Diese Woche Freitag, hat gestern der „Sonntag“ berichtet, kommt es zu einer Aussprache zwischen dem Verwaltungsrat und der Ko-Chefredaktion der TagesWoche.
Zur aller ersten Aussprache zwischen dem Verwaltungsrat und den TagesWoche-Verantwortlichen.
Nicht nur die Geldgeberin, sondern auch Vertreter im Stiftungs- und Verwaltungsrat vertreten nach «Sonntag»-Informationen die Ansicht, dass die «Tageswoche»-Macher ihr Versprechen, Print und Online in neuartiger Weise zu verknüpfen, bisher nicht eingelöst haben.
Ich habe mein Einjahressolidaritätsabonnement letzten Oktober nicht mehr erneuert. Seither lese ich auf Flipboard, was die Redaktion via RSS an Beiträgen freischaltet. Ich habe seither nichts Wesentliches verpasst. Nicht etwa, weil ich die meisten Kommentare und Beiträge der Redaktion weiterhin geliefert bekomme, sondern weil diese Redaktion nichts bewegt, weil sie nicht überrascht, weil nichts drinsteht, dass ich wirklich wissen muss.
Ich kann mich nicht erinnern, dass irgendein TagesWoche-Kommentar derart heftig in der Öffentlichkeit diskutiert worden wäre, wie zahlreiche von Herrn Somm. Oder dass nur ein einziger Beitrag derartige Wellen geschlagen hätte, wie die Herzog-Geschichte des Herrn Bahnerth.
Nun wird das geneigte Publikum sofort anmerken, dass zum Glück die TagesWoche nicht so aneckt, wie die BaZ. Doch wer solcherart Meinung ist, gibt gleichzeitig zu, dass linker Mainstream, wie ihn die TagesWoche liefert, schlicht nicht mehr provoziert. Und heftige Debatten anstösst. Wenn dem so ist, was ich glaube, kann man sich mit Fug und Recht fragen, weshalb man denn die TagesWoche überhaupt lesen soll.
Wobei ich gleich anmerken kann, dass ich auch die BaZ nicht mehr abonniert habe. Doch wenn die Wellen schlagen, dann verbreitet sich das sehr rasch in den Sozialen Medien. Was mit Artikeln der TagesWoche kaum je passiert, (höchstens, wenn sich Herr Buess mal wieder an Herrn Somm und der BaZ abarbeitet).
Ich habe in den letzten Wochen immer mal wieder Bekannte auf die TagesWoche angesprochen.
Wer das Blatt abonniert hat, hat dies fast immer aus einem Anti-BaZ-Reflex heraus getan. Wirklich lesen tun es inzwischen jedoch die wenigsten. Weil, so meinte kürzlich ein Ehepaar in meinem Alter (scheint repräsentativ für die TagesWoche-Leserschaft zu sein), die Themenwahl zu beliebig sei („Gott-und-die-Welt-Blatt“), die Kommentierung zu vorhersehbar. Praktisch alle kamen zum Schluss, dass sie das Abo wohl nicht mehr erneuern werden.
Dabei hatte das doch einst durchaus verheissungsvoll getönt:
Es bereitet grosse Freude, wenn man pioniermässig ein neues Projekt aufziehen kann. Schliesslich handelt es sich hier um eine neue Marke, die sich insbesondere im digitalen Bereich durch ein innovatives Konzept auszeichnet.
Hatte sich kurz vor Amtsantritt Co-Chefredaktor Remo Leupin gegenüber dem Kleinreport vernehmen lassen.
„Beim Onlineauftritt handle es sich nicht einfach um eine Newsseite, sondern um ein Angebot, das es in dieser Form in der Schweiz noch nie gegeben habe“, verkündete Herr Leupin ziemlich vollmundig gegenüber kleinreport.
Zumindest dieses Versprechen hat die Doppelchefredaktion vollständig eingelöst. Das Onlineportal der TagesWoche ist in der Tat anders als all die anderen, nämlich schlicht und einfach irrelevant.
