Herr Kämpfer, der Präsident der Baselbieter SVP, möchte auch mal auf arlesheimreloaded erwähnt werden.
Habe ich gehört.
Also dann: Dieser Beitrag ist ihm gewidmet, damit er weiss, was er in den nächsten Monaten zu tun hat. In diesem Beitrag geht es nämlich um die bürgerliche Strategie für die anstehenden Regierungsratswahlen.
Klar, er könnte alles auch anders machen. Aber: Herr Kämpfer ist doch nicht blöd, oder?
Die Sache ist die, dass ja nicht wenige Journalisten und Parteigänger ernsthaft der Meinung sind, bei Regierungsratswahlen handle es sich um Persönlichkeitswahlen.
Das ist Quatsch.
Was wirklich zählt, ist einzig und allein das Stimmenpotential, über das eine Partei oder noch besser, ein Bündnis verfügt.
Also: die Büza bringt 48 % Wähleranteil auf die Waage. Weil dem so ist, hat Büza-Kandidat Lauber, immerhin ein politisches Schwergewicht, gerade mal 53 % Wählerstimmen geholt, während der weitgehend unbekannte Herr Jourdan, ein Leichtgewicht, immerhin 46 % erreicht hat.
Und ein gewisser Herr Weber liess mit einem fast identischen Prozentergebnis den grossartigen Herrn Nussbaumer hinter sich.
Was zeigt: Regierungsratswahlen sind keine Persönlichkeitswahlen. Die Parteien können bringen, wen immer sie wollen.
Womit wir bei der Frage wären, ob die Bürgerlichen in den Regierungsratswahlen auf Erfolg spielen wollen oder nicht. Denn wenn sie es taktisch klug angehen, gibt es gesicherte vier Regierungsratssitze zu holen, unter Umständen sogar alle, nämlich fünf.
Folgende Varianten kann man umsetzen:
Man beschränkt sich auf die Büza, kommt mit vier Kandidaten und hat so drei Sitze auf sicher. Der zweite SVP-Kandidat wird nicht gewählt, weil ihm die entscheidenden Stimmen der FDP- und CVP-Parteigänger fehlen.
Die Linke verteidigt ihre beiden Sitze.
Mit Büza-Plus, also mit der BDP im Beiboot erhöht sich das Wählerpotenzial auf 52 %. Damit wird die Wahl zwar noch immer zu einer Zitterpartie, weil die BDP über keine ernstzunehmende Kandidaten verfügt, weshalb man in dieser Konstellation ebenfalls mit einem Viererticket antreten muss.
Büza-Plusplus: Wollen es die Bürgerlichen jedoch tatsächlich wissen, dann holen sie nicht nur die BDP ins Boot, sondern auch noch die GLP und die EVP, steigen also zusammen mit der unter der Führung der CVP erneut vereinigten Mitte in die Regierungsratswahlen.
Damit steigt der Wähleranteil dieser Wahlkampfvereinigung auf satte 67 % Prozent. D.h., der zweite SVP-Sitz in der Regierung ist damit auf Nummer sicher.
Weil, man geht auf Tutti: Fünf Sitze.
Damit treibt man den finalen Keil zwischen die Grünen und die SP. Bei beiden Parteien geht es jetzt um Sein oder Nichtsein, wobei die Grünen die weitaus schlechteren Karten haben.
Die Aussicht auf eine rein bürgerliche Regierung im Kanton Baselland ist nicht die Taube auf dem Dach, sondern 2015 der Spatz in der Hand.
Mit dieser Ausgangslage können wir zur Frage übergehen, wer denn überhaupt als Regierungsratskandidat der bürgerlichen Mitte in Frage käme.
Unsere Einschätzung sieht so aus:
- BDP: weit und breit niemand. Punkt.
- CVP: Kommt mit Herrn Lauber, keine Frage.
- EVP Herr Jourdan hat einen neuen Job in Zürich angetreten, möglich also, dass er demnächst das Baselbiet verlässt. Die EVP haben jedoch ein anderen Kandidaten in ihren Reihen, der wählbar wäre: Bethesda-Spitaldirektor Thomas Rudin.
