Als ich frisch zum Journalismus gestossen war, damals in den 70ern des letzten Jahrhunderts, ganz zufällig übrigens, weil ich zur richtigen Zeit am richtigen Ort sass, nämlich in der Rio-Bar und damit die Frage eines mir nicht bekannten Journalisten, wer jemanden kenne, der hin und wieder Berichte aus dem oberen Baselbiet schreiben könne, mit «ich» beantwortete, weil wir zu der Zeit in Langenbruck wohnten, als ich also noch ziemlich jung und ebenso naiv war, bin ich davon überzeugt gewesen, mit einem klugen Kommentar könne man diese kleine Welt hier in eine andere Richtung schubsen.
Ich weiss nicht mehr, wie viele Kommentare ich seither geschrieben habe – der hier ist, by the way, die Nr. 106 seit ich erneut für die BaZ schreibe.
Wenn ich mich recht erinnere, so hatte ich gerade mal mit zweien etwas bewirkt. Beim einen zog ich den geballten Leserbriefzorn der Anthroposophen auf mich, weil ich erfolgreich gegen den Ausbau der Rudolf Steiner Schule in Pratteln anschrieb und der zweite Erfolg konnte ich mit der Idee verbuchen, in Basel eine Guillotine für ausgabenwirksame Gesetze einzuführen. Dass man solche alle paar Jahre überprüfen muss, wurde tatsächlich vom Grossen Rat aufgenommen.
Ein grösseres Echo löste zu meiner Überraschung nur dieser aus purer Themennot geschriebene Sommerloch-Kommentar gegen Hundebesitzer aus, die ihre Köter dem Rhein entlang ihr Geschäft verrichten liessen. Der geballte Volkszorn entlud sich in starken Applaus für den Schreiber.
Wenn ich also heute erneut für eine tramfreie Innenstadt plädiere, dann weiss ich aus jahrzehntelanger Erfahrung, dass diese im Grunde genommen sehr vernünftige Anregung nichts bewirken wird.
Obwohl letzten Sonntag nicht nur mir, sondern auch allen anderen auf dem Marktplatz diese tramlose Ruhe aufgefallen ist und wir uns alle ausgemalt haben, wie das denn wäre, wenn dieser zentralste aller Plätze nicht mehr durch eine fahrende Mauer aus grünen und gelben Trams durchschnitten würde.
Ich habe diese Anmassung des öffentlichen Verkehrs satt: Hier bin ich und ihr Stadtflaneure habt gefälligst zu weichen. Denn die Zeiten ändern sich: Wenn alles Individuelle, also das Auto, weg ist, dann stört das Kollektive in dieser engen Stadt. Und das ist die Strassenbahn.
Ausser dem uneinsichtigen Festhalten an der Tramschneise durchs Zentrum, was man als Unvermögen der Verantwortlichen deuten muss, mal in anderen Bahnen zu denken, spricht nur noch das Einhalten eines Fahrplans dafür, dass praktisch der gesamte Tramverkehr der Region sich durch dieses Nadelöhr Falknerstrasse zwängen muss.
Rücksichtslos.
Um danach allein mit seiner Präsenz den Markplatz zu versauen. Und weil das verkehrsmässig nicht reicht und alles, was auf Schienen fährt, unwidersprochen gut ist, soll dort unter dem noch immer scheusslich möblierten Platz auch noch eine Milliarden teure S-Bahn gelegt werden, womit mit all den Auf- und Abgängen der Marktplatz zu einem innenstädtischen Bahnhof für Oberbaselbieter und Aggloristen wird.
Obwohl ich, wie gesagt, mir bewusst bin, mit dieser und allen anderen Kolumnen an dieser Stelle nichts zu bewirken, plädiere ich trotzdem dafür, die innenstädtische Tramstrecke in den Petersgraben zu verlegen und vom Barfi bis zur Schifflände den städtischen Raum den Menschen zu überlassen.
Zum Flanieren, Kaffeetrinken, Einkaufen oder einfach nur um rumzusitzen.
Zuerst erschienen in der Basler Zeitung vom 13. Juli 2016
Michael Przewrocki meint
Schon ein Riesenaufwand für ein bisschen Freiheit zwischen Barfüsser-und Marktplatz. Das gleiche Puff dann aber täglich wie an der Fasnacht wenn alle Baselbieter das auch geniessen wollen!
isaac reber meint
bravo!
Zofinger meint
Das Problem liegt in der Tramgläubigkeit der Basler. Wenn uns seit Jahrzehnten eingebläut wird, dass im U-Abo das Heil liegt und im schnellen Erreichen des Zentrums, also des Marktplatzes, das Glück, dann kann man auf so ein Heilsversprechen nicht von heute auf morgen verzichten.
So werden wir in Zukunft noch mehr Kommentare mit diesem Inhalt lesen.
Paule meint
Finde die Idee gut. Es herrscht im Moment tatsächlich eine angehme Tramruhe in der Stadt. Ist der Petersgraben als Tramtrasse nicht schon einmal zur Diskussion gestanden?
Herrmann Elig meint
Und das Bild soll einen Vorgeschmack auf den belebten Marktplatz geben?
Spannend, dass gerade MM für mehr „Einkaufen“ in der Innenstadt wirbt.
http://arlesheimreloaded.ch/hurra-auch-deiss-schliesst/
M.M. meint
Kommen eben vom Einkaufen in der Stadt zurück: Läderach-Schoggi vom Marktplatz. 🙂
Franz meint
Gegen Tram zu schreiben ist Gotteslästerung.
Vielleicht doch lieber bei der Hundescheisse bleiben.