Leser Meyer hat dieser Tage folgende Fragen gestellt:
Fehlt einem denkenden Mensch nicht die professionelle Herausforderung und Erfüllung?
Wie bezahlt man ohne Erwerbstätigkeit Ende Monat die Miete und Krankenkasse?
Das sind genau die Fragen, die sich ziemlich viele stellen, wenn sich die Geburtstage der Zahl 60 im Eilschritt nähern.
Ich habe in den letzten Jahren immer wieder mal Leute gefragt, die mir ein paar Jahre voraus sind, wie sie es denn so halten, nicht mehr berufstätig zu sein. Wie sieht denn so ein unorganisierter Tag aus? Und vor allem: Wieviel Geld braucht man eigentlich, um in etwa den Lebensstil weiterzuführen, das man bis anhin während Jahren gepflegt hat. Wie wird man überhaupt damit fertig, wenn man aufhört?
Ich habe – man könnte den Mut verlieren – sehr viele demprimierte Rentner getroffen.
Denen passiert das, was sie immer befürchtet haben: Sie fallen kurz nach 12.00 Uhr, wenn alle auf dessen Pensionierung angestossen haben, die Geschenke für auf den Weg auf’s Ruhebänklein verteilt sind und die anderen sich bereits wieder Gedanken über die anstehende Arbeit machen, in ein tiefes Loch.
Und hocken zuhause und nerven ihre Frauen.
Eine gute materielle Absicherung wirkt keineswegs als Gemütsaufheller. Ich habe mit Leuten geredet, die wurden materiell gut ausgestattet mit 62 in die Rente geschickt, weil die Arbeitsverträge dies so vorsahen. „Ist doch toll“, meinte ich (damals 59) zum seitzweijahrenfürimmerbeurlaubten Radiomitarbeiter, „gutes Geld, viel Zeit, was will man mehr?“
„Ich habe enorme Mühe, mich zurecht zu finden“, lautete dessen Kommentar.
Ein anderer Bekannter von mir, inzwischen 70, meinte, ihm gehe es seit einem Jahr etwas besser. Er habe sich jetzt mit seiner Pensionierung abgefunden. Von Kurierdiensten über Buchhalterjobs bis zum Einkaufstester hat er immer wieder Beschäftigungen gesucht. Der Mann war mal CEO eines mittelgrossen Industrieunternehmens.
Das ist trist. Ich mag das selbst nicht lesen.
Ich möchte jetzt nicht all die mehr oder weniger klugen Tipps weiterreichen, die man dem Vernehmen nach in den von vielen Unternehmen angebotenen Vorbereitungsgesprächen auf die Pensionierung erhält, die man zusammen mit seiner Frau besucht.
Konzentrieren wir uns also aufs Wesentliche:
- Du bist frei.
- Es gibt kein Zurück mehr.
- Du kannst/musst nichts mehr werden.
- Es ist völlig egal was du tust und es ist völlig wurst, was andere von dem denken, was du tust.
- Es gibt von nun an kein Richtig und kein Falsch mehr. Das Endergebnis ist früher oder später für alle dasselbe.
- Ändere dein Leben.
- Backe Brot.
Stefan Peter meint
Autonomie und Selbstunternehmung war wohl vorher schon das Programm. Mit dem doppelten Boden eines sozialen Sytems und der Schutzburg Familie – Freiheit als Einsicht in ihre Bedingtheit und Abhängigkeit. Musse jetzt macht nur Sinn im Zusammenhang mit der geleisteten Arbeit.
Freiheit existentieller zu wagen, könnte heissen, Frau und Heim zu verlassen.
Es gibt Menschen, welche zur Freiheit durch eine Krankheit gezwungen werden.
Freiheit ist Mut oder Not, zu verschwinden und seine Spuren zu löschen. Ferienreisen, Bücher und die Bearbeitung von Mutter Erde tönt nach Treibhausfreiheit, wie wir hier alle Indianer sind