Ich kann mich ja auch noch zur von Frau Rickli angestossenen Deutschen-Debatte äussern.
(Die Frau Rickli erinnert mich irgendwie an Hitchcocks Marnie, eine Kleptomanin, wo im Verlaufe des Films dann allerlei Schreckliches aus deren Kindheit hochgespült wird.)
Aber zurück zu den Deutschen.
Ich bin vor ziemlich langer Zeit in die Schweiz eingewandert und Ende der sechziger Jahre für viel Geld Bürger von Niederdorf/BL geworden.
Ich weiss nicht, ob dass gegenüber Freiburg i. Br. tatsächlich ein Aufstieg war.
Sei’s drum.
Seit ich in der Schweiz lebe, lebe ich damit, den Zweiten Weltkrieg verloren zu haben. In der Schule war das heftiger (ging mit einem abgesetzten Luftwaffengeneral in die gleiche Klasse).
Aber abgeklungen ist das nie. Eigentlich ist das immer ein Thema. Kürzlich wieder mit Grass.
Und letzte Woche bei einem Nachtessen mit Freunden, siehe da – da sah ich mich wieder in diese Rechtferdigungsecke gedrängt.
Die haben sich lobend über die Holländer geäussert. Weil die noch immer die Deutschen nicht mögen, schients.
Na ja, die Holländer haben ja durchaus einschlägige Erfahrungen gesammelt.
Aber die Schweizer?
Soweit mir bekannt ist, hat kein deutscher Soldat jemals den Fuss auf Schweizer Boden gesetzt. Ausser Deserteuren und abgeschossenen Fliegern vielleicht.
Schliesslich standen die Väter der Freunde mit ihren Karabinern an der Grenze. Und haben in ihrer Aufmachung den Deutschen auf der anderen Rheinseite Angst und Schrecken eingegjagt.
Beisst es mich also, dass die Frau Rickli – sie hat Deutsche als Chefs – rumpöbelt?
Nein.
Weil das gehört halt zur Schweizer Folklore, dass mit dem sich immer mal wieder an den Deutschen reiben. Ich meine zur deutschweizerischen Folklore.
Was Frau Rickli als Mitglied der urschweizerischen Folklorepartei SVP einmal mehr beweist.
Wobei die Basler bekanntlich überdies noch die Zürcher haben und diese die Aargauer.
Die Sache ist die, dass wir nun mal hier sind. Und wir gehen auch nicht einfach mehr weg. Wir setzen uns fest, kaufen Grund und Boden. Wir vermehren uns sogar.
Mal ganz unter uns, es ist vollkommen egal, was ein Schweizer über die Deutschen denkt.
Was mich betrifft, so habe ich mich sprachlich angepasst, aber sonst bin ich noch immer ziemlich Deutsch geblieben.
Und das ist auch gut so.
quer meint
Tja, die liebe Verwandtschaft meiner Familie (Frau) in Basel: Kaum eine(r) ohne Großmutter, Tante, Cousin usw. aus (in) Baden, Württemberg oder gar in Bayern (!)
Als Basler und (!) Deutscher für mich immer wieder lustig zu erleben, daß die Anzahl der Schwooben-Sprüche mit dem Verwndtschaftsgrad übereinstimmt.
merlinx meint
Seit ich in Basel lebe, haben mich diese „Schwoben“-Sprüche immer irritiert.
(Dort, wo ich aufgewachsen bin, in der Innerschweiz, gab es das nicht. Vielleicht auch, weil mein Vater nach dem Krieg oft in Baden-Württemberg geschäftlich zu tun hatte.)
Wenn man dann noch bedenkt, wie viele der alten Basler Familien aus dem Badischen oder noch von weiter nördlich stammen, dann kann man bloss den Kopf schütteln.
Karl Linder meint
Das mit den Schwoben-Sprüchen tun nur jene, die nicht kapieren, dass die Fasnacht nur 3 und nicht 365 Tage im Jahr dauert. Und nicht merken, dass die Ironie gar nicht so ironisch rüberkommt in der Regel.
Markus Saurer meint
Ich habe schon oft mit Deutschen Kolleginnen und Kollegen gearbeitet und dabei nur beste Erfahrungen gemacht. Das Gleiche könnte ich aber von Appenzellern, Fribourgeois, Vaudois und Walliseren und selbst von Zürchern und Baslern sagen. Aber nur die Deutschen haben Johann Sebastian Bach! Um ihn sind sie zu beneiden…