Die Nachricht: Kantonsspital Bruderholz in Basel-Land verliert massiv Patienten.
Die Zahlen der letzten zwei Jahre hat das Spital bis jetzt unter Verschluss gehalten. Nun ist klar wieso: Sie sind eingebrochen. Grund dafür dürften diverse Abgänge von Ärzten, Vertrauensverlust und die Nähe zu anderen Spitälern sein.
Manchmal genügt es, sich selbst zu zitieren. Selbstverständlich in aller Bescheidenheit.
25.04.21012: Ein Hoch auf die Baselbieter Finanzmisere: Bruderholzspital wurde heute beerdigt
Heute gab es von den Regierungen der beiden Basel eine Beerdigung erster Klasse. Die Spitalprojekte auf dem Bruderholz sind gescheitert: Weder der Ersatz des Baselbieter Kantonsspitals noch das neue gemeinsame Geriatriezentrum beider Basel werden realisiert. Sie sind dem Kanton Baselland mit 911 Mio. Franken zu teuer geworden.
Es ist noch gar nicht so lange her, da hat Herr Zwick “lediglich” mit 757,7 Millionen Franken für einen Neubau gerechnet. Was niemand wirklich geglaubt hat.
Jetzt wird es der freie Markt richten. Das hat zur Folge, dass für alle Einwohnerinnen und Einwohner beider Kantone sämtliche Spitäler in Basel-Stadt und Basel-Landschaft, die sich auf der Spitalliste befinden, ohne zusätzliche Kostenfolge zur Verfügung stehen.
17.2.2014: Baselbieter Spitalmisere oder: Verkauft doch einfach das Bruderholz, Liestal und Laufen an Private
Nein, Verselbständigung der Baselbieter Spitäler bedeutet nicht, alles beim Alten, einfach ein wenig anders. Verselbstständigung bedeutet, dass der Kanton einen Leistungsauftrag formuliert und diesen von Privaten erbringen lässt, mit einschlägigen Verträgen.
Wenn wir also tatsächlich bürgerlich denkende Politiker hätten, was einst soviel bedeutete wie die Marktwirtschaft favorisierend, und nicht nur mehr solche, die vorgeben sie seien bürgerlich, dann gäbe es eine auf der Hand liegende Lösung der Spitalfrage im Landkanton: Die drei Spitäler Liestal, Bruderholz und Laufen werden verkauft.
An den Meistbietenden.
Und jetzt kommt das Update für Herrn Weber: Wie die vom Kantonsspital weiterwursteln, kann Ihnen völlig egal sein.
Sie sind für die Strategie, die grosse Linie verantwortlich. Das heisst, Sie müssen jetzt zusammen mit Ihrem Basler Kollegen Engelberger eine Strategie für die Zukunft des Unispitals beider Basel entwerfen.
Wie es mit der Lehre und Forschung und damit mit der Spitzenmedizin in ausgewählten Bereichen weitergeht, ist die einzig wichtige Frage in Ihrem Verantwortungsbereich.
Denn die nächste Erkenntnis, die dämmern muss: Es ist nicht die Distanz zum nächsten Spitalbett und der Komfort der Einrichtung, die eine gute Versorgung der Bevölkerung garantieren, sondern es sind allein die Fallzahlen.
Ob es nun den Wählern Leuten passt oder nicht: Je mehr Patienten ein Spital behandelt, desto besser ist die Qualität der Leistung des medizinischen Personals.
