Die Sache mit den in den Steueroasen der Welt versteckten Trillionen ist die eine Sache, die andere ist die journalistische Leistung.
Was mit der Auswertung der US-Botschaftspapiere mit Wikileaks begonnen hat, setzt sich jetzt fort: Journalisten rund um den Globus werten gemeinsam und mit entsprechenden Computerprogrammen die schier unendliche Datensammlung aus. Eine Redaktion allein könnte so etwas gar nicht mehr schaffen.
Das ist die eine Seite des globalisierten Journalismus.
Die andere ist die Art und Weise, wie die Ergebnisse des wochenlangen Wühlens den geneigten Lesern näher gebracht werden. Die Jäger und Sammler in den einzelnen Redaktionen befinden sich in einem echten Dilemma. Denn eigentlich möchten sie ihre Ergebnisse so rasch wie möglich und so breit wie möglich der Welt mitteilen.
Und da gibt es nur eine Möglichkeit: Die Story ins Netz stellen.
Doch dem verständlichen Drang des Journalisten, gelesen zu werden, stehen die kommerziellen Interessen seines Verlegers im Weg. So müssen die armen Kerls der SonntagsZeitung noch bis Sonntag warten, bis sie der kleinen Welt ihrer Abonnenten ihre neuesten oder zumindest zusätzlichen Erkenntnisse zu #OffshoreLeaks vorlegen können.
Und sollten sie tatsächlich den schweizerischen Knaller der Story veröffentlichen – zum Beispiel die Antwort auf die wirklich interessante Frage, woher dieses gigantische Datenmaterial stammt (Achtung, Verschwörungstheorie: von Hackern aus Russland, Iran, China oder gar Nordkorea?), werden wir, die Nichtabonnenten, die wichtigsten Informationen im Verlaufe des Vormittags auf dem Netz finden.
Die Netzkonkurrenz, die a) keine Bezahlschranke hat und b) auf online setzt, wie beispielsweise SPON, die Süddeutsche oder der Guardian, leaken die neuesten Erkenntnisse im Stundentakt.
Wir haben gestern auf Flipboard ein neues „Magazin“ gestartet: Offshore Leaks, stash away cash offshore. Hier veröffentliche darin News aus aller Welt, die via Twitter und RSS-Feed auf meinem iPad praktisch im Sekundentakt eintrudeln.
Eine Dienstleistung halt. Und ein Experiment in Sachen Sharing. Schliesslich ist das Internet nichts anderes als eine Austauschbörse für Information.
PS: Die NZZ schafft es doch tatsächlich, auf ihrer Homepage das #OffshorLeaks-Thema erfolgreich zu ignorieren. (Stand 08.51 Uhr).
Markus Saurer meint
Interessante Medienbetrachtung von M.M. …. In der Tat könnte sich die Bezahlschranke bei Onlinemedien als Boomerang erweisen. Wahrscheinlich müssen die auf Dauer die Kohle anders reinholen.
Zu diesem Leck: Ist an sich kalter Kaffee, dass natürliche und juristische Personen ihr Vermögen in Oasen verschieben. Das kann ja auch legal sein (und ist es wohl grösstenteils sogar… Aufregung hin oder her).
Das Interessante daran ist aber, dass jetzt ev. Namen von Proponenten der etatistischen Steuerkartelle auftauchen, die ihr eigenes Vermögen ebenfalls gerettet haben… vor sich selber sozusagen….Da schlummert die Skandalbombe.. wie bei diesem Cahuzac und diesem Hollande-Berater.
gotte meint
ich habe mich auch gefragt, woher das material stammt. ich könnte mir vorstellen, dass diese firmen mit den netten namen in bezug auf it-sicherheit schlicht naiv waren und es gar nicht so schwer war, an die daten ranzukommen. ich bin sicher, dass eine konsequenz dieser angelegenheit sein wird, dass man in gewissen kreisen schlicht nicht mehr elektronisch kommuniziert – offensichtlich gibt es im web wirklich NULL sicherheit.
Chienbaese-Baerti meint
Also zurück zu Meldeläufern (Marathon) und Brieftauben!