
Wenn ich mich recht erinnere, war es anfangs Februar, doch auf alle Fälle zu einer Zeit, als die Russen noch nicht in die Ukraine einmarschiert sind.
Ich hatte einen Termin für diesen Dienstag vorzumerken.
Da fiel mir erstmals dieser Kalendereintrag für heute auf: „Näfelser Fahrt“.
Inzwischen haben die Russen die Ukraine überfallen, haben brutal gewütet und gemordet.
Dann musste sich die glorreiche russische Armee geschlagen gegeben.
Und sich mit dem, was von ihr noch übrigblieb, über die Grenze zurückziehen.
Der Eintrag „Näfelser Fahrt“ tauchte in diesen Wochen immer öfters auch, zum Beispiel als ich mal nachschaute, wann denn dieses Jahr Ostern sei.
Ehrlich, der Eintrag fing mich an zu nerven.
Auch deshalb, weil ich a) keine Ahnung hatte, um was es da geht – eine Frühlingsausflug, eine Wallfahrt, ein Besäufnis?.
Und b) weil ich bislang nicht rausgefunden habe, wie man diesen Eintrag, wie man überhaupt den Schweizer Festtagskalender löscht.
Vielleicht muss ich noch hinzufügen: Die „Näfelser Fahrt“ ist ja nicht nur auf meinem iPhone vermerkt, sondern auch auf meinen beiden Macs und dem iPad.
Weil der Apple-Kalender (wahrscheinlich mit der Sprachwahl „Deutsch Schweiz“) automatisch die wichtigsten Feiertage quer durchs Land anzeigt.
Heute nun beim Durchwischen meines Newsfeed auf Flipboard stosse ich auf einen Beitrag der Südostschweiz mit einem Titel, der mich aus verständlichen Gründen sofort angesprochen hat: «Näfelser Fahrt» und der Sinn dahinter“
Es handle sich um eine lebendige Tradition, lese ich.
Am 9. April 1388 besiegte nämlich eine Gruppe von etwa 600 Glarnern mit Unterstützung aus Uri und Schwyz ein überlegenes österreichisches Heer.
Das werde seither(?) jedes Jahr gefeiert.
1388.
Vor 634 Jahren.
Die Habsburger.
Besiegt.
Lebendige Tradition.
Daraus könnte man nun folgende Schlussfolgerungen ziehen:
a) Mein Gott, welch glückliches Land, dessen Kriege schon so lange zurückliegen.
oder
b) Warum feiern die Glarner nicht das Jahr 1740, als mit der ersten Textilfabrik die Industrialisierung begann und der Wohlstand Einzug hielt?
oder
c) Wie wäre es, wenn die Glarner Männer – ist ja ein Männeranlass, vermute ich mal – dieses Jahr (und all die nächsten Jahre) auf diesen historischen Unsinn verzichteten?
Heute aus aktuellem Anlass.
Und dann überhaupt.
Rampass meint
a) Da gab’s noch den Sonderbundskrieg 1847, der das Nationbuilding CH abschloss. Nation? Gemäss Linksaussen ein Auslaufmodell – findet aber gerade live in der Ukraine statt.
b) Beginn der Industrialisierung feiern? Würde den Klimahüpfern gar nicht gefallen. Damit begann angeblich die Misere mit dem CO2.
c) Sinnlos. Der Lieschtlemer Banntag wurde auch mal mit einer 5. Rotte zu „ergänzen“ versucht. Dieses „Projekt“ von Linksgrün verlief mangels Teilnehmer bald mal im Sand.
Sowieso: das dauernde Rummäkeln an Traditionen nervt und hat viel mit Intoleranz zu tun.
U. Haller meint
Danke, wieder einmal etwas gelernt.
Aus denselben Erwägungen ist für mich – ja ich weiss, es gibt jetzt einen riesigen Aufschrei der Empörung, so what – der 1. August ein Non-event. Dieses Gründungsmythos der Schweiz fusst auf heroisierenden und falschen Überlegungen. Die Abschaffung resp. Verschiebung des Nationalfeiertags ist zwar ein Anliegen der Grünen und Linken. Aber so Unrecht haben sie in dieser Hinsicht nicht. Doch das »helvetische Gewissen« aka Blocher wird das zu verhindern wissen.