Ein Teil der deutschen Politik tut sich schwer mit dem Steuerabkommen mit der Schweiz. Es geht ums Kleingedruckte.
Diese Petitessen führen dazu, dass der Anschein erweckt wird, WIR stünden unter Zeitdruck. „Man“ befürchtet:
Bei einem späteren In-Kraft-Treten müsste der gesamte Text noch einmal neu verhandelt werden.
Da stellt sich die Frage, weshalb, denn wir könnten einfach abwarten und Tee trinken, auf lange Jahre hinaus.
Fakt ist, dass das Steuerabkommen zwischen der Schweiz und Deutschland UNTERZEICHNET ist, jedoch noch nicht ratifiziert. Und weil dem so ist, gilt das Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge (WÜRV) vom 23. Mai 1969.
Bedeutend ist die Regelung in Artikel 18, dass ein Staat, der seinen Beitritt zu einem Vertrag etwa durch dessen Unterzeichnung signalisiert, aber diesen noch nicht ratifiziert hat, verpflichtet ist, alles zu unterlassen, was den Ziel und Zweck des Vertrages vereiteln würde (Frustrationsverbot).
Frustrationsverbot:
Das Frustrationsverbot ist ein völker- und europarechtlicher Grundsatz, welcher dem Ziel und Zweck eines Vertrages zuwiderlaufende Maßnahmen einer Vertragspartei verhindern soll. Dabei entfaltet das Verbot seine Wirksamkeit auf völkerrechtlicher Ebene vor der Ratifikation des Vertrages.
Mit anderen Worten, die dürfen nicht mal mehr CDs kaufen und die eigenen Bürger verfolgen. Das einzige, was Deutschland noch tun kann, ist, den Vertrag zu kündigen.
Der analoge Fall war dieser Vertrag, den Herr Merz mit Libyen abgeschlossen hat. Obwohl das Parlament dazu nein sagte, blieb er in Kraft, siehe oben.
Noch Fragen? Völkerrechtler fragen.
PS: Eines der wenigen Länder, welches den Wiener Vertrag nicht unterzeichnet hat, sind die USA. Soviel zu deren Vertrauenswürdigkeit, wenn man sich mit ihnen für Verhandlungen an den runden Tisch setzt.
Credits: h.s.
brave new world meint
Merke: Völkerrecht interessiert in der Schweiz nur dann, wenn es gegen unser Land ins Spiel gebracht werden kann. Wenn es uns ausnahmsweise mal was nützen würde kümmert das kein Schw..n
merlinx meint
Anstatt am Bankgeheimnis festzuhalten könnte ja in den Bächen am Napf wieder mehr Gold gewaschen werden …
Nein, Verträge hin oder her, der Sonderweg der Schweiz hat seinen Preis, das ist der Grundtenor der Staatengemeinschaft, der hier anscheinend nicht gern gehört wird.
Letztlich handelt es sich ja um fremdes Geld, das in den Schweizer Banken nur „veredelt“ wird.
Wir sollten uns unsere Freiheit und Originalität was kosten lassen.
Irgendwann sehen das auch die Herren Banquiers ein.
M.M. meint
Es geht hier nicht um die Banken, sondern um das Völkerrecht. Ob es sich nun um Asylbewerbervereinbarungen handelt oder um Steuerabkommen, ist einerlei.
Ich finde es einfach interessant, dass im Nationalrat viele davon reden, aber offensichtlich kaum jemand so richtig Bescheid weiss.
Henry Berger meint
Wirklich interessant, was Sie hier „ausgegraben“ haben. Andrerseits fragt man sich dann halt schon, für was sollten dann Staatsverträge noch durch die Parlamente ratifiziert werden? Im Prinzip können also Staat A und Staat B – ohne jeglichen Einbezug ihrer nationalen Parlamente – einen Staatsvertrag ausverhandeln, an welche man dann aufgrund der von Ihnen erwähnten Wiener Übereinkunft gebunden wäre.
Müsste man dann hier nicht das Verfahren ändern – d.h. die Parlamente wären eigentlich viel früher einzubeziehen, denn wenn der Vertrag steht ist es ja zu spät….
M.M. meint
Das ist in der Tat so. Es gibt jede Menge solcher Staatsverträge „in Schwebe“. Aber das macht schon Sinn, nämlich den, dass ab dem Tag der Unterschriftsleistung Rechtssicherheit auf beiden Seiten herrscht.
Ansonsten müsste man ja sagen, dass so eine Unterschriftsleistung eines Bundesrates oder Finanzministers reine Show für die Fotografen wären, die Unterschrift eines Ministers oder Bundesrates nichts wert.
Will die nächste Regierung so einen Staatsvertrag rückgängig machen, bleibt ihr noch die Möglichkeit, „die Unterschrift zurückzuziehen“.
Herr Bush hat das mit der Unterschrift von Herrn Clinton beim Kyoto-Protokoll gemacht.
Im Falle Deutschlands könnte dieser Fall auch eintreten. Nur würde er eine schwere Schlappe für Herrn Schäuble bedeuten. Deshalb wird er seine Unterschrift wohl kaum zurückziehen.
Deshalb begreife ich die Hektik der Schweizer nicht so ganz.
Henry Berger meint
Da fällt mir gerade die Unterschrift unter dem EWR-Vertrag ein, die doch ein Schweizer Bundesrat (welcher?) geleistet hat.