- FDP: Frau Pegoraro muss gehen (grosses Abwatsch-Risiko, siehe Herr Krähenbühl). Die Neuen: Herr Hiltmann wird als Shooting Star gehandelt, was gut tönt, aber auf Deutsch übersetzt „Sternschnuppe“ bedeutet. Ergo: Reservekandidat. Die jeweils im gleichen Atemzug genannte Frau Gschwind ist einfach nur nett.
Es gibt jedoch zwei Kandidaten, die ohne Diskussion aufs Ticket kämen, wenn sie denn nur wollten: Herr Buser, Wirtschaftskammerdirektor, der allerdings kaum wollen will und Herr Richterich, Fraktionspräsident und Unternehmer aus dem Laufental. Wenn der einsieht, dass die besten Zeiten für Swimmingpools vorbei sind (Stichwort MEI) und man ihn auch sonst ein wenig bekniet, wird er antreten. - GLP: Da gibt’s eigentlich nur zwei, den Herrn Schafroth. Der hat den Vorteil, dass er die Kampagne aus dem eigenen Sack bezahlen würde. Und dann steht noch Hector Herzig bereit, weil den das Amt ohne Zweifel juckt.
- SVP:: Thomas Weber ist gesetzt, obwohl er in der Spitaldirektorenverwaltungsratsfrage dem geneigten Publikum sich als Zauderer darstellt.
Trumpf-As: Anders als die anderen bürgerlichen Parteien hat die SVP sogar eine Frau im Angebot und zwar eine, die auch FDP- und CVP-Wähler_innen ansprechen könnte: Landrätin Caroline Mall aus Reinach. Die Bildungspolitikerin könnte nach langen Jahren die Sozialdemokraten aus der Bildungsdirektion kippen. Eine bürgerlich geprägte Bildungspolitik täte dem Landkanton ziemlich gut.
Lieber Herr Kämpfer, zum Schluss noch der Terminplan:
Spätestens im Juni muss der Deal stehen. Angesichts dieses eigentlich unmöglichen Wahltermins im Februar 2015 müssen die Büza-Pluplus-Kandidaten im August nominiert werden.
Denn den Linksgrünen bleiben nur zwei Hoffnungen: dass die Bügerlichen dieses Zeitfenster verpassen oder mit der Schmalspur-Büza antreten.
Allerdings, Herr Kämpfer, gibt es da noch ein klitzekleines Problem.
Nach der MEI-Abstimmung ist es mehr als eine Frage des guten Geschmacks, ob man sich als Bürgerliche-Mitte-Partei mit der SVP ins Bett legt.
Wer kapiert hat, dass in den nächsten drei Jahren ein von Ihrem Oberguru angezettelter finaler Kampf um fundamentale Werte stattfindet, der kann mit der SVP keine Deals mehr machen.
Chienbäsebärti meint
Widerspruch für die Behauptung „…Zitterpartie, weil die BDP über keine ernstzunehmende Kandidaten verfügt…“ Noch nichts vom kommenden Mann Marc Oliver Bürgi, Pratteln, gehört?
Henry Berger meint
Ja, da haben Sie Recht – aber die Frage ist wirklich nicht so einfach zu beantworten. Der SVP-ler im Gemeinderat der Gemeinde XY ist halt auch ein „glatte Siech“ und selbstverständlich geht man nach der Gemeinderat-Sitzung miteinander ein Bier trinken, vielleicht versteht er sich grundsätzlich mit seinem SP-Kollegen sogar sehr gut (bis halt auf ein paar Punkte…) Sollte die Partei völlig isoliert werden, d.h. KEINE Zusammenarbeit auf KEINER Ebene??? Stösst man damit nicht die Wähler vor den Kopf? Ich habe kein Patentrezept….
Henry Berger meint
Wohl generell die zukünftige Frage in der Schweizer Politik: Wie mit der SVP umgehen?
Baresi meint
Wäre das nicht schon die Frage in der jüngeren Vergangenheit gewesen, auch ohne MEI?
G. Koller meint
Da schäumt das Bier,
da zittert der Schnurrbart –
es lebe der virtuelle Stammtisch!
Nein, wirklich exzellent vorauserzählter „Albtraum“, tolle Pointe am Schluss!