Marc Schinzel meint
Interessanter Beitrag, interessante Diskussion zu einem komplexen Thema. Ganz klar, aus meiner persönlichen, freisinnigen Sicht und aus Vernunftüberlegungen (Sicherung der Qualität der Spitzenmedizin): Wir brauchen mehr Privatinitiative, mehr Wettbewerb, weniger Bürokratie und weniger staatliche Planwirtschaft im Gesundheitswesen, auch in der Region. Doch ist die Gesundheitspolitik auch einer derjenigen Bereiche, wo „grosse Würfe“ öfter Mal spektakulär Schiffbruch erleiden und wo es, wenn mehrheitsfähige Lösungen durchkommen sollen, jeweils den zähen Infight und hart errungene Kompromisse unterschiedlichster Akteure braucht. Kaum irgendwo sonst gibt es so viel einflussreiche Lobbyisten wie in der Gesundheitspolitik. Diesen gelingt es jeweils leicht, Entwürfe abzuschiessen, die ihnen nicht passen. Die Bevölkerung nimmt in der Gesundheitspolitik eher eine „bewahrende“ Haltung ein. Das sage ich nicht, um einer Privatisierung durch den Verkauf der BL-Spitäler elegant den Boden zu entziehen. Man muss einfach einmal die Abstimmungen auf der nationalen Ebene betrachten, die wir in den vergangen Jahren hatten. Vor der Spital-Privatisierung kommt für mich deshalb eine regionale Gesundheitsplanung zwischen BS und BL, die diesen Namen auch wirklich verdient. Würde BL jetzt seine Spitäler verkaufen (by the way: wer wäre daran interessiert, das Bruderholz im heutigen Zustand zu übernehmen?) und BS seine Spitäler weiterhin finanziell unterstützen, wäre das vermutlich ein Eigentor, oder nicht? Und eben: Für einen Verkauf bräuchten wir ein Volksmehr. Das sehe ich heute nicht einmal ansatzweise. Wenn wir mit einer Verkaufsvorlage im Volk grandios scheitern würden, hätten wir der notwendigen Stärkung des privatwirtschaftlichen Ansatzes in der regionalen Gesundheitspolitik auf absehbare Zeit eher einen Bärendienst erwiesen. Dabei ist RR Weber mit seiner neuen Strategie einer verstärkten Autonomie des KSBL grundsätzlich auf dem richtigen Weg. Ganz klar: Medizinische Qualität läuft über Fallzahlen, stupid. Gesundheitspolitik läuft in der Schweiz aber eben auch über das zähe Zurückdrängen von Lobbyisten und über direktdemokratische Mehrheiten, stupid or not.
Gerhard Schafroth meint
Als Landrat, darf ich selbstverständlich so kurz vor den Wahlen keine kritischen Bemerkungen zum Bruderholz oder zum KSBL machen, das könnte mir ja Wählerstimmen kosten.
Aber vielleicht kann ich ja ein paar dumme Fragen stellen und auf die gescheiten Antworten unserer kantonalen Spitalplaner hoffen:
1. Hat das Bruderholz mit seinen staatlichen, unflexiblen, gewerkschaftlich protegierten Lohnstrukturen, wo untere Chargen zu hoch und obere zu tief bezahlt sind, auf dem freien, sich sehr schnell verändernden Spital-Markt mittelfristig eine realistische Überlebens-Chance?
2. Steigen diese Überlebens-Chancen des Bruderholz dadurch, dass die wichtigen unternehmerischen Entscheide in aller Öffentlichkeit diskutiert, von Konkurrenten mit beeinflusst und durch politische Partikulär-Interessen stark geprägt werden?
3. Die Fallpauschalen decken ausdrücklich die Gesamtkosten, inkl. Neuinvestitionen ab. Woher soll das Geld für einen Ersatz-Neubau des Bruderholz kommen? Etwa vom Pleite-Kanton Baselland?
4. Für das ganze KSBL, also auch das Bruderholz gilt die viel zu hohe Baserate von CHF 10.100. Woher sollen die Patienten des Bruderholz künftig kommen, wenn Krankenkassen anfangen denjenigen Versicherten Prämienvergünstigungen zu gewähren, die sich verpflichten so weit wie möglich in den Privatspitälern mit den deutlich tieferen Fallpauschalen behandeln zu lassen?
5. Wollen wir eine gute kostengünstiger Gesundheitsversorgung oder wollen wir ein schönes teures staatliches Bruderholzspital?
Gerhard Schafroth
Grünliberale Baselland
Kookabara meint
Das entscheidende Datum im Trauerspiel ums Bruderholz-Spital war der 21. Dezember 2007. Damals stimmte das Volk über die Revision des Krankenversicherungsgesetzes und damit über den Systemwechsel bei der Finanzierung der Spitäler ab. 70% der Stimmbürger sagten JA.
Ab diesem Zeitpunkt war spätestens klar: „It’s the Fallzahlen stupid“ und Spitäler würden ihre Investitionen selbst bezahlen müssen. Trotzdem hielten (fast) alle BL Politiker am 900Mio-Neubauprojekt auf dem Bruderholz fest und schrieben in ihr Spitalgesetz, dass es im Kanton 3 Universalspitäler braucht!
