Es ist ganz dem dichterischen Einfühlungsvermögen, dem Umfang der zugespielten Informationen, dem psychologischen Spürsinn des Journalisten überlassen, welche Details er auslassen, welche er nur andeuten, welche er breit ausmalen soll, (frei nach Egon Fridell).
Journalismus ist nichts anderes als der Versuch, für ein interessiertes Publikum das Unverständliche subjektiv zu interpretieren.
Wenn mehrere Journalisten dasselbe «enthüllen», dann wird damit Objektivität lediglich simuliert.
Nehmen wir als Beispiel die als Polit-Soap angelegte «Wirtschaftskammer-Filz-Weber-Staatsanwaltschaft»-Geschichte.
Zitat «Regionaljournal»: «Der ehemalige stellvertretende Generalsekretär von Thomas Webers Direktion sagte aus …» und die BaZ: «So hat auch ein ehemaliger Chefbeamter bei der Staatsanwaltschaft …»
Wow, da hat sich einer, von Skrupeln geplagt, an die Staatsanwaltschaft gewandt.
Das Bild wäre jedoch ein anderes, hätten sich die Medien nicht über die Identität des Informanten ausgeschwiegen.
Der Zeuge ist, wie alle wissen, René Merz, der einstige Parteipräsident der CVP, der im Oktober 2006 in einer parteiinternen Wahl jämmerlich unterlegene Kandidat fürs Regierungsamt und kurzzeitige Landrat, dem der verstorbene Regierungsrat Zwick (CVP) den Job eines Stellvertreters schuf, nachdem die Gesamtregierung Merz als Generalsekretär abgelehnt hatte. Seit 2015 ist er in Biel Generalsekretär der Direktion Soziales und Sicherheit.
Die Frage lautet demnach: Was hat den Mann geritten?
Womit wir SP-Regierungskandidatin Kathrin Schweizer ins Spiel bringen können.
Seit 2015 beackert die von der Parteispitze schon vor zwei Jahren zur Kandidatin auserwählte Muttenzer Gemeinde- und Landrätin das weite Feld «Wirtschaftskammerfilz» mit Vorstössen.
Da wurde eine Sauberfrau aufgebaut, die im kommenden Wahlkampf darauf pochen kann, völlig filzfrei zu sein.
Welch willkommener Zufall also, dass just zur Kür der Genossin, die Medien zum Halali auf den «rechtsbürgerlichen» Weber geblasen haben.
Am Tag ihrer Nomination forderte die SP forsch einen ausserordentlichen Staatsanwalt.
Was fast schon die Frage beantwortet: Wem nützt das alles?
Weil es die Spatzen von den Dächern pfeifen, dass die Medien von einer politischen Quelle gefüttert werden, kann für die weitere Diskussion folgende Arbeitshypothese gelten: Es sind Parteipräsident Adil Koller und Geschäftsleitungsmitglied Jan Kirchmayr, welche die Strippen ziehen.
Sie haben als Landrats- und Kommissionsmitglieder Zugang zu vielen Informationen, also auch zu solchen, welche in den letzten Wochen der TagesWoche, der BaZ und dem «Regionaljournal» zugestellt wurden, (dass die bz den Auftakt verpasst hat, ist einer redaktionsinternen Panne zuzuschreiben).
Dabei müssen die Infos nicht nur aus dem eigenen Fundus stammen. Man kann für unzufriedene Kantonsmitarbeiter auch den Briefträger machen.
Warum ich das zur Diskussion stelle?
Weil es zum Muster aller Politkampagnen der SP gehört, vor allem anderen Empörung zu schüren.
Die Genossen waren mit zwei Medienmitteilungen und zahlreichen Twittermeldungen erstaunlich gut vorbereitet auf die für alle anderen eher überraschende «Enthüllung» vom 18. Juni.
Fazit: Da haben in den letzten Tagen ein paar Jungs mächtig Spass gehabt.
PS: Selbstverständlich gilt für alle erwähnten Personen die Unschuldsvermutung. Wie dies im Landkanton jetzt üblich ist.
Zuerst erschienen in der Basler Zeitung vom 11. Juli 2018
M.M. meint
GEGENDARSTELLUNG
In der Ausgabe der Basler Zeitung vom 11. Juli 2018 behauptet Manfred Mesmer in seiner Kolumne arelsheimreloaded, dass der verstorbene Regierungsrat Zwick (CVP) mir den Job eines Stellvertreters geschaffen habe, nachdem die Gesamtregierung mich als Generalsekretär abgelehnt hätte.
Diese Aussagen sind unzutreffend.
Korrekt ist, dass ich per 1.7.2008 zum stv. Generalsekretär der Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion des Kantons Basel-Landschaft (VGD) befördert worden bin, nachdem der bisherige Stelleninhaber pensioniert worden ist.
Korrekt ist weiter, dass mich der damalige Regierungsrat Peter Zwick am 16.3.2012 gebeten hat, mich nicht auf die öffentlich ausgeschriebene Stelle des Generalsekretärs der VGD zu bewerben und ich dieser Bitte entsprochen habe.
René Merz
M.M. meint
Herr Merz hat recht: Zwick stellte ihn als stv. Generalsekretär ein und weil der Regierungsrat es ablehnte, konnte er nicht Generalsekretär werden. In der Kolumne stimmt es von der Reihenfolge her nicht, aber eigentlich ist das ein Detail.
Marc Schinzel meint
Ich will nicht über Zuträger oder Boten spekulieren. Was die Baselbieter SP aber mit Regierungsrat Thomas Weber macht, ist plumpe politische Diffamierung. Immer nach dem Motto: Etwas bleibt schon hängen. Stimmt. Mir hängt diese auf die Person zielende Schmutzwäsche zum Hals heraus. Ich glaube an die Integrität Thomas Webers. Bis zum Beweis des Gegenteils. Die Zuständigkeit dafür liegt nicht bei der SP, sondern bei den Untersuchungs- und Justizorganen.
Hyoscyamus meint
Nun ja, mit der „Empörung“ arbeiten andere Parteien seit Jahren in noch viel grösserem Ausmass, dort gerne auch auf Kosten derer, die sich sicher nicht wehren können…
Es geht hier nicht bloss um Webers Direktion und seine im aktuellen Zusammenhang möglicherweise zweifelhafte Art, „Konflikte“ zu lösen, sondern seit Jahren immer wieder um die diversen diffusen und undurchsichtigen Verstrickungen der Handelskammer (Finanzierung bürgerlicher Politwerbung, ZAK usw.), um die Geschichte mit dem AAGL-Vorstand und der BLT-Fusionsverhinderung und so weiter, die von den Medien (und wohl auch linken Parteien) ans Licht gebracht wurden.
Dasselbe tun Bürgerliche genau so: Siehe BaZ oder auch das Geschrei, wenn sich Eric Nussbaumer für alternative Energie einsetzt (der profitiert ja persönlich davon, meine Güte!).