen bereden als den Untergang der Bank Wegelin.
Heute früh am Morgen war dann diese Meldung via RSS Feed auf FlipBoard zu lesen, dass sie weg sei, die Bank Wegelin.
Nur bei Wikipedia existiert sie noch. Offiziell gibt es nur noch das.
Interessant war die Bank für mich wegen der doch recht eigenwilligen Informationspolitik von Herrn Hummler.
Seinen Newsletter habe ich schon vor Jahren abonniert und ihn jedes Mal mit aufmerksamem Interesse gelesen.
Eigentlich war es ein Muss, diesen Newsletter zu lesen.
Ach der Herr Hummler, der konnte so richtig schön vom Leder ziehen, ein analoger Blogger halt.
Er hat sich mit den Amerikanern angelegt und mit der EU und mit vielen hohen Tieren der politischen Kaste gleich damit.
Herr Hummler wusste, wo es langzugehen hat.
Manchmal hatte man den Eindruck, was heisst denn Eindruck – man war überzeugt, Herr Hummler seider letzte unabhängig denkende Mensch in diesem Land.
Und das als Bänker!
Nun muss man zur Kenntnis nehmen, dass es einen Staat gibt, der auch einen Herrn Hummler in die Knie zwingen kann. Weil es diesem so in den Kram passt.
Doch letztere Feststellung ist zu kurz gegriffen.
Es muss so heissen: Weil Schweizer Bänker noch immer nicht begriffen haben, dass ihr Geschäftsmodell aus der Reduitzeit der Vergangenheit angehört.
Dass Herr Hummler zu denen gehört, hat er in seinem Newsletter immer wieder unterstrichen.
PS: Für Kommunikationsinteressierte – das Kommunikationsmodell des Herrn Hummler muss man als gescheitert betrachten. Dienstleister, zumal Bänker, müssen es sich sehr wohl überlegen, ob sie sich aufs politische Eisfeld wagen sollen oder nicht. Wie die Causa Hummler zeigt, kann man dort ziemlich arg ins Rutschen kommen.
Michael Przewrocki meint
Die welterste Pille gegen Geldkrankheit/Gier würde ein Blockbuster sondergleichen. Die müsste allerdings staatlich zwangsmässig erzwungen werden, oder etwa nicht?
M.M. meint
PS: Mal an alle, die hier kommentiert haben: Danke, fand die Beiträge wirklich interessant.
merlinx meint
Diese Banker sind vor allem in ihrem Denken und Haltung als gescheitert zu betrachten – zu glauben, die Amerikaner würden irgendwann mal die schweizerische „Spezialität“, nämlich die Unterscheidung zwischen Steuertrug und Steuerhinterziehung, übernehmen, ist unglaublich naiv.
Die Schweiz wird ihre Amts- und Rechtshilfepraxis anpassen müssen. Einige Länder werden den Steuerverlust nicht mehr hinnehmen.
Dies sollte kommuniziert werden!
Wahrsager meint
Hab mich kürzlich über die devote Haltung von KH und seines CHRs gewundert, es hier auch kundgetan. Offenbar kann man viel Geld/Macht und Seelenfrieden schlecht paaren.
Roger Levy meint
„Raiffeisen übernimmt grosse Teile der Privatbank Wegelin & Co“, also „grosse Teile“ – mir kommt das ganze wie ein buretrickli vor. die frage darf jetzt gestellt werden, ob sich die us-justiz auf die neue raiffeisen-tochter zusätzlich einschiesst, bzw. am ende des rattenschwanz auf die raiffeisen-bank. was wir nicht wissen ist, wie die rechtsnachfolgeschaft aussieht. da könnten geschichte us-anwälte plötzlich ungeahntes zubrot bekommen.
Fred David meint
@) Roger Levy: Die über Nacht zur Bad-Bank mutierte Wegelin & Co. ist einschlägig professionell beraten. Seit 2010 ist Dave Zollinger haftender Gesellschafter. Zuvor war er leitender Staatsanwalt in Zürich und Chef der Abt. Geldwäscherei und Amtshilfe. Wozu braucht eine seriöse Bank einen Geldwäscheexperten an Bord? Ja, wozu bloss?
