Wenn man es bis anhin nicht anderes gewohnt wäre, müsste man sagen, dass Frau Pegoraro beim U-Abo sich im Interesse der TNW-Partner der vereinigten Opposition gestellt hat.
Wenn sie also diesmal nicht einfach wieder unbedarft drauflos geplaudert hat mit ihrer Bemerkung „Das U-Abo ist ein Auslaufmodell“, wenn dies also eine wohlüberlegt platzierte Provokation war, dann verdient sie unseren Applaus.
Nehmen wir also an, die Sache sei mit den anderen TNW-Partnern wenn nicht abgesprochen, widerspiegle aber die TNW-internen Diskussion, dann handelt sie so, wie dies in einem solchen Fall jeder Wirtschafdtsführer tut.
Man lässt mal einen Luftballon steigen, damit der Gegner drauf schiessen kann. Bis ihm die Munition ausgeht.
Wenn dann das neue Pricing präsentiert wird, ist alles halb so schlimm, obwohl dreissig Prozent teurer als zuvor.
Wenn also tatsächlich hinter dem Satz „Das U-Abo ist ein Auslaufmodell“ eine Strategie steckt, dann ist klar, dass Frau Pegoraro, die nicht mehr wiedergewählt werden muss und deren Oberbaselbieter Klientel am meisten vom bedingungslosen transportären Grundeinkommen profitiert, ohne Risiko die Buhfrau spielen kann, ja spielen muss.
Die Argumentation der Grünlinken ist genau so veraltet, wie das Einheitstarifabo. Oder diese Kartonmehrfahrtenkarte, die wir nutzen (Zone 2). Denn deren Behauptung, die Leute würden beim Wegfall der Subvention aufs Auto umsteigen, stammt aus den 80er Jahren als Arbeitgeber nur dann Personal fanden, wenn sie einen Parkplatz am Arbeitsplatz anbieten konnten.
Tempi passati.
Heute stellt sich die Frage, wohin mit der Karre, wenn man nach der Fahrt von Laufen nach Basel aussteigen muss?
Wenn Frau Pegoraro ein modernes Zahlsystem nach tatsächlich gefahrener Strecke in Aussicht stellt, dann kann eine Lösung so etwas wie die Oyster-Card in London – auch via Handy-App und Kreditkarde nutzbar – sein.
Und das wäre gut.
Aber: Allein, mir fehlt derzeit der Glaube, dass Frau Pegoraro für einmal tatsächlich einer Strategie folgt und bei der bz nicht einfach wieder unbedarft drauflosgeplaudert hat.
Nachtrag: Vorläufig keine Oyster-Card für die TNW-Region:
Es wäre kurzsichtig, jetzt die Leute mit einer komplizierten Zonen-Lösung für U-Abos zu verärgern und dann einige Jahre später zu kommen und zu sagen: Jetzt haben wir eine Super-Lösung, etwa mit Chipkarten, die eine automatische Abrechnung ermöglichen, wie es bereits in anderen europäischen Städten funktioniert.
Heiner Schäublin meint
Von Salis (Historiker und liberaler Leuchtturm der Freiheit) hat sich in einem Interview in den schwarzweissen Sechzigern darüber beklagt, dass (als er in Basel «weilte» und das Tram auf dem Nachhauseweg benutzen musste) ihn nur etwas beelendete: Der Gestank der Arbeiter, die ebenfalls in diesen Trams auf dem Nachhauseweg waren.
«Road Pricing», «Kostenwahrheit» und «transportäres Grundeinkommen» spiegeln sprachlich die Verachtung derer, die ihr Geld arbeiten lassen und abends davon müde sind. Im Grund geht es für die nur um eines: Ungestört immer und überall unter ihresgleichen reisen zu können. Viel Vergnügen.
Meury Christoph meint
Wie wär’s mit einer Mehrfachstrategie?
Eine Oyster-Card für das einfache und sichere Zahlungshandling und für die Berechnung & Bezahlung der tatsächlich gefahrenen Kilometer (löst aber das Tarifproblem und die Abotarif-Bedingungen nicht).
In jedem Fall: Die Preise müssen attraktiv sein (man will keine Fahrgäste an den Privatverkehr verlieren).
PS.: Eine solche elektronische Lösung würde aber die TNW-Partner in diesem Jahrhundert überfordern. Ich kann beispielsweise im Jahre 2016 mein Jahresabo immer noch nicht per E-Banking bezahlen und der Quittungswisch der Post gilt 1 Jahr lang als Abo – unglaublich!
Parallel wird der Privatverkehr in die Stadt gedrosselt. Es gibt weder für die Agglo, noch die Oberbaselbieter ein verbrieftes Recht in die Stadt zum Shopping & Kulturkonsum zu blochen. Ausser man bezahlt per Road Pricing die Benutzung der begehrten Infrastruktur. Zu Stosszeiten ist die Benutzung der städtischen Zugangsstrassen teurer (Steuerungsmassnahme).
Drittens: Die Velowege werden als schnelle Zubringer mit Vortrittsrecht ausgebaut, um damit für den täglichen Berufsverkehr per Velo attraktiv zu machen (schnell, sicher und effizient mit dem Velo oder E-Bike in die Stadt).
Zu guter Letzt: Parkhäuser an ÖV-Linien, aber ausserhalb des Zentrums (Park & Ride) und grosszügige Parkhäuser für Velos rund um die Innenstadt.
M.M. meint
auch das ist völlig veraltetes Denken. Denn diese Diskussion mache ich jetzt schon seit den 80ern des letzten Jahrhunderts mit. Niemand fährt mit dem Auto von Laufen nach Münchenstein und stellt sein Auto in die Park-and-Ride-Garage. Weil, das koszet mehr als dass das U-Abo aufschlagen könnte.
Also hört auf, Autofahrer zu bemuttern. Du hast einen Parklatz am Arbeitsplatz, dann nimmst du das Auto, egal wie hoch die kantonal Subvention ist. Du hast keinen, also nimmst du das Tram.
Meury Christoph meint
Ob veraltetes Denken oder nicht, bei den AutofahrerInnen gibt es noch kein Umdenken. Täglich staut sich der Verkehr in Birsfelden zuerst in der einen, dann in der anderen Richtung. Auch in den Querstrassen. Und auch an den Wochenenden.
Von einer Bemutterung der Autofahrer kann keine Rede sein, aber man will, ganz egoistisch, die eigene Lebensqualität retten.
Fakt ist: Der Verkehr nimmt zu. Es werden jährlich mehr Autos eingelöst. Und die blochen alle in Richtung der Städte. Sei das in Basel, Bern oder Zürich. Ausnahmslos. Ob mit, oder ohne Parkplatz. Ob zur Arbeit, oder für die Freizeit. Am liebsten mit dem grössten allradangetrieben SUV.
M.M. meint
Womit bewiesen ist, dass das U-Abo offenbar nur bedingt nützt. Würden gemäss den Konservativen die nicht mehr monatlich mit 45 Franken subventionierten ÖV-Fahrer aufs Auto umsteigen, wären die Staus noch länger und öfters.
Was dazu führen wird, dass die auch ohne Subventionen zum ÖV zurückfänden.
Die Fehlüberlegu g der Konservativen aka Grünlinken: das ÖV-Netz ist derart dicht, dass es tatsächlich eine Alternative ist.