So rein kunstmässig ist es schon eine ziemliche Zumutung, was einem die Inder quer durchs Land als göttliche Kunst vors Auge setzen. Bei mir läuft das unter dem Titel „Hindukitsch“.
Es werden ja im ganzen Land jede Menge Tempel gebaut. Als gelte es, kurz vor dem Untergang der Hindugötterwelt nochmals mächtig auf die Pauke zu hauen. Ein Minister klagte kürzlich, es gebe in Indien mehr Tempel als Toiletten, was ihm grossen Protest der Hindupartei einbrachte. Es grenze an Blasphemie, die Worte „Tempel“ und „Toilette“ im selben Satz zu verwenden.
Mir scheint diese Tempelbautätigkeitals eine Art Panikreaktion. Mit Hindurealismus gegen die drohende Ablösung der Götter durch… ich weiss es auch nicht. Bei den Römern – der Hinduismus und seine Götterwelt ist für mich wie eine Rückschau – wechselte man zum Monothismus.
Mit Religionskritik ist ja nicht zu spassen. Aber Rishikesh ist für mich so etwas wie ein Tempel-Rust, ein Freizeitpark mit Schwerpunkt Glauben. Daneben stehen zum Beispiel auch River Rafting und Pizza essen auf dem Programm der modernen Mittelstandsinder.
Das alles hier ist kaum zwanzig Jahre alt. Ein paar wenige „Gurus“ haben mit grosszügigen Ashrambauten den Markt unter sich aufgeteilt, um es profan auszudrücken.
Die religiöse Kunst in Indien hat ihren Zenith vor rund tausend Jahren überschritten. Seither wird nur noch kopiert und wie sich zeigt, von immer wie schlechteren Kopien. Was in Rishikesh und anderswo zu sehen ist, sind dreidimensionale Posterbilder, die wir vor vierzig Jahren aus Indien mitgebracht haben (passten damals bestens zu den Plattencover und Psychodelicposter).