Martin Steiger meint
@Fred David:
Banken müssen sich von Gesetzes wegen mit Fragen rund um Geldwäscherei befassen, unter anderem zu deren Bekämpfung. Insofern ist es für seriöse Banken naheliegend, entsprechende Experten zu rekrutieren – und David Zollinger ist ohne Zweifel auch in dieser Hinsicht ein hochgradiger Fachmann.
Nebenbei: Ob sich David Zollinger als Mitglied der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft halten kann? Im Bezug auf sein Fachwissen wäre es wünschenswert.
Fred David meint
@) Martin Steiger: Ja natürlich brauchen Banken dieses Expertenwissen auf unterer Ebene. Das beschaffen die sich schon, mit der Materie kennen sie sich ja aus. Aber auf oberster Ebene als persönlich haftender Gesellschafter? Vielleicht wünscht sich Herr Zollinger heute, er wäre besser bei seinen Leisten als – nicht gerade überbezahlter – Staatsanwalt geblieben? Verstehen könnte man’s.
Martin Steiger meint
@Fred David: Ich finde jeweils erfreulich, wenn Karrieren auch wissensbasiert möglich sind und nicht nur durch möglichst viel Umsatz. Was sich David Zollinger heute wünscht, weiss ich nicht – leider hat er schon einige Zeit nicht mehr gebloggt … er wusste aber ganz genau, was eine Anklage gegen die Bank Wegelin für Folgen zeigen würde:
http://www.steigerlegal.ch/2011/09/20/schaden-ohne-ende-im-bankenstreit-schweiz-usa/
Die persönliche Haftung sollte man nicht überbewerten. Haftung ist nur so viel wert wie das Haftungssubstrat dahinter und ich gehe davon aus, dass dieses marginal ist.
Fred David meint
Das mit der persönlichen Haftung würde mich auch interessieren. Die Herren haben sich ja als Helden präsentiert, die bis aufs letzte Hemd für alles gerade stehen. Naja, mal sehen. Wenn der gemutmasste Kaufpreis von 500 bis 600 Mio CHF stimmt, dann bleibt eine ganze Menge bei den gescheiterten Teilhabern hängen (Bad Banker möchte man sie ja nicht gerade nennen, obwohl Wegelin & Co jetzt faktisch eine Bad Bank ist). Man darf aber vermuten, dass sie diese Summe so umgeleitet haben – ist ja schliesslich ihr Kerngeschäft – dass die Haftung nicht allzu intensiv haften bleibt. Mich würde übrigens auch interessieeren, ob sich steueroptimierende Kunden nach der Zügleten bei Nacht und Nebel unter das Dach einer Genossenschaftsbank dort wirklich heimisch fühlen. Das ganze bleibt merkwürdig.
Roger Levy meint
@fred david: danke für die informationen
Brave new world meint
Willkommen im 2012!! Das neue, fortschrittliche und sozialdemokratische Geschäftsmodell der CH-Banken: Verlängerter Arm und ausführendes Organ der Umverteiler und Fiskalkleptokraten aller Herren Länder. Wahrhaft tolle Aussichten.
rumpelstilz 2 meint
Irgendwie hat das Geschäftsmodell Foederatio Helveticorum Bancorium ausgedient.Ihre hilflose Leier gegen die „Umverteiler und Fiskalkleptokraten“ beweist,dass auch Sie zur grossen Masse all jener gehören,die sich in etwas hineinsteigern;nämlich ,dass der Rest der Welt doch bitte sehr unsere Masstäbe übernehmen soll.Wohlstand und Reichtum durch Verwaltung von Hehlergut ,das geht nicht ewig.Es wird einfach mal zurückgeplndert -es ist Wirtschftskrieg .