TagesWoche online ist anders als im Titel des Blatts behauptet, nicht die Tagesausgabe – (schon das eine krasse Fehlbezeichnung, die nur Printjournalisten einfallen kann – besser wäre: das Minutentaktportal) – des Wochenmagazins, sondern die Onlineversion des Wochenblatts. Weder interaktive Grafiken, noch Newsfilme bietet der Auftritt. Die Einbindung der sogenannten „Community“ ist ein Wunschtraum geblieben, deren Kommentierlust dümpelt in bescheidenen Grenzen.
Wobei Wochenblatt die falsche Bezeichnung ist: Bei der TagesWoche handelt es sich um eine Tageszeitung, die einmal pro Woche erscheint.
Bringen wir es auf den Punkt: Urs Buess, Ko-Chefredaktor, ist eine krasse Fehlbesetzung. Er ist der falsche Mann für ein solches Projekt, weil er kein Pionier sondern ein ins Ende seiner Berufslaufbahn eingebogener Printjournalist ist.
Sein Kollege Remo Leupin, der bei der BaZ vor Jahren mal etwas Onlineluft schnupperte, hat es nicht geschafft, tatsächlich ein Onlineauftritt zu konzipieren, der den Online-Journalismus in der Schweiz etwas vorwärts gebracht hätte.
Wir haben es auch nicht erwartet, wären aber schon froh, wenn wir einfach ein LOKALES Onlineportal hätten, das diesen Namen auch verdient. (In Klammer muss man da noch Herrn Bauer erwähnen, „Onlinestratege und Redaktor bei der TagesWoche“, der onlinetheoretisch viel rumtwittert und -blogt, aber in der Praxis mit lauwarmem Wasser zu kochen versucht.)
TagesWoche-Online ist so dröge wie die Papierausgabe am Freitag. Die TagesWoche Printausgabe ist so langweilig und beliebig, wie seinerzeit das Magazin der Basler Zeitung zu Platz-Zeiten.
Am besten wäre, man legt die TagesWoche am Freitag der Gratisausgabe der BaZ bei. Dann ist zusammen, was zusammengehört (im Geiste der Macher und im Grunde genommen als insgeheimer Wunsch vieler Leser).
Michael Przewrocki meint
Der TAWO fehlen gut gemachte/innovative Werbereportagen welche dann auch Online zu sehen sein sollten, muss ja nicht den TAWO-Kanal verstopfen. Geld der Werbenden wäre doch vorhanden. Es braucht einfach noch Zeit und Geduld! Hab mich mal mit einem Juwelier ausgetauscht, der sich beklagte, dass er jahrelang Baz-Werbung gemacht habe, aber keine bis wenig Unterstützung erhalten hätte. at MM. Sie meinten wohl TAWO als Beilage der Gratis-Mittwochs-BZ?
C.B. meint
Naja…
1. Eine Zeitung mit Artikeln zum Aufregen braucht kein Mensch: an so etwas glaubt nur Roger Köppel.
2. Foren mit Hunderten von Beiträgen wie etwa im Tages-Anzeiger sind nicht „super-interaktiv“, sondern zum Gähnen langweilig: die sind nur für die Schreiber da – lesen tut so etwas keiner freiwillig.
Dass niemand die TaWo lesen MUSS der sich sowieso von früh bis spät mit Online-Nachrichten füttert ist schliesslich sowieso von Anfang an klar (und stand hier auch schon vielfach seit über einem Jahr).
Kurz: Wo ist der Neuigkeitswert DIESES Blogposts?
M.M. meint
Na, das liest man doch jeden Tag.
CB meint
Dass die TaWo jetzt nach einem Jahr „Einlaufzeit“ nochmals einen Zacken zulegen sollten sehe ich auch so! Den Stab möchte ich aber dennoch auch über dem Bisherigen nicht brechen – womit ich vielleicht auch selber etwas „dröger“ (oder geduldiger) bin als man das im Newsbusiness sein darf – wo ich konsequenterweise ja auch nicht tätig bin… Folglich gedenke ich durchaus, mein Abo weiterhin zu verlängern.
