Soll ich diese Woche etwas zur Spitaldiskussion oder doch besser etwas zum Ende des schrecklichen, weil wahlkampflosen Parteiendaseins im Landkanton schreiben?
Der Kompromiss wäre wohl, beides miteinander zu verknüpfen.
Schliesslich ist das schweizerische System allen anderen politischen Systemen deshalb haushoch überlegen, weil der Kompromiss etwas Positives ist.
Zu den Gepflogenheiten gehört auch, dass man zuerst lobt, bevor man jemandem an den Karren fährt.
Also: Die FDP hat vollkommen recht.
Es gehört nicht zu den Aufgaben eines Kantons, Spitäler zu betreiben. Er hat einzig und allein dafür zu sorgen, dass der Bevölkerung die nötige medizinische Versorgung zur Verfügung steht, egal wer diese erbringt.
So sieht es die am 1. Januar 2012 in Kraft getretene Teilrevision des Krankenversicherungsgesetzes vor: Öffentliche und private Spitäler sind grundsätzlich gleichgestellt.
Folgerichtig hält die FDP in ihrer Pressemitteilung fest, der Kanton Basel-Landschaft soll «Gesundheitsdienstleistungen einkaufen statt selber Institutionen betreiben.»
Vor ziemlich genau vier Jahren, mit Beginn der Spitaldiskussion, habe ich auf meinem Blog geschrieben:
Wenn wir also tatsächlich bürgerlich denkende Politiker hätten, was einst so viel bedeutete wie die Marktwirtschaft favorisierend, dann gäbe es eine auf der Hand liegende Lösung für die Spitalfrage im Landkanton: Die drei Spitäler Liestal, Bruderholz und Laufen werden verkauft. An den Meistbietenden. Der Kanton formuliert wie beim Tram einen Leistungskatalog und schreibt die Spitäler international aus. Die Privatgruppe, welche das Anforderungsprofil am besten erfüllt, bekommt das Bruderholz oder Liestal oder Laufen zugeschlagen.
Doch so etwas hat die FDP bis heute nicht gewagt in aller Öffentlichkeit zu sagen. Weil sie genau weiss, dass sie dafür nie und nimmer eine Mehrheit zusammenbekommt.
Deshalb kann sie sich darauf beschränken, ihre Privatisierungsidee ohne politisches Risiko zu simulieren. Indem sie ihrer Forderung ein einschränkendes «langfristiges Ziel» davorsetzt.
Genau deshalb ist das, was die FDP jetzt verbreitet, nicht nur verlogener Unsinn, sondern auch verhaltenstypisch für Politiker aller Couleur: Man erkennt zwar das Problem, verschiebt dessen Lösung jedoch auf den Sankt-Nimmerleins-Tag.
Bringen wir es auf den Punkt: Das Kerngeschäft der Parteien ist die Bewirtschaftung von Wählerstimmen.
Deshalb hat sich die FDP dazu entschieden, in der Spitaldiskussion auf Opposition zu machen. In der Hoffnung, punktgenau auf die Wahlen 2019 für die Spitalfusionsgegner aller Schattierungen zum Sammelbecken des Unmuts zu werden.
Solches Verhalten ist verantwortungslos für eine Partei, die mit gleich zwei Regierungsrätinnen politische Verantwortung trägt.
Denn wir schreiben inzwischen das Jahr 2018.
Jetzt geht es nicht mehr um «man könnte, man müsste», sondern um konkrete Entscheidungen zu einem Kompromiss.
Auf dem Spiel steht die medizinische Forschung und Lehre am Universitätsspital Basel und die Zukunft des Kantonsspitals Baselland.
Wäre es der FDP ernst mit der Privatisierung und würde sie sich entschlossen um eine Lösung bemühen, dann müsste sie den Verkauf der Baselbieter Spitalgruppe an Basel fordern.
Denn zur nüchternen Einschätzung gehört auch, dass nicht wenige Player auf einen Konkurs des KSBL wetten.
Weil damit der Markt für sie kostenlos bereinigt wäre.
Zuerst erschienen in der Basler Zeitung vom 17. Januar 2018.
Marc Schinzel meint
1. Amerikanische Verhältnisse sind unerwünscht;
2. BL muss keine Spitäler betreiben, kann es aber und tut es heute;
3. Minderheitsbeteiligung 30:70 für alle Seiten unbefriedigend, „Quadratur des Zirkels“: BL kann sich Parität (170 Mio Franken zusätzlich einschiessen, dazu kommen PK-Risiken) nicht leisten, in BS wird man Minderheitspartner BL kaum paritätische Mitbestimmung einräumen wollen, BL möchte seinerseits nicht von BS majorisiert werden;
4. Verkauf an BS m.E. wenig realistisch, weil in BS viele annehmen, dass Restrukturierung KSBL mit oder ohne Spitalfusion ohnehin kommen wird, zudem gibt es rechtliche Bindungen (Laufentalvertrag), auch fände man in BL kaum Mehrheit dafür;
5. Unter diesen Umständen ist es m.E. sinnvoller, wenn BL, gestützt auf die in der Vorlage zur gemeinsamen Gesundheitsplanung mit BS vorgesehenen Steuerungsinstrumente, die Restrukturierung bzw. Redimensionierung des KSBL selber durchführt. Mit der Fusion in der heute bekannten Ausgestaltung würden wir uns Optionen verbauen und Bindungen eingehen, deren Risiken beträchtlich sind.
Bringold Margareta meint
Na Herr Schinzel, lässt M.M. Sie hier wieder mitschinzeln?
M.M. meint
Yep 🙂
Sissachr meint
Da bin ich nicht ihrer Meinung. Eine komplette Verstaatlichung des gesamten Gesundheitswesen ist das Einzige, was uns aus dem Schlamassel noch retten kann: Ärzte, Pfleger, Krankenkassen – alle werden Staatsangestellte. Dass die marktwirtschaftlichen Ansätze bei der medizinischen Grundversorgung total versagen, zeigen Auswüchse wie ein TarMed mit 5000 (?) Positionen oder die Tatsache, dass privat versicherte Personen 2,2 mal so oft am Knie operiert werden als normal versicherte (es rentiert sehr gut). Natürlich darfs auch einen privaten Medizinalsektor geben, so wie es Privatschulen gibt. Das soll dann aber der Private bezahlen.
M.M. meint
ich denke nicht, dass wir
amerikanischebritische Verhältnisse im Gesundheitswesen wollen. Aber wie gesagt, auch ich bin der Meinung, dass es nicht Aufgabe des Kantons ist, eigene Spitäler zu betreiben.Angesichts der sich abzeichnenden Minderheitsbeteiligungen (70:30) wäre es konsequent, Basel-Stadt das KSBL zum Kauf anzubieten.
Eine Minderheitsbeteiligung ist für alle eine unbefriedigende Lösung. Nur, dafür gibts keie Mehrheit.