Flagge von (Nord)Vietnam am rechten Ufer als wäre hier noch immer eine Grenze. Rechts die alte Holzbrücke dient nur noch dem „kleinen Touristenfussgängerverkehr“.
Wir waren heute von Hué aus nach Norden über die ehemalige Grenze zwischen Nord- und Südvietnam gefahren. In diesem ehemaligen Grenzgebiet liegen die Vinh Moc Tunnel, wo sich 94 Familien sich in einem mehrstöckigen Tunnelsystem vor den Bombardements der US-Airforce zu schützen suchten.
Die Erkenntnis, die man beim Besuch der Anlage gewinnt, ist nicht neu: Krieg trifft auch die Falschen.
Gegen Abend zurück im Hotel habe ich nochmals die Zusammenfassung des Vietnamkrieges auf Wikipedia gelesen.
Der eigentliche Wahnsinn der Ereignisse (bis heute) liegt darin, dass man die einzelnen Massnahmen der jeweils Agierenden nachvollziehen kann, d.h., es so aussieht, als handelten die Beteiligten rational. (Die Schwäche der Wikipedia-Betrachtung liegt darin, dass die Entscheidungsvorgänge im kommunistischen Norden nicht derart ausführlich dokumentiert sind, wie jene der Südpartei und der USA).
Meine Schlussfolgerung: vermeintlich rationales politisches Handeln basiert offensichtlich immer auf absurden Vorstellungen und Annahmen, egal von welcher Seite und von welchen Parteinehmern. Was ich mit folgenden Zitaten zu belegen versuche:
Ho wurde seit 1920 Anhänger der Imperialismustheorie Lenins, wonach der Kapitalismus in ein weltweites Endstadium getreten und seine Herrschaft durch Volksaufstände in industriell unterentwickelten Ländern am ehesten zu brechen und langfristig zu überwinden sei.
Die SU unter Josef Stalin blieb nach dem Zweiten Weltkrieg an guten Beziehungen zu ihrem Kriegsalliierten Frankreich interessiert und unterstützte Hos Unabhängigkeitsstreben offiziell daher nicht, trug aber mit Waffenlieferungen zum Sieg der Vietminh im Indochinakrieg bei.
Zu Beginn des Koreakrieges im Juni 1950 entsandte Truman gleichzeitig US-Militär nach Südkorea und Indochina, um die VRC zu schwächen und Frankreich für den Aufbau der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft in Westeuropa gegen den Ostblock zu gewinnen.
Ab 1955 ließ Diem Dorfbewohner der im zentralen Hochland lebenden Bergvölker (Montagnards) umsiedeln, ihr Land konfiszieren und an etwa 210.000 meist katholische Anhänger übergeben, um ein soziales Bollwerk gegen eine Infiltration der Vietminh zu schaffen.
Infolge der Kubakrise sollte die neue Strategie der Flexible Response den Handlungsspielraum der USA gegenüber kommunistischen Staaten und Aufstandsbewegungen erweitern, ohne einen Atomkrieg zu riskieren. Darum ordnete Kennedy einige verdeckte Militäroperationen gegen Nordvietnam an und erhöhte die Zahl der US-Militärberater in Südvietnam bis 1962 von 400 auf 16575.
Nach dem Attentat auf Dutschke im April 1968 flauten Antikriegsproteste ab, andere Themen traten in den Vordergrund.
Die USA wollten Nordvietnam nicht erobern und seine Existenz nicht gefährden, um keinen Atomkrieg mit der SU und/oder der VRC zu riskieren. Sie wollten Südvietnam solange halten, bis Nordvietnam es anerkennen und seine Infiltrationsversuche einstellen würde.
1997 eröffneten beide Staaten Botschaften in Washington und Hanoi und vereinbarten ein Programm, mit dem vietnamesische Offiziere US-Soldaten im Dschungelkampf ausbildeten.
Der Eingang Nr. 3 zu den unterirdischen Schutzstollen.