Es ist eigentlich schon erstaunlich, dass sich bei den Bürgerlichen bislang noch niemand ernsthaft die Frage gestellt hat, wie die Millionen erwirtschaftet wurden, welche die Wirtschaftskammer in ihre Wahl- und Abstimmungskämpfe gesteckt hat, um ihnen mit Plakaten, Inseraten und PR-Aktionen den Weg zum Sieg zu pflastern.
Sie müssten doch ahnen, dass es wohl kaum Mitgliederbeiträge sind, die dafür abgezweigt werden.
Dank der hartnäckigen Recherchen der lokalen Medien und plaudernden Insidern ist das Geldbeschaffungsmodell der Wirtschaftskammer offengelegt worden.
Was man irgendwie schon seit Jahren geahnt hat, ist nun Gewissheit: Es sind die Dienstleistungs-AGs, die mit öffentlichen Geldern und hohen Gebühren als gut geölte Gelddruckmaschinen dienen: Die Aktiengesellschaft A übernimmt den Auftrag und lässt ihn von der Aktiengesellschaft B ausführen.
Dieses Geschäftsmodell lässt zu, dass dank «Economies of Scale» Gewinne nicht dort anfallen, wo sie aus gesetzlichen oder vertraglichen Gründen nicht dürfen.
Aus welch (legaler) Budgetposition die Spenden auch immer abgebucht wurden, für die Mitgliedsfirmen gilt: Der Verband erwirtschaftet Überschüsse, die er statt in Beitrags- und Gebührensenkungen lieber in politische Kampagnen steckt. Um, wie mit dem abgeschmetterten Energiegesetz, neue Geschäfte zu akquirieren.
Geradezu rührend ist deshalb der Versuch der Parteispitzen von FDP und CVP, sich von der Wirtschaftskammer und ihrem Direktor abzusetzen.
(Die SVP hält sich aus taktischen Gründen mit allzu harscher Kritik zurück. Sollte der Direktor fallen, dann hofft man auf einen Nachfolger aus den eigenen Reihen.)
Was also so selbstbewusst daherkommt, ist weniger der Einsicht geschuldet, dass es so nicht weitergehen kann. Vielmehr macht sich Panik breit, weil die scheinbar nie versiegende Quelle vom Altmarkt am Austrocknen ist.
Bereits im Januar, so wird herumgeboten, habe der Wirtschaftskammerdirektor den bürgerlichen Präsidenten und der Präsidentin unmissverständlich klar gemacht, dass die Rückzahlungsforderungen vom Bund von der ZAK auch für sie Folgen hätten.
Die nächsten Wahlkämpfe könnten von seiner Organisation nur mehr schwer finanziert werden.
Die Breitseite des Wirtschaftskammerdirektors gegen den für die Wirtschaft zuständigen Regierungsrat anlässlich des Neujahrsapéros wird als Warnschuss an die Adresse der Bürgerlichen gewertet: Sollte auch der Kanton Geld zurückfordern oder ausgelagerte Dienstleistungen anderweitig vergeben, dann wird der Geldhahn ganz zugedreht.
Nicht zu beneiden ist die Präsidentin der Handelskammer beider Basel. Denn es ist offensichtlich, dass die von der Wirtschaftskammer im Stich gelassenen Parteien sich nun ihr in die Arme werfen.
Die SVP ein wenig und die Präsidentin der Baselbieter Christdemokraten recht ungestüm. Doch das ist Wunschdenken. Die Handelskammer hat zwar auch lokalpolitische Interessen.
Doch sie wird niemals zur Wirtschaftskammer reloaded.
Das ist gut so.
Für uns Citoyens ist es nicht wünschenswert, dass die Bürgerlichen von einer Abhängigkeit in die nächste rutschen.
Wenn sie tatsächlich einen sauberen Schnitt machen wollen, dann sollen sie sich dafür einsetzen, dass die Parteien und Komitees bei Wahlen und Abstimmungen die Herkunft ihrer Finanzmittel offenlegen müssen. Sollten sie sich weigern, wird es eine Volksabstimmung richten.
Transparenz ist Trend.