Innovativ finde ich beispielsweise immer noch den – vom Konzept her! – „Online first“-Ansatz: den sehe ich sonst noch nirgends in der Schweiz. Von reinen Online-Portalen mal abgesehen. Und abgesehen von der Tatsache dass das gute Konzept noch längst nicht in allen Artikeln wirklich lebt. Und nicht zuletzt: dass das Online-Portal durchaus noch ein wenig mehr „Masse“ vertragen könnte! Denn da muss ich M.M. voll zustimmen: Wenn ich „informiert sein“ will reicht TaWo nirgends hin – und wenn ich mich eh woanders informiert habe, dann bringt die TaWo nicht mehr sehr viel Neues dazu!
Die Print-Ausgabe ist meiner Ansicht nach ebenfalls vom Ansatz her gut: Nicht einfach ein „Wochenrückblick“, sonder mehr „Magazin-artig“. Wobei ich das gefährlich finde: das Tagi-Magazin ist für mich das abschreckende Beispiel für ein völlig sinnloses Larifari-Magazin – und ich sehe bei der TaWo durchaus eine gewisse „Drift“ in diese Richtung! Dem könnte für meinen Geschmack ein wenig „Wochenrückblick“ entgegen wirken.
Schliesslich finde ich es auch noch gut dass man bei diesem Projekt die Chance nutzt, nicht ab der ersten Ausgabe auf „Geldmachen“ zielen zu müssen, wie z.B. „20 Min“ & Co., wo der redaktionelle Teil ja wirklich nur als Köder für die Werbung dient. Konsequenterweise ist also bei der TaWo bisher werbemässig ja so gut wie nichts los! Auch das muss allerdings wohl bald einmal anders werden, denn ein Medium, das auf Dauer nur von einer einzigen Sponsorin abhängig ist hat letztlich für mich keine Zukunft!
Kurz: Ein paar „Tritte in den Hintern“ kann die TaWo-Redaktion von mir aus gerne haben, da nach einem Jahr „gute Ansätze“ dringend ein wenig zugelegt werden muss! Und meiner Meinung nach konkret in folgenden Punkten:
1. Mehr „Masse“ im Online-Portal: Der Ehrgeiz muss sein (auch wenn er nie ganz erreichbar ist): „Wer TaWo-Online liest ist informiert“! Und sei es mit einer Vermehrung der Quer-Verlinkungen zu guten Artikeln anderswo.
2. Mehr „Wochenrückblick“ in der Print-Ausgabe: Ich will auch am Wochenende nicht nur irgendwelche „allgemeinen Lebensprobleme“ lesen, sondern wünsche mir auch da ein wenig Aktualität – auch wenn es nicht mehr „stundenaktuell“ sein muss. Etwa „gute Geschichten“, die nicht nur das Event beleuchten, sondern auch einen Zusammenhang.
3. Aggressiveres Auftreten auch im Werbemarkt, um dem ganzen Projekt auch finanziell eine Zukunft zu schaffen – denn ohne das ist mir die Abhängigkeit von nur einer Sponsorin – und sei sie noch so freilassend und wohlwollend – ganz einfach unheimlich!
(…und das war jetzt alles so uncool-freundlich-positiv wie man in diesem Blog eigentlich garnicht sein darf!)
M.M. meint
Da bin ich doch – völlig uncool-freundlich-positiv – mit jedem einzelnen Punkt einverstanden. Und schiebe genauso uncool-freundlich-positiv nach: dafür braucht es anderes Führungspersonal.
Stefan Peter meint
Völlig einverstanden (bis auf den Verweis auf das damalige Magazin der Basler Zeitung – das war eine tolle carte blanche) und chapeau für den Mut, das mal so zu schreiben.
Zum Start der tageswoche war damals ein 061live auf telebasel (ist sicher noch online) mit den beiden Chefredaktoren, da wurde schon nichts gesagt.
merlinx meint
Das Interview mit Hansi Voigt auf http://www.sonntagonline.ch/ressort/medien/2708/ ist ist eine Fundgrube „druckreifer“ Aussagen.
Unter anderem sagt er:
„…. Online wird wie der nicht-gedruckte Teil einer Zeitung behandelt. ….“
Oder:
„… Es dominiert die print-geprägte Controller-Mentalität, mit der man jahrelang hervorragend gefahren ist.“
Oder:
„… Verlegerfamilien konnten früher wählen, ob sie Zeitungen oder lieber gleich Geld drucken wollen.“
Oder:
„… Sobald die SBB ein anständiges Wlan anbieten, stehen die Pendlerzeitungen im vollen Wettbewerb mit Mobile-Angeboten.“
Bloss in Sachen Paywall äussert er sich vorsichtiger, wohin der Weg führen soll.
