Der Abbruch der Verhandlungen über das Institutionelle Rahmenabkommen mit der Europäischen Union ist für den innovationsstarken Pharma- und Forschungsstandort Schweiz ein herber Schlag.
Schreiben die Basler Pharmakonzerne dem Bundesrat.
Man kann das als Papperlapapp (seit 1880 im Duden) abtun.
Kann man.
Wenn man dazu neigt, den Feind in Brüssel auszumachen und dabei ignoriert, dass Brüssel die Summe aus der Addition des politischen Willens von 27 europäischer Staaten ist.
Zum Beispiel der geballte Wille, die buchalterischen Hütchenspiele grosser Konzerne zur Steuervermeidung zu unterbinden.
Keine Frage: Ich bin selbstverständlich für den Steuerwettbewerb unter den Ländern (und den Kantonen).
Aber was nützt es, dieses Transparent hochzuhalten, wenn der politische Zeitgeist (englisch gedacht) dem entgegenläuft.
Richtig: Nichts.
Denn „Steuerwettbewerb ist nichts Gottgegebenes, er ist eine politische Option unter mehreren“, sagt der Leiter der gleichentags gegründeten EU-Beobachtungsstelle für Steuerfragen.
Deren Büros sind in Paris, nebenbei bemerkt.
Ergo werden wir in Basel die neuen Transparenzregeln („Konzernen soll es erschwert werden, Gewinne zu verschieben“), die gestern von den EU-Finanzministern (vertreten durch Unterhändler) beschlossen wurden, in absehbarer Zeit buchstabieren lernen.
Wenn Roche, Novartis und Co. ihre Bilanzkennzahlen aufgeschlüsselt nach EU-Ländern veröffentlichen müssen (Nettoumsätze, Gewinne, die Anzahl der Mitarbeiter, gezahlte Ertragsteuern und nicht ausgeschüttete Gewinne.)
Merke: Unsere Unternehmenssteuergesetze sind ab gestern unwiederbringlich aus dem Souveränitätskatalog der Schweiz gestrichen.
Weil Ueli Maurer (oder sein Unterhändler) nicht an dem Tisch sass, wo das beschlossen wurde. Und wo auch künftig kein Konferenzsessel für ihn bereitsteht.
Das nennt man Neusprech Souveränität.
T.Thaler meint
„Addition des politischen Willens von 27 europäischen Staaten“.
Und das ohne ein einziges Plebiszit.
M.M. meint
Genau! Alle Staaten ausser der Schweiz sind undemokratisch.
Firedome meint
Nein, es müsste heissen: “Addition des politischen Willens der Regierungsbeamten von 27 europäischen Staaten”.
M.M. meint
gut beobachtet. Weil es schon lange klar ist: Alle EU-Länderregierungen und Parlamente haben keine Ahnung, was deren Bürokraten und besonders die in Brüssel den ganzen lieben Tag lang so tun.
Zum Glück sind wir da nicht mit dabei! Wir haben unser eigenen Beamte.
Alfred Rub meint
Das trifft nicht zu. Es gab in verschiedenen Ländern (z.B. Frankreich, Dänemark, Irland) über Vertiefungen der Union (z.B. Vertrag von Maastricht). Die Europäische Verfassung wurde meines Wissens in einer Französischen Volksabstimmung versenkt. Es hat auch schoon Politikern innenpolitisch geschadet, wenn sie gegen die EU mauerten (z.B. De Gaulle). Genaue Details wären nachzuliefern, aber das Prinzip stimmt.
Marc Schinzel meint
Na ja, bei den Transparenzvorschriften ist man sich einig. Bei einheitlichen Mindeststeuersätzen dagegen nicht. Dort gibt es neben der Addition auch eine Subtraktion. Minus 4 oder 5 oder noch mehr. Und es braucht Einstimmigkeit …