C.P. meint
Klingt zynisch oder zumindest ironisch @ rumpelstiltz. Ist es aber wohl nur insofern, als wie die Realität es eben auch ist. (Seit der globalen Machtübernahme des Neoliberalismus) Vorher hat man, in der sog. „sozialen Marktwirschaft“ tatsächlich „Hehlergut“ verwaltet, einen Teil des „Segens“ davon im Lande und gegen Aussen (IWF- Entwicklungshilfe etc) geschickt „verteilt“. Seit der Machtübernahme der Neoliberalendumpfbacken wurde der Pseudoschutzwall des Reduits – das BKG- als „starke Burg“ überschätzt. Demzufolge begann man in fremden Landen aktiv die Nutzniesser des Neoliberalismus zu akquirieren
. Nach obern „verteiltes“ Kapital aktiv, sozusagen zweifach, den Staaten zu entziehen. (Wegelins Sündenfall) Nun haben diese geprellten Staaten und Gesellschaften uns den Krieg erklärt und es wird sichtbar, dass der Schutzwall nichts als eine Illusion war. (Das Reduit bleibt nur solange der Mythos des Widerstandes bis es angegriffen wird) Da der Neoliberalismus im Innern den „wehrhaften Mittelstand“ abgeschafft hat und im Ausland den Mittelstnd aktiv geprellt hat, besteht kein Interesse mehr das Reduit der „Finanzmafia“ zu schützen. Weder von Innen noch von Aussen. Die Auswirkungen – bis hin zum Zusammenbruch des neoliberalen Dumpfbackensystems- sind nicht aufzuhalten. Gier, Entsolidarisierung, also Perversion, haben immer zu epochalen Abstürzen geführt. So hat mir das heute ein bekannter Oekonom erklärt. Mit andern Worten und ausführlicher natürlich ,-) Für mich war es keine wirkliche „Enthüllung“. K.H. müsste das gewusst haben. Daraus lässt sich schliessen, dass er wohl eben „nur“ sein Privatvermögen gerettet hat. Mehr nicht. Vermutlich schleckt das keine Geiss weg. Leider.
Fred David meint
„Herr Hummler wusste, wo es langgeht“. –
Tatsächlich? Wenn man einen Bank mit kriminellen Machenschaften ruiniert? Es geht um schwerwiegende Vorwürfe: aktive Beihilfe zu Steuerbetrug in schweren Fällen, Konspiration gegen die Regierung usw.. Inzwischen gibt es auch drei Anklagen (ich habe die Klageschrift gelesen : mein lieber Scholli!). Das ist auch in der Schweiz strafbar, wird aber – natürlich – nicht geahndet. Als geschäftsführender und persönlich haftender Partner wusste Hummler davon und er hat es gebilligt. Das Ganze mit der Schlagzeile zu verharmlosen (NZZ vom Samstag, wo Herr Hummler – noch – Präsident ist):“Wegelin zerbricht am Steuerstreit“, ist eine dreiste Lüge. Wegelin zerbrach an grobem Fehlverhalten der obersten Führung.
M.M. meint
Der Satz ist auch eher ironisch gemeint.
Kaputt Mundi meint
..und der Staat, der Herrn H. in die Knie zwang..da meinen Sie wohl die Schweiz? Wenn man solche Freunde (in Bern) hat, braucht man keine Feinde (in Washington)…
Was soll’s. Von Nichts kommt nichts. Wir waren mal reicher und sägen am eigenen Ast. Schulden kann man eben auch sehr gut umverteilen, wie wir in nächster Zeit sehen werden.
Martin Steiger meint
@Fred David:
Klageschriften zeichnen naturgemäss ein sehr einseitiges Bild, amerikanische sowieso …
Fred David meint
@) Martin Steiger: Ja, schon, aber mit Fakten arbeiten müssen auch die. Angeklagte bez. ihre Verteidiger zeichnen naturgemäss ebenfalls ein einseitiges Bild ihres Schaffens, das gehört dazu. Im Interview mit dem „Sonntag“ stellt sich heute Herr Hummler bereits als argloses Opfer dar. Das darf man nicht einfach so durchgehen lassen . Die Strategie ist durchschaubar: Die „dumme Politik“ ist mal wieder schuld an allem, angeblich.
Gotte meint
ich mochte hummler auch sehr, finde seine aussagen gut und seine kommentare in der nzz super. — dann höre ich gestern abend im echo der zeit einen zusammenschnitt mit o-tönen von hummler. da bringen sie also alle diese kernigen aussagen hummlers gegen die ubs-banker, gegen die abzock-mentalität, gegen die strategie-schwäche der banker, die blind am schwarz-geschäft mit us-kunden festhielten.— wusste herr hummler nicht, was bei wegelin geschah? oder hat er schamlos wasser gepredigt, seit 2008 aber den abgefallenen ubs-us-kunden-wein getrunken? ich muss gestehen, es erschüttert mich wirklich, seine aussagen mit der offensichtlichen geschäftstätigkeit von wegelin seit 2008 zu vergleichen.