(Auf jeden fall muss der Begriff „Gratis“ neu definiert werden, vielleicht im Sinne einer „bedingungslosen medialen Grundversorgung …)
l.h meint
von aktuell 5 a-storys sind 3 ab sda, eine vom freitag einkekauft und nur eine einzige ist eigenleistung. das geht einfach nicht.
Dani Brandt meint
Oft ist a-Story-„Eigenleistung“ auch eingekauft., wie kürzlich die hervorragende Geschichte von Isabella Seemann „Eine Landfrau im Elysée-Palast“! Die Zusammenarbeit mit „der Freitag“, ist äusserst bedenklich.
Noch bedenklicher, dass immer wieder die gleiche Mitglieder der TW Community unwahre Behauptungen mit Namensangaben schreiben dürfen (Bsp. Cosco Affärre, Kommentare, die Herr Messmer hier als Bsp. gezeigt hat, dass sie nicht toleriert werden, sind bei der TW nie sanktioniert worden). Linker Mainstream pur!
Und U. Buess ist mutig, nur wenn er M. Somm kritisiert sonst sind seine Beiträge langweilig, langweilig, langweilig und mutlos! Von investigativen Journalismus kann keine Rede sein! Schade eine gute WochenZeitung hätte der Region gut getan, nur ein Anti-BaZ-Konzept reicht auf die Dauer nicht!
Jamie Oliver meint
das hat sicher was andererseits ist es zuwenig weit gedacht: die Baz erregt Aufsehen indem sie sich selber immer weiter von dem entfernt dass sie selber anstrebt: intelligenten Journalismus. Und irgendwann wir kein Leser der noch bei der Baz geblieben ist sich darüber aufregen. Das Echo auf diese Kommentare kommt ja eh vorallem von denen die die Baz eigentlich ja nicht lesen.
Der online Auftritt der Tageswoche finde ich persönlich io, und ich schaue immer wieder kurz vorbei.
Auch die Printausgabe ist sicher ein wenig gar nett, aber ich lese sie trotzdem. Mich intressiert es nicht ob die Kommentare oder die Texte ein grosses Echo auslösen, dafür sollten sie ja auch nicht geschrieben worden sein. Ich find nett ok.
suburbansky meint
Dass der TagesWoche wohl etwas der Biss fehlt, sie des Öfteren links aus der Spur fährt und gewisse Themenbereiche nicht hinreichend abzudecken vermag, das stimmt durchaus. Dass der Online-Bereich bei Weitem nicht hält was er mal versprochen hat, das ist der grösste Makel. Und dennoch ist die TaWo, auf Papier, das beste, was aktuell über Basel gedruckt wird. Die Verehrung des Herrn Mensch verwundert – die letzte grosse Geschichte (Aegis) war noch bei der BaZ. Seither? Mir fällt nichts ein.
Ursus meint
Das MM-Urteil ist vernichtend. Aber es ist fast unmöglich, nicht zuzustimmen. Und ja: „Der Sonntag“ mit Mensch und Ambühl knallt viel mehr – möglicherweise die beste Redaktion der Region.
Schewardnadse meint
Ausgerechnet „Der Sonntag“ mit seinem unsäglichen Thesenjournalismus, bei dem Fakten ausgeblendet und Beteiligte nicht gefragt werden, weil die Geschichte sonst so nicht funktionieren würde. Nach meiner Auffassung nicht wirklich sauberer Journalismus.
urbanus meint
Urs Buess betonte, die Tages-Woche wolle keine Anti-BaZ sein. Dabei ist das doch ihre einzige Raison d’être. Und: Der Bund Basel von «Der Sonntag» greift regelmässig mehr Basel-relevante Themen auf, als die Tages-Woche in ihrer Printausgabe. Offenbar wären die Themen vorhanden.
M.M. meint
Kann ich unterschreiben – der TagesWoche fehlt ein Recherchejournalist vom Kaliber eines Herrn Mensch. Und für Online müssten die Hansi Voigt zuziehen und ein lokales Portal aufbauen.