Es sind ja vor allem Journis, die der TagesWoche nachtrauern. Aber sonst wer?
Die TagesWoche hatte von allem Anfang an ein Geschäftsmodell, dass in einer Marktwirtschaft auf Dauer nun mal nicht funktioniert.
Wer mit seinem Produkt keine Kunden findet, der ist spätestens dann vom Acker, wenn die Anschubfinzierung verbrannt ist.
20 Millionen hatten die zur Verfügung, so hört man und haben es nicht geschafft.
20 Millionen!
Wäre da nicht das viele Geld einer Basler Multimillionärin gewesen plus ihr Dunstkreis, hätte man die TagesWoche schon 2013 einstellen müssen.
Damals im Januar habe ich geschrieben: #TagesWoche-Online ist so dröge wie die Papierausgabe am Freitag oder: Urs Buess ist eine Fehlbesetzung
Bringen wir es auf den Punkt: Urs Buess, Ko-Chefredaktor, ist eine krasse Fehlbesetzung. Er ist der falsche Mann für ein solches Projekt, weil er kein Pionier sondern ein ins Ende seiner Berufslaufbahn eingebogener Printjournalist.
Und sein Co-Leiter Leupin haute damals so auf die Trommel:
„Beim Onlineauftritt handle es sich nicht einfach um eine Newsseite, sondern um ein Angebot, das es in dieser Form in der Schweiz noch nie gegeben habe“, verkündete Herr Leupin ziemlich vollmundig gegenüber kleinreport.
Zumindest dieses Versprechen hat die Doppelchefredaktion vollständig eingelöst. Das Onlineportal der TagesWoche ist in der Tat anders als all die anderen, nämlich schlicht und einfach irrelevant.
Ein Jahr später waren Buess und Leupin weg und das Blatt und seine Mäzenin steckten wegen Auflagentricksereien in neuen Schwierigkeiten:
Wird morgen die Staatsanwaltschaft in Sachen TagesWoche tätig?
Ich bleibe dabei, was ich damals geschrieben habe:
Ja, ich bin stocksauer auf diese Versager.
Ihnen wurde der Traum jedes Journalisten erfüllt, nämlich von einer Mäzenin genügend Geld zur Verfügung gestellt zu bekommen, um den Journalismus umzusetzen, von dem alle (bei der BaZ) schon immer geträumt haben.
Frei, unabhängig und ohne vom Verlag und den Anzeigenheinis gegängelt zu werden.
Und was lernt man aus der Geschichte?
Mäzenatentum ist keine Alternative zu professionellem Verlagshandwerk. Und: Journalisten sind keine Unternehmer.
Die vielleicht gute Nachricht: Gemäss den Verantwortlichen will Frau Oeri weiterhin 1 Mio. CHF pro Jahr für Medienprojekte zur Verfügung stellen.
Und deshalb widerspreche ich mir jetzt, weil ich die Hoffnung nicht aufgebe, dass es halt doch mal jemand schafft.
Deshalb: Einen Teil dieser TagesWoche-Million sollten den beiden Keller-Brüdern im Sinne einer Anschubfinanzierung für ihr Online-Portal „PrimeNews“ zur Verfügung gestellt werden.
Die beiden haben mit wenig Mitteln ein interessantes Online-Portal gestartet, mit einem plausiblen Geschäftsmodell und mit klarem Blick auf wirtschaftliche Realitäten.
Die beiden denken unternehmerisch und Christian Keller steht für handwerklich gut gemachten Lokaljournalismus.
Wenn es denn jemand schaffen könnte, ein lokales Online-Portal auf Dauer zu etablieren, dann sind es die beiden.
Einziges Manko: Die machen halt keinen linken Journalismus. Aber Linkswicklung kann ja wohl nicht das Kriterium für die Vergabe der Oeri-Million sein, oder?
Niggi Ullrich meint
Pointierte Kommentare sind OK und nötig. Wenn daraus ein Mix wird aus rechthaberischem Zynismus und versimplifizierendem Sarkasmus wird es dégoutant.
altro due elle meint
Resultat bei Spielabruch: Ems-Chemie schlägt Roche Pharma mit 1:0.
Ein paar Verletzte auf beiden Seiten, andere vor dem Karriereende.
Hans Sutter aka Sepp Renggli aka Marcel Rohr übernimmt.
Endgültige Relegation kann vielleicht noch mit ein paar weiteren Millionen hinausgeschoben werden.
(„Ein Jahr später waren Buser und Leupin weg …“, muss wohl heissen Buess …)
M.M. meint
Danke!
gotte meint
prime news finden Sie doch erst relevant, seit Sie dort portraitiert wurden (haben Sie so geschrieben, nicht ich…). aber mal spass beiseite: mich ärgern diese links-rechts-pseudo-analysen. somm’s BaZ ist nicht an rechts gescheitert, sondern an schlechtem handwerk und billigen kampagnen (schwedenreisli, weihnachtsessen im elsass, unispital-organhandel) sowie an blasierten einfaltspinseln (bahnerths unsägliches theater im präsidialdepartement).
umgekehrt ist die taWo nicht an links gescheitert, sondern an ihrem unsäglichen intrigantenstadel in den ersten jahren und an oftmals fehlender journalistischer relevanz. und die NZZ verabschiedet sich gegenwärtig in die mittelfristige bedeutungslosigkeit, nicht weil sie „rechter“ ist als früher, sondern weil sie neuerdings ausgewählte lieblingsthemen schlecht in einer dauerschlaufe bewirtschaftet, bis es nur noch langweilig und irrelevant ist. oder wer soll sich denn in zukunft weiter für diese alten philosophen-herren interessieren und sich durch deren gefühlte ausgrenzung durch gender und angebliche sprechverbote noch angesprochen fühlen?
M.M. meint
Kann Ihnen nicht widersprechen, blöderweise.
Deshalb habe ich mich in angelsächsische Medien geflüchtet. Sachbücher sind auch keine schlechte Alternative.
gotte meint
… auch die NZZ kann nicht widersprechen, als ob sie mir recht geben wollte, twittert sie (gähn):
„Von Richter*innen, Kritiker_innen und gendergerechter Sprache: Wie der permanente Fokus auf das #Geschlecht unser Verständnis des Menschen verformt. Ein Kommentar“
gotte meint
und noch etwas früher (doppelgähn): „Während eine linke Identitätspolitik die Vielfalt in der Gesellschaft stärken will und eine rechte identitäre Politik die Homogenisierung der Gesellschaft anvisiert, geht die Mannigfaltigkeit des Einzelnen dabei verloren. Eine Kolumne,“