Zuerst erschienen in der Basler Zeitung vom 7. März 2018
Bringold Margareta meint
Die Wahl- und Abstimmungskampagnen, die die Wirtschaftskammer jeweils führt, werden von den Mitgliedern der lokalen Gewerbeverbänden bezahlt und zwar mit jährlichen Fr. 35.00 in den sogenannten Aktionsfonds. Bei mehreren tausend Mitgliedern kommt da jeweils ein schöner Batzen zusammen. Dieser Betrag ist für die Gewerbler, die einem Verband angeschlossen sind, obligatorisch, also eine Zwangsabgabe. Im Gegensatz zur Billag stören sich aber offensichtlich die wenigsten Gewerbler an diesen Zwangsabgaben.
All die anderen Geldflüsse aus diversen anderen Kässeli wie GEFAK, Tourismus BL, ZAK, Energiepaket, die in die Kanäle der Wirtschaftskammer fliessen, fliessen wohl eher nicht in Abstimmungskämpfe sondern in andere Taschen. Es wäre eine separate Recherche wert rauszufinden, wieviel so ein Direktor der Wirtschaftskammer verdient. Ob er sein Geld wert ist, ist dann wieder eine andere Geschichte.
Wenn sich nun die Politiker von der WIKA abwenden, ist das schon sehr geheuchelt. Wenn die Baselbieter Regierung in corpore und ein Grossteil der Landräte jeglicher politischer Couleur sich am Tag der Wirtschaft oder am Neujahrsapéro die Bäuche vollschlagen, frage ich mich wie unabhängig sie politisieren. Die Entscheidungen, die daraus resultieren, sieht man sehr schön an der Vergabe des Energiepaketes letzten Herbst. Da wird eine Firma aus Zürich, die ein rund 20 % günstigeres und qualitativ ebenbürtiges Angebot einreicht, so schlecht bewertet, dass wieder die Wirtschaftskammer zum Zug kommt. Der Kanton rsp. die zuständige Regierungsrätin nimmt damit in Kauf, dass dieses Energiepaket rund 20 % zu teuer durch die Wirtschaftskammer abgewickelt wird und wohl in der Vergangenheit auch zu teuer war. Damit wird Misswirtschaft mit unseren Steuergeldern betrieben, die nicht mehr länger toleriert werden sollte. Es wäre höchste Zeit, dass die Einsicht bei unseren Politikern wachsen würde, dass solche Mauscheleien der politischen Kultur, dem Ansehen und der Zukunftsfähigkeit dieses Kantons schaden.
Wenn der Vorstand der Wirtschaftskammer glaubt, diese Vorwürfe der Medien aussitzen zu können, könnten sie sich irren. Das Vertrauen in diesen Gewerbeverband können sie damit auf jeden Fall nicht wiederherstellen.
Meury Christoph meint
Die Baselbieter Bürgerlichen rücken vom »System Wirtschaftskammer« ab. Mein Gott! Jahrelang haben die Bürgerlichen vom »System Wirtschaftskammer« profitiert, ja, waren Teil der diversen Aktivitäten und Klüngeleien. Bereits unter Hans Rudolf Gysin ist diese unsägliche Schattenwirtschaft begründet und zum Blühen gebracht worden. Die PR-Maschine der Wirtschaftskammer und den diversen Subunternehmen war das Schmiermittel für die amtierenden FDP-Mitglieder. Wahlkampagnen wurden von der Wirtschaftskammer orchestriert und alimentiert. CVP und SVP haben die Dienste der Handelskammer und ihre diversen Plattformen ebenfalls dankend in Anspruch genommen. Eine Omertà hatte bis dato die Baselbieter Politik trefflich vor Transparenz und Remedur geschützt. Aber klar, wenn’s bergab geht, möchte jeder rechtzeitig aussteigen und den Ahnungslosen geben. Vielleicht wäre es aber an der Zeit, vor allem für die FDP, endlich der Vetterli- oder Amigowirtschaft im Kanton grundsätzlich abzuschwören.
gotte meint
hat Ihnen noch keine superprovisorische Verfügung den strom Ihrer website abgestellt? die nerven des zentralkomitees im altmarkt liegen gemäss medienmitteilung auf der homepage blank…
M.M. meint
Bin in Rom also ziemlich weit weg vom Schuss 🙂