82 Prozent der Burmesen sind Buddhisten. 81 Prozent der Vietnamesen gehören keiner Religon an.
Sind nun Burmesen die besseren Menschen, sind sie glücklicher oder gar zufriedener dank dem Umstand, dass sie einem der grossen Religionsgründer folgen?
Die Frage ist uninteressant.
Religionen sind im Grunde genommen unwichtig. Was zählt, was Gesellschaften zusammenhält, ist ein gemeinsamer Mythos, eine kollektive Fiktion für Millionen, egal welchen Inhalts.
Was den Burmesen der Buddismus ist, ist den Vietnamesen der Kommunismus. Beides sind kollektive Fantasien, die verhindern, dass diese Gesellschaften im Chaos versinken.
So wie beispielsweise die libysche ohne den Mythos Ghaddafi.
Um sich da nicht aufs hohe Ross zu schwingen: die Referendumsdemokratie der Schweizer ist ebenfalls eine kollektive Fantasie.
Eine nette.
Denn auch wir hatten 1848 das Grundproblem aller Gesellschaften zu lösen, nämlich wie
das Zusammenleben in grossen Gruppen zu organisieren sei. Eine Schlussfolgerung war, die Frauen vom politischen Prozess fernzuhalten.
Eine ernsthafte.
Nun können solche „erfundene Ordnungen“ durchaus ihr Gutes haben, selbst ein kommunistische wie in Vietnam. Weil sie dem (durchschnittlich) Einzelnen eine gewisse Berechenbarkeit des Systems garantiert.
Ich könnte, mit Blick auf die aktuelle politische und wirtschaftliche Entwicklung in der Schweiz, nicht mal behaupten, dass in Bezug auf Berechenbarkeit das mythische System Vietnams demjenigen der Schweiz derart krass unterlegen ist, wie bei uns die Überzeugung herrscht.
PS: Für Burma gilt: wer den Glauben an Buddha absurd findet, bekommt Probleme mit der Staatsmacht. Wer in Vietnam dasselbe vom Kommunismus behauptet, ebenfalls. Gut, wer bei uns die Referendumsdemokratie absurd findet, gilt lediglich als Spinner.