Da haben wir gestern Abend ja einen richtigen Scoop gelandet, mit den Entlassungen. War mir dessen gar nicht so bewusst. Zumal ich auch die Zahl von 1’000 Entlassungen respektive Stellenkürzungen gewusst habe.
Der sozialdemokratische Reflex von Herrn Brutschin, Regierungsrat von Basel-Stadt, ist bezeichnend für die Hilflosigkeit der Politik in solchen Fällen: Er geht „von grosszügigen Sozialplänen aus.“
Was soll’s, Sozialpläne zahlt man bei Novartis aus der Portokasse. Schliesslich kann man auch in Indien 200 Mio. amerikanische Pesos für den Arbeitsplatzersatz investieren. Das ist noch immer gut die Hälfte weniger als in der Schweiz.
Was wirklich ins Geld geht, ist, wenn wie im Fall von Nyon ein Patent ausläuft. Da kann man den Laden nur noch dicht machen und die Generikaproduktion der Tochter SANDOZ überlassen.
Zum anderen ist es halt schon so, dass die Musik in den nächsten Jahren in Asien spielt. Medikamente, die in China oder Indien entwickelt werden, haben dort einen leichteren Marktzutritt, als Medikamente aus Europa.
Nicht zu unterschätzen sind beispielsweise die klinischen Tests. Ich meine, wir laufen ja immer von der Angst geplagt herum, es könnte da ein klitzekleiner rassistischer Gedanke in uns aufkeimen. Wenn wir beispielsweise wissen würden, dass das Medikament XY auschliesslich bei asiatischen Patienten getestet wurde.
Solche Ängste plagen Chinesen und Inder nun überhaupt nicht. Was im Klartext heisst, der Patientenmix bei klinischen Studien wird sich Richtung Asiaten verschieben. Denn was für Europäer gut ist, muss noch lange nicht bei Chinesen Wirkung zeigen.
Interessant ist jedoch noch ein anderer Grund, der intern kursiert: die Schweizer Arbeitsbewilligungspraxis für qualifiziertes Personal von ausserhalb der EU.
Der EU-Raum, wo problemlos rekrutiert werden kann, ist von der Pharma leergefegt. Für alle anderen gilt ein ziemlich striktes Zulassungssystem zum Schweizer Arbeitsmarkt. Beispielsweise für Chinesen, Amerikaner, Australier und so weiter und so fort. Herr Jimenez soll schon mehrfach verlautet haben, dass er keine Lust hat, für jeden dieser Ausländer ein Bewilligungsverfahren durchlaufen zu müssen.
Da könnte der Herr Brutschin doch was machen. Jetzt, wo auch in Basel die Bäume der SVP nicht mehr in den Himmel wachsen.
Thommen, Peter 61 meint
Ich möchte nicht missverstanden werden! Ich verstehe, dass gut ausgebildete Leute gebraucht werden. Ich möchte aber darauf hin weisen, dass das internationale Verschieben von Menschen und Familien unsozial ist! Besonders dann, wenn sich Konzerne spontan entschliessen mal hier und mal dort Entlassungen vorzunehmen…
Ich wehre mich auch dagegen, dass die SVP diese Leute ebenfalls noch missbraucht für ihre egomanische Politik.
Endlich: Wenn es die lokale Industrie und Wirtschaft nicht schafft, ihre Bedürfnisse vorausschauend zu planen und Ausbildungen entsprechend vorauszugleisen und anzumelden, dann müssen offenbar wieder staatliche Institutionen für eine Infrastruktur sorgen, die den Nachwuchs aufnehmen kann.
Ich mache mir grosse Sorgen um die heute 40jährigen, die bald aus dem Arbeitsprozess fallen und auf Ausbeuterjobs angewiesen sein werden, um bis zur Rente durchzuhalten.
Wir können nicht von jedeRm erwarten, dass er/sie eine Superausbildung macht, mit der an jedem Punkt der Erde zu einem Superlohn gearbeitet werden kann!
Und die selbständige Arbeit an einem Dönerstand oder als Marronibrater ist genausowenig eine Alternative wie die Scheinselbständigkeit!
Thommen, Peter 61 meint
Es ist interessant, wie „die Wirtschaft“ herumfuhrwerkt. Sie hat es schon lange aufgegeben, Leute am Ort zu rekrutieren. Sie nimmt lieber solche, deren Ausbildung sie nicht mitbezahlen musste, also von ausserhalb der Schweiz.
Zudem überlässt sie es der SVP, den Zorn der Einheimischen politisch abzuholen und zu vermehrwerten.
Über allem schwebt die Saisonnier-Politik, die so unchristlich und familienunfreundlich ist.
Nach den englisch-chinesischen Kindergärten und Restaurants beim Campus entstehen wohl dann auch entsprecheden Schulen für die grösser werdenden Kinder?
