Die Beizer wollen unbedingt ihre Betriebe wieder eröffnen.
Ich verstehe das.
Wobei ich nicht genau weiss, ob die Menschen überhaupt schon Bock aufs Beizensessen haben.
Zumal wenn man sich vorstellt, dass die Bedienung mit Mundschutz das Schnitzel mit Pommes bringt und die Stange Bier in Gummihandschuhen (igitt, diese Virenschleudern) daneben stellt.
Sei’s drum.
Auf alle Fälle hat Gastro-Suisse beim BAG ein Konzept eingereicht, dass aufhorchen lässt.
Der Blick hat dieses treffend auf die Schlagzeile runtergebrochen: Sag mir deinen Namen, und ich geb dir ein Bier.
Das ist wörtlich gemeint.
Geht man nächste Woche ein Bier trinken, muss man beim Beizer Name, Vorname und Telefonnummer hinterlegen.
Weil:
Sollte es zu einem lokalen Corona-Ausbruch kommen, kann so schnell reagiert werden. Ein unkontrolliertes Weiterverbreiten des Virus soll verhindert werden.
Die Datensammelei der Beizer werfen jedoch ernsthafte Fragen auf.
Zum Beispiel die: Für wen, bitte? Wo werden die Daten gespeichert und für wie lange? Wer hat Zugriff auf die Daten und welche Aktionen können aufgrund dieser Daten von wem ausgelöst werden?
Da haben wir also bei der geplanten Tracing-App, die DP-3T (Decentralized Privacy-Preserving Proximity Tracing), wochenlang über die Privatsphäre gestritten.
Der zentrale Streitpunkt war, wo die erhobenen Daten gespeichert werden. Anders als in anderen europäischen Ländern war in der Schweiz klar, dass diese Daten nicht in einem Zentralrechner gespeichert werden dürfen.
Herausgekommen ist eine Lösung, wonach die Daten anonymisiert auf meinem privaten Handy gespeichert sind, so dass niemand sehen kann, dass der Messmer am Freitag um 17:30 Uhr in der Harmonie ein Bier getrunken hat.
Trotzdem benachrichtigt mich die App, falls da jemand zur gleichen Zeit mit Corona am Nebentisch sass.
Doch jetzt kommt also die Gastro-Suisse mit einem Konzept, dass genau diesen Konsens unterlaufen will.
Analog.
In dem sie vorschlagen, allen Ernstes, die persönliche Schlüsseldaten aller Gäste zu registrieren, das einen Raster ergibt, wer mit wem um welche Zeit an welchem Tisch was gegessen hat.
Wen bitte, geht das was an? Das BAG, die Gesundheitsämter?
Gut, man kann jetzt einwenden, dass man für eine Reservation schon heute seine Telefonnummer hinterlegen muss, oftmals auch die Nummer der Kreditkarte.
Aber: Zum einen betraf das nur denjenigen, der reserviert hat und zum anderen ging es dabei ums Geschäft; wer reserviert und nicht erscheint, soll bezahlen.
Dafür habe ich alles Verständnis.
Doch das Erfassen des Namens und der Handynummer ALLER Gäste als Corona-Überwachungsmassname hat mit dem Kerngeschäft des Beizers nun überhaupt nichts zu tun.
Was empörend ist, dass sich die Beizer für die Überwachung ihrer Gäste überhaupt hergeben.
Und es ist mir unerklärlich, wie das BAG und andere involvierte Bundesämter überhaupt auf einen solchen Vorschlag ernsthaft eintreten können.
Die Leute, die sich auf einen Restaurantbesuch freuen, sind bereit, die Daten abzugeben.
Sagt der oberste Gastromensch dem Blick.
Ah ja, ist das so?
Ich wäre mir da nicht so sicher.
Markus meint
Als erstes kommt Angst auf, vor allem bei der älteren Generation. Sie kennen noch die Fichen Affaire. Für die meisten Jüngeren ist das bereits Alltag, dass man überall Spuren im Internet hinterlässt, und man getraced werden kann. Um was geht es hier eigentlich? Um einen Restaurant Besuch. Wen könnte das interessieren? Keine Ahnung, es kommt mir niemand in den Sinn. Ist es nicht einfach ein Unbehagen, welches aber nach genauerem Nachdenken unberechtigt ist? Wenn es um die Tracing App geht, sehe ich das genau so. Wer von uns ist so Bekannt, im negativen Sinne, dass für jemanden der Standort am Tag X interessant sei. Ich sehe auch hier höchstens eine grosse Selbstüberschätzung, die zu solchen Befürchtungen führt. Sieht man zudem, wie transparent das politische System in der Schweiz ist, weiss man doch, dass der Otto Normalverbraucher hier ohne Angst vor den Auswüchsen eines grenz-wertigen Staates sicher ist. Für mich ist das alles ein Sturm im Wasserglas.
M.M. meint
Maurus Ebneter, Präsident des Wirteverbandes Basel-Stadt.
Chienbäsenbärti meint
Wo kann ich namenloser Säufer, der auch kein Handy hat, denn meinen Zweifer genehmigen?
Henry Berger meint
War soeben beim Coiffeur, auch mit Adresshinterlegung.
Ich gehe davon aus, dass mein nächster Coiffeur-Besuch ohne Maske stattfinden wird
Jean Ackermann meint
War vom 23. bis 25. April im Parkhotel in Gunten, mit Restaurantbetrieb ( mit Viergang Gourmetmenue) und keiner Maske weit und breit! Funktionierte bestens und völlig broblemlos, nicht anders als ein banaler Migroseinkauf in Riehen. Alle fühlten sich völlig sicher und von Hysterie keine Spur. Es kann auch so funktionieren.
Christoph Meury meint
Wenn wir jetzt der Meinung sind, dass wir den Überwachungsstaat durch die Hintertür einführen können, hat man die Rechnung vielleicht ohne die Kunden gemacht.
Wir haben die Coronazeit genutzt und können jetzt schon ordentlich und abwechslungsreich kochen. Also was hindert uns die FreundInnen nach Hause einzuladen und uns abwechslungsweise zu verköstigen. Nach Homeoffice, kommt das neue Homerestaurant. Wir kriegen das auch ohne Nannystaat geregelt und können damit gut und gerne auf die Registrierung verzichten.
Arlesheimreloadedfan meint
Mein Beizer kennt jeden Gast persönlich.Er schaute mich vorwurfsvoll an,als ich fragte,wann er wieder öffne (am 13.)
DU CHUNSCH JA GAR NIE! meinte er
Baresi meint
Hat doch alles beim Verein Fümoar schon bestens funktioniert *Ironie aus* In nächster Zeit werden alle möglichen Branchen alles mögliche versprechen (müssen), damit sie aus dem Lockdown kommen. Was bleibt ihnen auch anderes übrig bei der aktuellen Ausgangslage.
Felix Werner meint
100% auf den Punkt gebracht.
Mit Telefonnummer und Namen allein wärs ja sowieso nicht getan. Es müsste zudem die Anwesenheitszeit und -dauer sowie der belegte Tisch erfasst werden. Oder sollen, wenn an einem Tag eine infizierte Person anwesend war, prophylaktisch gleich alle Gäste in Quarantäne geschickt werden?