Trotzdem vielleicht die Regeln ändern: Erst Verabschiedung durch Parlament und dann Unterschrift….
M.M. meint
Den hat man nach der Abstimmung gekündigt.
Fred David meint
Nun hört aber langsam auf mit diesen Trickserspielchen. Die Schweiz macht sich lächerlich.
Der nächste Hammer schwingt schon. Wenn den an den Rettungsschirm Milliarden und Milliarden zahlenden EU-Staaten einmal klar wird – und es wird ihnen ziemlich bald klar werden -wieviel griechisches Schwarzgeld auf Schweizer Konten dank Schweizer Nachhilfe ruht, muss die Schweiz ein paar sehr konkrete Antworten parat haben , und dann nicht wieder jammern: Man setzt uns unter Druck, uns Arg- und Harmlosen.
So benimmt sich kein erwachsenes Land.
merlinx meint
Irgendwann scheint auch bei Wirtschaftsliberalen der Punkt erreicht und sie nur noch „pacta sunt servanda“ rufen
können …
Wahrscheinlich wenn’s an Eingemachte geht, aber da waren ja die Schweizer Banken so was von schlau und
naschhaft …
Es sieht so aus, als wäre dieser Bereich, Geld, Steuern, Finanzen, Banken etc. durch das
Völkerrecht à tout prix nicht zähmbar, – oder man schaute, ob aus Absicht oder Fahrlässigkeit sei dahingestellt, jahrzehntelang nicht so genau hin. Wildwuchs ist eine Folge, Verlockung zu Abenteuern die andere.
Das ist eigentlich ein unglaublicher Vorgang, wenn man bedenkt, in welch technologisch hochgerüsteten Umfeld sich alles abspielt (K.H. hat
sich ja nicht eine Geldkatze um den dicken Bauch geschnallt und in der Prärie rumgetrieben, – dieser Finanz-Houdini soll jetzt zeigen, wie er sich entfesselt …).
Es stimmt, in unserer CH-Wirtschaft hängen wichtige 10% an diesem Zweig, unzählige Arbeitsplätze sind damit verbunden. Eine Lösung ist in Sicht, weil der „sanfte“ Druck von aussen anhalten wird, – aber schon zu jammern, wir befänden auf der Verliererseite, das ist nun wirklich nicht glaubhaft.
Es steht einiges auf dem Spiel, das wir nicht missen möchten. Auch unser schlechter Ruf ist gefährdet, und
das wiederum ist doch nicht so übel …
Man hat seit der Angelegenheit der nachrichtenlosen Vermögen nichts dazugelernt, weder in Bern, noch bei den Banken, aber diesmal können sie, dei Banken, von den Überlebenden wenigstens keine Totenscheine mehr verlangen …
Fred David meint
@) merlinx: K.H. ein Finanz-Houdini? Vor ein paar Wochen noch war er der grosse Zampanoo der hiesigen Bankenszene, der auf alles eine geschliffene Antwort wusste, auf allen Kanälen, în allen Sälen.
So schnell kann die Realität einen einholen. Und es bleibt nicht sehr viel von dem Bombast übrig.
Die Medien, die ihm jahrelang zu Füssen lagen sind so perplex von seinem flinken Abgang, dass es ihnen die Sprache verschlug. Es wäre doch mal eine grosse K.H.-Hintergrundstory angebracht. Stoff gäbe es reichlich. Aber nix da. Schweigen.
…und dass unser schlechter Ruf hoffentlich ernsthaft gefährdet sei, ist eine runde Pointe…
merlinx meint
Noch was zum Frustrationsverbot – welch herrlicher Passus aus dem Handbuch zur Pazifizierung der Völker!
Ist ja ein Versuch wert, die Waffen aussen vor lassen, die Hände auf den Tisch und den Blick gerade aus. Die richtigen Worte finden für Befürchtungen und Entschuldigungen.
Nach der Zerstörung der Wiederaufbau, anstelle Verstörung die Beschwichtigung.
Aber wie spannend: Im konkreten Fall (CH – D) werden diese um die richtigen Formulierungen ringenden Diplomaten und Juristen von zwei Frauen befehligt, – was uns sehnlichst auf neue, originelle und raffinierte Lösungen zur Haushaltführung hoffen, aber auch angst und bange werden lässt, weil wir nicht sicher sind, ob sie dieses Frustrationsverbot auch kennen … und uns am Ende nicht doch einen falschen Hasen auftischen, wo wir doch einen richtigen Braten erwartet haben …
Fred David meint
Wir sollten vom hohen Ross langsam aber sicher herunterkommen, zumal das Ross lahmt. Wir hatten mindestens zehn Jahre Zeit,einen sanften Uebergang hinzukriegen. Wir hätten mit Deutschland vor Jahren schon ein für die Schweiz sehr gutes Abkommen aushandeln können. Die Arroganz der Banken hat das verhindert („Das Bankgeheimnis ist nicht verhandelbar“! Wer sagte das nochmal? Und wer hat es sofort fahrenlassen, als es unbequem wurde?)
Die Politik war zu schwach sich durchzusetzen. Immer noch so zu tun, als könnten wir dieses Spiel ohne Schaden für das Land weitertreiben, ist ziemlich abenteuerlich. Die Schweiz eignet sich nicht für solche Abenteuer.