Wir können nur hoffen, dass deren Kultur dann vollständig „integriert“ wird und keine Saubannerzüge entstehen werden…
Aber wahrscheinlich ziehen diese Familien dann schon wieder weiter zu einem nächsten Wirtschaftsstandort. Ob sie den schweizerischen „Heimatbegriff“ dann auch brav mitnehmen werden?
Wenn die Bilanzen stimmen, dann geht die Rechnung im sozialen Zusammenleben nicht mehr auf. Aber dafür ist die Wirtschaft ja nicht zuständig. Das überlässt man den Linken.
Stücki meint
Gratulation zum Volltreffer! Das Thema Zulassung resp. Aufenthalt von Personen ausserhalb der EU ist ein Riesending. Allerdings: Herr Brutschin kann da leider wenig machen. Denn diese sog. Drittstaatenkontingente werden vom Bundesrat vergeben, und zwar pro Jahr und pro Kanton. In Basel-Stadt sind das z.B. in diesem Jahr 104 Kurz- und 73 Aufenthaltsbewilligungen.
Konkret heisst das: Wenn im August die 73. Aufenthaltsbewilligung z.B. an einen Cabaret-Tänzer aus den Philippinen vergeben wird, dann kann Novartis die Nobelpreisträgerin aus Übersee leider nicht nach Basel holen (ja, ich weiss, das ist gendermässig vielleicht auch umgekehrt…). Es gibt zwar noch Bundeskontingente, aber das ändert nichts daran, dass die Unternehmen bei der Planung von Projekten mit Drittstaatenangehörigen sehr vorsichtig sind, weil man in der Schweiz halt einfach nicht weiss, ob man am Ende dann die Bewilligungen erhält.
Das Problem stellt sich vor allem in den Kantonen Zürich bei den Banken und in Basel-Stadt bei der Chemie/Pharma/Life-Science-Industrie.
Der Arbeitgeberverband Basel und der Arbeitgeberverband der Banken in der Schweiz kämpfen seit Jahren für eine Erhöhung und für eine flexiblere Handhabung diese Kontingente.
Leider spielt hier aber leider auch die Angst vor der Masseneinwanderungshysterie, die aber völlig unbegründet ist. Denn bei diesen Drittstaatenangehörigen handelt es sich um Hochqualifizierte, die in der Schweiz forschen oder entwickeln und weder an Familiennachzug noch an Sozialmissbrauch denken.
LINDER meint
Diese Bewilligungspraxis war ja in den Jahren, bevor die Personenfreizügigkeit begann, selbst für alle EU-Bürger nötig (..oder der Beweis, dass für die Stelle XY kein CH rekrutiert werden konnte..). Die Anzahl für BS von 104 Kurz- und 73 Aufenthaltsbewilligungen (wie v. Stücki benannt) ist derart lächerlich im Wissen, dass wir mit Roche / Novartis / Syngenta drei internationale Big Players mit Sitz in Basel haben, dass ich behaupte, dass ich 30 % dieser Leute gesehen habe in diesem Jahr resp. kenne aus meinem beruflichen Umfeld. In der Regel viele Inder für die IT-Branche, die aber – dies an Peter Thommens Forderung nach mehr CH-Angestellten – lokal nicht rekrutiert werden können. Believe it or not. Jeweils gegen Anfang Jahr reisen dann wieder welche ein – dank Kontingent, und andere warten in Bangalore/IND in der Warteschlaufe, bis der Bundesrat ein Einsehen hat mit den Bedürfnissen der hiesigen Industrie und die Zahl erhöht. Ein Witz.
Politisch sollte es einfach *gopferklemmi* möglich sein, dass wir die Differenziertheit der Bevölkerung übermitteln können, dass qualifizierte Angestellte aus Drittstaaten nichts mit jenen Migranten zu tun haben, die ohne Bildung und Perspektive zu uns gefunden haben, mit all den Problemen, die dann teilw. auftauchen können. Bisher ists kaum gelungen.
Rainmaker meint
Und unser Wirtschaftsminister lässt lieber einen banalen Klimaweg auf die Chrischona bauen, statt der Bevölkerung vielleicht einmal die Wichtigkeit der lokalen Wirtschaft aufzuzeigen. Obwohl es für den Einzelnen hart ist, es ist wohl immer noch besser zurzeit umzustrukturieren, als jahrelang rumzubasteln wie die Ciba selig….
Beat Hermann meint
Auch Liestal muss aus dem Tiefschlaf gerissen werden. Die Hüter des Speckgürtels haben doch einzig auf die grossen Arbeitgeber im Stadtkanton vertraut, eigene Firmen verloren und für die Jungfirmen nichts gemacht. BL hat ein Doppelproblem: Strukturelles Defizit und fehlende Wachstumsdynamik.