Peter Knechtli hadert mit seinem Schicksal als unabhängiger Medienunternehmer und Chefredaktor.
Der inzwischen 73-jährige Online-Pionier hätte, wäre das Mediengesetz an der Urne nicht gescheitert, keine Steuergelder für sein OnlineReports erhalten.
Was ihn lamentieren lässt: „….niemand kann von uns erwarten, dass wir einem ungerechten Modell applaudieren, das uns via Staats-Macht im Wettbewerb massiv benachteiligt oder uns gar in der Existenz bedroht hätte.“
In der Existenz bedroht – echt jetzt?
Knechtlis Problem: Anders als Christian Keller und dessen primenews fehlt es OnlineReports noch immer an einer schlüssigen Geschäftsidee.
An einem nachhaltigen Geschäftsmodell, das mehr ist als das Vermarkten seiner Person.
Knechtli hat es in den langen Jahren des Bestehens des Portals – OnlineReports ging 1997 auf Sendung – nicht geschafft, aus einer cleveren journalistischen Idee ein Unternehmen zu machen, das auch ohne den Gründer weiterexisiteren kann.
Mit Arbeitsplätzen für Journalistinnen und Journalisten, die fest angestellt sind und anständig bezahlt werden.
Klar gibt es auf seiner Website Banner, die vorgeben, Werbung zu sein.
Doch genauer betrachtet sind das Sponsoringpräsenzen – seit Jahren ist beispielsweise die Wirtschaftskammer an Bord; Produktewerbung von ernsthaften Unternehmen findet nicht statt.
Anders als sein Kollege Christian Keller von primenews war seine Opposition denn auch nicht grundsätzlich begründet, sondern im Abstimmungstext: Als Gratisportal hätte OnlineReports nicht zu den Subventionsempfängern gehört.
Er schreibt denn auch: „Als Gründer von OnlineReports hätte ich keine Mühe damit, Staats-Geld anzunehmen.“
Doch er braucht ein auf sein Gratisangebot zugeschnittenes Subventionsmodell.
Was ihm also vorschwebt, ist sogenanntes Native Advertising, d.h., der Staat darf auf OnlineReports Bezahltexte für „kantonale Dienstleistungen» veröffentlichen.
Knechtli nennt dieses Geschäftsmodell zur Finanzierung seiner Website „Flächenmiete.“
Mal abgesehen davon, dass in das altbackene Layout die (teure) „Flächenmiete“ nicht richtig passen will; die Akzeptanz von redaktionell aufgemachten Bezahltexten beim Publikum ist eher gering.
Was für Bezahltexte des Staates erst recht gilt.
Schliesslich stellt sich die Frage, welches Zielpublikum man überhaupt noch via OnlineReports erreicht, wenn Kenchtli von „Direkt-Kommunikation mit der Bevölkerung“ schreibt.
Es ist anzunehmen, dass die Leserschaft mit dem Besitzer schwer in die Jahre gekommen ist.
Das gilt auch für sein wichtigstes Publikum – die Journalistinnen und Journalisten.
War Knechtlis Einfluss in den Nullerjahren als Meinungsmacher in anderen Redaktionen immerhin noch so gross, dass man (als PR-Mensch) seine Beiträge lesen musste, so hat sich das in den letzten Jahren ziemlich gelegt.
Heute genügt einmal im Monat vorbeizuschauen.
Und für die nachgewachsene Journalistengeneration ist Knechtli nicht mehr der Massstab allen Recherchejournalismus.
OnlineReports ist inzwischen journalistische Folklore.
Insofern wäre es schade, gäbe es das Portal nicht mehr. Sein Verschwinden würde am Gang der politischen Dinge jedoch nichts mehr ändern.
Das ist denn auch das eigentliche Problem von OnlineReports: Ohne den Gründer wird das Portal nicht weiterexistieren können.
Knechtli ist Geschäftsmodell und Marke zugleich.
Die GmbH, die zu Gründen ich ihm in einem ziemlich langen Telefongespräch vor bald mal 20 Jahren geraten habe, um OnlineReports irgendwann mal verkaufen zu können, ist ohne Knechtli nichts wert…
…ausser der Staat sichert die Existenz von OnlineReports längerfristig, in dem die „öffentlichen Hand im Sinne eines Auftragsverhältnisses in Form einer Flächenmiete“ beim Portal einsteigt.