Man war so Neubauprojekt-fixiert, dass man vergass eine brauchbare Strategie zu entwickeln oder auf der Hand liegende Zusammenarbeiten anzuschieben. Mittlerweile haben alle potenziellen Partner ihre Strategien längst entwickelt und ihren Investitionspulver eingesetzt (Claraspital 200 Mio, Bethesda 150 Mio; Felix-Platter 200 Mio,…….). Wenn diese Investitionen Früchte tragen dürfte nicht nur das Bruderholz noch wesentlich gröbere Probleme bekommen. Wir dürften das Ende hier noch nicht gesehen haben.
Diejenigen, welche jetzt „Arbeitsplätze“ schreien, sollten sich doch einmal fragen, wo sie in den Jahren davor waren….
gotte meint
Ich will ja genau so wenig wie herr schafroth wahlkämpfen, aber die grünen gehörten noch nie zu jenen „man“, die neubauobjekt-fixiert waren. als die bürgerlichen chefsparer noch alle fröhlich an den plänen werkelten, forderten die grünen im landrat bereits den verzicht aufs bruderholz.
Schewardnadse meint
Kann Kolobri nur recht geben. Die 200 Millionen, die in den Neubau des Felix Platter Spital fliessen, hinterfragt niemand kritisch. Auch das Regi berichtet ganz ergriffen über das Projekt. Wenn das in Baselland gemacht würde, käme umgehend die Frage, ob das mit BS abgesprochen sei. Seltsam nicht? Und zu Blackys Kommentar nur dies: dieser ist mehr als menschenverachtend gegenüber den – ich weiss es nicht genau – rund 1000 Mitarbeitenden, die im Bruderholzspital täglich einen tollen Job machen und mit ihrer Arbeit dort ihren Lebensunterhalt bestreiten.
M.M. meint
Damit hätten wir also die Begründung für den Erhalt des Bruderholzspitals wie auch immer:
1. Basel-Stadt baut auch ohne zu fragen
2. Arbeitsplätze müssen erhalten bleiben.
Schön, wenn man sich’s leisten kann.
Schewardnadse meint
Nein, aber vielleicht müsste man solche Fragen in einem grösseren Zusammenhang betrachten und da gehören Arbeitsplätze sehr wohl auch dazu. Zudem: wo und wie genau wollen Sie die Gesundheitsversorgung von rund 160’000 Menschen im unteren Baselbiet sicherstellen, wenn nicht in einem Spital im Unterbaselbiet?
kolibri meint
Man sollte sich die Ausgangsmeldung beim Regionaljournal BS ansehen. Dort heisst es im Kleingedruckten, dass die Zahlen pro 2014 auf den Zahlen von Januar – April 2014 (forecast = Prognose!) beruhen. Und was bedeutet das alleine für die Frauenklinik? Gerade die hochgerechneten Zahlen basieren auf einer Zeit, in der der „Leuchtturm“ und Leiter der Frauenklinik des KSBL gekündet hatte, sich Petentinnen und Petenten engagiert haben, der Landrat die Petition zustimmend zur Kenntnis nahm und sich Dr. Hänggi zum Bleiben entschloss.
Mit anderen Worten: natürlich sind die Zahlen wohl eingebrochen – aber ich bin 100%ig überzeugt, dass es ab Mai 2014 – als klar war, dass Dr. Hänggi bleibt – eine massive Zunahme der vorher sehr verunsicherten Patientinnen (Geburten, Gynäkologie – jeweils Ambulatorium und Station) und zu verzeichnen ist.
Statistiken aufgrund dieser Fakten zu erstellen und ohne Kommentar zu publizieren ist unredlich. Und so ganz nebenbei: ich habe eine Ahnung, wer dem Regi die Zahlen zugesteckt hat und glaube schon, dass da System dahinter steckt. Die selbsternannten Gesundheitsexperten (v.a. jene aus dem Landrat, die sich immer wieder entsprechend äussern) sollen doch ihre Karten auf den Tisch legen.
Blacky meint
Es braucht nur noch einen Fall: Es fällt allein das „Hölzli“ dank ca. 50 kg TNT.