Man kommt kaum noch hinterher, so rasant dreht sich derzeit das politische Karussell.
Zum Beispiel München.
Ich habe der Rede von Vize Vance aufmerksam zugehört. Inhaltlich war sie, mit Verlaub, recht dürftig und wimmelte von logischen Schludrigkeiten.
Die rechte Bubble jubelt, weil er sagt, Europa sei von innen bedroht, von wegen ungebremster illegaler Einwanderung. Um dann hinzuzufügen „und nicht von aussen“.
Die erste Hälfte ist durchaus berechtigt, die Ergänzung angesichts der realen Bedrohung durch Putin jedoch ziemlicher Quatsch.
Die rechte Bubble jubelt auf X, weil Vance sagt, in Europa sei die freie Rede bedroht. Um dann hinzuzufügen anders als in den USA, wo „Free Speech“ über allem steht.
Der erste Teil ist durchaus bedenkenswert, denn die Lust zur Zensur unter dem Gummibegriff „Hassrede“ ist bedenklich beliebt – vor allem in links-grünen Kreisen.
Doch seinen Boss, die Nr. 47, als Leuchtturm der Demokratie und der „Free Speech“ darzustellen, wirkt reichlich absurd vor dem Hintergrund, dass die grösste Presseagentur des Landes, AP, aus dem Weissen Haus verbannt wird, weil sie sich weigert, anders als Google und Apple die Bezeichnung „Golf of America“ zu übernehmen. CNN droht dasselbe Schicksal, weil eine ihrer Korrespondentinnen es wagt, dem Präsidenten kritische Fragen zu stellen.
Dass unsere Bundespräsidentin die Münchner Rede des Vize beklatscht, gar als „liberal“ bezeichnet – geschenkt. Der Bundesrat versucht verzweifelt, Trumps Zorn zu entgehen. Überhaupt nimmt der Bundesrat eben gerade die Kurve und „begrüsst die neue Friedensinitiative der USA.“
Und meint, mit Appeasement besänftige man den Mann im Bulldozer.
Was kaum was taugt. Denn die Pharmaexporte der Schweiz in die USA und der faktische Importstopp amerikanischer Landwirtschaftsprodukte stehen längst auf Trumps Pendenzenliste – siehe den Ausschluss der Schweiz für den unbegrenzten Zugang zu Chips, die für AI benötigt werden.
Sich husch-husch in die Neutralität zu flüchten, ist weder ein durchdachtes Konzept noch eine tragfähige Strategie, um auf die veränderte Weltlage zu reagieren.
Allerdings hatte die Rede von Vance in einem Punkt durchaus ihre Bedeutung: Sie beendete endgültig die Illusion, dass Amerika – wenn es wirklich darauf ankommt – an der Seite Polens, der baltischen Staaten, der Ukraine oder überhaupt an der Seite Europas steht.
Ein Moment, den Europa eigentlich als Tag der Befreiung begreifen müsste.
Die USA haben die Seiten gewechselt – sie stehen nun auf der Seite der Autokratien. Die entscheidende Frage lautet daher: Was wird Europa mit der neuen Unabhängigkeit von den USA anfangen?
Am Montag wissen wir mehr, wenn die Staats- und Regierungschefs in Paris die neue Lage in Europa beraten – auch die über den Kopf der Schweiz hinweg.
Klaus Kirchmayr meint
Die potenziell bedrohten Pharma-Exporte (oder korrekter gesagt die Verschiebung der entsprechenden Gewinne mittels Transferprizing in die Schweiz) sind nur das kleinste von drei grösseren Problemen. Langfristig viel bedeutsamer sind die ernsthaften Gedanken, welche man sich in den Verwaltungsräten von Novartis und Roche bezüglich der Hauptsitzfrage macht/machen muss. Ein globales Unternehmen ohne starken staatlichen Player als Schutzpatron dürfte ein Auslaufmodell sein und damit das bequeme Politisieren im Schatten sprudelnder Pharmagelder.
Aber die grösste Herausforderung dürfte entstehen, wenn die Trump-Administration die Schweiz zum Währungsmanipulator erklärt. Die Nationalbank dürfte damit zur Hauptverteidigungslinie für unseren Wohlstand werden. Auch wenn dort mit die gescheitesten Köpfe des Landes sitzen, dürfte dies sehr, sehr anspruchsvoll werden.
…und in Baselland: da findet es die Regierung richtig, auf eine SVP-Forderung nach 100 Mio Prämien-Entlastung mit einem Gegenvorschlag zu antworten, welcher immer noch 26 Mio kosten soll…. …das verstehe wer will, ich tues nicht.