In meinem Alter erschüttert einen nicht mehr viel. Schon gar nicht, wenn es sich um politische Mauscheleien im Baselbiet handelt.
Wo immer und deshalb egal in welchem Zusammenhang, die Wirtschaftskammer ist mit dabei.
Doch am Montagabend, als ich diese Meldungen über Thomas Weber las, war ich ziemlich schockiert.
Ausgerechnet er, der Korrekte, der Pedante, der Saubermann der SVP, soll sich derart nahe zur Klippe des Strafbaren vorgewagt haben, dass man damit rechnen muss, er könnte in den Abgrund stürzen.
Könnte, weil so lange die Unschuldsvermutung gilt, bis der Vorgang restlos aufgeklärt ist.
Vom Regionaljournal Basel und von der Basler Zeitung wird dem Vorsteher der Volkswirtschaftsdirektion vorgeworfen, er halte «eine Strafanzeige des Kantons gegen die Wirtschaftskammer und die Gewerkschaft Unia zurück».
Mehr noch, das Regionaljournal berichtet: «Vor der Eröffnung des Strafverfahrens hat der Baselbieter Volkswirtschaftsdirektor Thomas Weber an einer Sitzung teilgenommen, in der beschlossen wurde, mit den involvierten Stellen über das drohende Verfahren zu diskutieren und Akten auszuhändigen.»
Und die BaZ: «Am Tag darauf macht der Rechtsdienst Regierungsrat Weber darauf aufmerksam, dass er sich der Begünstigung strafbar machen könne, wenn er «jemanden der Strafverfolgung entzieht.»
Wer darauf gehofft hat, dass nach all den Ungereimtheiten irgendwann mal Schluss sei und der Sumpf austrocknet, sieht sich getäuscht.
Sollte das, was die beiden Journalisten Matieu Klee vom Regi und Joël Hoffmann von der BaZ aufgedeckt haben, tatsächlich stimmen, dann haben wir einen neuen Tiefpunkt erreicht.
Mit weitreichenden Folgen.
Das bürgerliche Lager steckt seit Montag bis zum Hals im Morast: Die FDP dank Christoph Buser und die SVP dank Thomas Weber.
Bis zu den nächsten Wahlen sind es noch knappe neun Monate und es ist gut möglich, dass dieser Skandal die Büza nicht nur erschüttern, sondern unter sich begraben wird.
Die FDP steht vor der Frage, wie lange sie sich noch vom Chef der Wirtschaftskammer an die Wand drücken lässt, wie sich die Partei ohne ihn politisch neu ordnen will.
Und die SVP?
Die kann den Traum eines zweiten Regierungssitzes begraben, weil sie nun alle Anstrengungen darauf konzentrieren muss, dass Thomas Weber nicht abgewählt wird.
Ob es der SP gelingt, sich schadlos zu halten, ist eine noch offene Frage. Sie steckt dank der Unia Seit’ an Seit’ mit den beiden anderen im Wirtschaftskammersumpf.
Lachende Vierte ist die CVP. Sie hat sich – Handelskammerpräsidentin Schneider-Schneiter sei Dank – schon vor Monaten aus den Fängen der Wirtschaftskammer befreit.
Und sie hätte sich auch von der Büza abgesetzt, wäre da nicht Toni Lauber, der mit Thomas Weber einfach gut kann. Doch Lauber ist jetzt erst recht derart unbestritten, dass er auch im Alleingang wiedergewählt wird.
Sollte die FDP endlich die Kraft aufbringen, mit der Causa Buser abzuschliessen, wartet die CVP schon seit Wochen in der Mitte mit offenen Armen auf die Liberalen.
Diese Bündnisoption ist seit Montag kein Hirngespinst mehr, weil ein Wahlkampf an der Seite der SVP der FDP-Basis nur noch schwer zu vermitteln ist.
Der Schwenker zur Mitte wäre das deutliche Zeichen, dass man einen Neuanfang sucht.
Am 23. August versammeln sich die beiden Parteien für ihre Wahlparteitage exakt zur gleichen Zeit im Kuspo in Pratteln.
Wenn das mal ein Zufall ist?
Zuerst erschienen in der Basler Zeitung vom 20. Juni 2018.