Besuch aus der Schweiz. Sehenswürdigkeiten abgehakt. Besuch des Petersdom zum Beispiel.
Die Schlange belegt um vier Uhr nur noch ein Viertel des Petersplatzes. Am Morgen waren’s Dreiviertel gewesen und zuvor noch rauf und runter in zusätzlichen Absperrkanälen.
Sonst wären die Leute einmal rund um den Platz gestanden. Mindestens.
Die Viertelschlange bedeutet, dass man noch immer einheinhalb Stunden anstehen muss, bis man die Sicherheitsschleusen hinter sich gebracht hat.
Dann die Treppe hoch, durch die Vorhalle und die grosse Türe – und man steht in diesem gewaltigen Raum, der einem eigentlich in Erfurcht erstarren lassen sollte.
Aber man ist ja nicht allein.
Von Besinnlichkeit ist keine Rede. Der Petersdom ist für die meisten Besucher auch nur Angkor Wat oder der Taj Mahal.
Ein ViP aus einem Golfstaat, Typ leicht übergewichtiger Schnösel, mit fünf verschleierten (!) Frauen im Schlepptau, ist offenbar derart ViP, dass er gleich von mehreren Bodygards – Muskeln plus Hörknopf im Ohr – geschützt werden muss.
Im Petersdom.
Ein Mann vom Gendarmeriekorps des Vatikan bahnt der Gruppe den Weg. Bleibt die Gruppe stehen, scharen sich die Bodyguards um den jungen Mann, scheuchen mit für alle verständlichen Gesten Besucher weg, die zu nahe ran kommen.
Die Frauen stehen sonst wie rum.
Es gibt ein Programm von Rom Tourismus für 900 Euro, dank dem man bei den Must Sees der Stadt nicht anstehen muss.
Das ist für möchtegern Vips.
Die nächste Stufe ist der Service, den zum Beispiel die American Express Centurion Card bietet. Dann kommt der Service der lokale Botschaft.
Die Gruppe wird durch ein Absperrgitter gelassen und schaut sich den hinteren Teil des Doms an. Dort sind sie ungestört. Weil dieser Teil fürs Publikum gesperrt ist.
Was für ein Schauspiel.
Es passt zur seltsamen Ambience, welche den Charakter und die Atmosphäre dieses Baus ausmachen: Im fehlt der Charme des Alters anderer Kirchenbauten in Rom. So ist er anders als diese irgendwie zeitlos, was man mit steril übersetzen kann.
Gut, vielleicht bin ich da ein wenig voreingenommen, weil ich schon seit Jahren für religiöse Gefühlsduseleien nicht mehr erreichbar bin.
Auch nicht im Petersdom.
Auf dem Platz draussen, bei der Krippe dudelt aus dem Lautsprecher „Jingle Bells“. Kein Witz.
Beim Kolosseum mussten wir nicht anstehen. Wir waren zeitig da.