Mit einem als „Auftragsverhältnis“ mit den beiden Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft etikettierte Staatssubvention, hätte Knechtli endlich ein nachhaltiges Geschäftsmodell gefunden, das ihm den Ausstieg als Besitzer von OnlineReports möglich machte.
Weil die beiden Kantone sich jedoch nie und nimmer auf einen solchen Deal einlassen werden, bleibt noch Plan B.
Ich gehe mal davon aus, dass Peter Knechtli in den Jahren bis zu seiner Pensionierung dank OnlineReports genügend Geld in der zweiten Säule angespart hat, so dass er zusammen mit der AHV als Rentner über ein Einkommen verfügt, der ihm ein gutes Leben ermöglicht.
Die Werbeeinnahmen des Portals ist der Schlagrahm obendrauf.
Weshalb Knechtli sich mit dem Gedanken beschäftigen kann, OnlineReports in zwei, drei Jahren zu verschenken.
Als Starthilfe an Nachwuchsjournalisten.
Das wäre ein starker Abgang.
Dominic Miller meint
„Heute genügt einmal im Monat vorbeizuschauen.“ – ich habe eher den Eindruck, Herr Knechtli zeigt es noch heute allen anderen lokalen Medienschaffenden mit regelmässigen Primeurs 🙂
M.M. meint
Primeurs haben mit online stark an Wert eingebüsst. Online dauert die Primeurzeit nur noch wenige Sekunden und nicht mehr einen ganzen Tag wie früher bei Print.
Aber die Ironie liegt wo anders – Knechtlis Gratis-Primeurs werden von den anderen Medien gegen Bezahlung weiterverbreitet.
Dominic Miller meint
🙂 🙂 🙂
Milan Tadic meint
In Basel-Stadt wird ja wirklich alles mit Staatsgeld finanziert. Jetzt wird sogar noch das „Schneeschaufeln“ auf Trottoirs neu von der Armada am Baudepartement-Angestellten übernommen. Einfach so. Alles macht der Staat. Alles zahlt der Staat. Da gibt es Dinge, die glaubt man nicht.
Dies weckt Begehrlichkeiten. Warum nicht auch mit – begehren? Wär ja blöd, wenns alle andern auch tun.
„Bajour“-Andrea-Fopp ist übrigens auch dabei wenns um „Staatsknete“ (MM-Ausdruck=gut) geht. Und die Programmzeitung. Und die Kulturzeitung, und und und….
Wieso nicht mal mit guter Arbeit versuchen, anstatt sich den Kopf darüber zerbrechen, wie man an mehr „Staatsknete“ kommt….
So ist BS. Immer anders. Sozialgeld für Bewohner in den Sozialwohungen, welche wiederum die Sozialen Parteien für EVER in der BS-Regierung sichern….
Der BS-Kreislauf.
Mich wundert nichts mehr in BS. Fremd. Leider nicht mehr meine (Heimat-)Stadt.
Rampass meint
“Schneeschaufeln” wird vom Staat übernommen? Wird sicher mit dem dort unten herrschenden „Klimanotstand“ gerechtfertigt. Vom virtuellen „Klimanotstand“ zum virtuellen “Schneeschaufeln”. Basel tickt wie es tickt.
Wie hier https://www.zackbum.ch/2022/02/16/wumms-andrea-fopp/ zu lesen ist, gibt „bajour“ Gas. Produziert also mehr CO2? Es wird ziemlich eng werden ohne „Staatsknete“. Der Deckungsbeitrag kann trotz des Zuwachs von 1 Gönnerin nach der Abstimmungsschlappe nicht wirklich messbar erhöht werden.
Franz meint
„OnlineReports ist inzwischen journalistische Folklore.
Insofern wäre es schade, gäbe es das Portal nicht mehr“
Sieht Herr Knechtli genau so und versucht „als eine förderungswürdige kulturelle Leistung“ an den Steuertopf zu gelangen.