So muss man sich das jetzt in den Bergen vorstellen.
Eben habe ich Premiere gefeiert.
Ich habe alle Wahl- und Abstimmungsunterlagen in den Papiersammlungsstapler geschmissen.
Eine Premiere ist das deshalb, weil ich in den letzten dreissigplus-Jahren keine Wahl oder Abstimmung willentlich ausgelassen habe.
Aber jetzt habe ich einfach keinen Bock darauf, Kreuzchen zu machen und einen Namen hinzuschreiben.
Weil es mir schlicht und einfach egal ist, wer in die Baselbieter Regierung gewählt wird.
Ich habe auch keine Lust, mich ernsthaft mit dieser Klamaukinitiative „Volkswahl des Bundesrates“ auseinanderzusetzen.
Was die „Dringliche Änderung des Asylgesetzes“ anbelangt, so weiss ich schon jetzt, dass unter dem Strich sich eh nichts Grundlegendes ändern wird, auch wenn die vorgesehene Änderung subito durchgeführt werden soll.
Kantonal steht der Beitritt zum „Stipendien-Konkordat“ an. Keine Ahnung, um was es sich da handelt, genau so wenig wie beim „Gesetz über die Ausbildungsbeiträge“. Irgendwie liegen diese beiden Themen sowieso nicht mehr im Sichtfeld meines Radarschirms.
Die „Transparenz-Initiative-Stoppt die undurchsichtige Politik“ gehört wie die „Volkswahl des Bundesrates“ in den Bereich „Klamauk“ und bei der Vorlage für den Neubau in Augusta Raurica stelle ich beruhigt fest, dass es mit den Finanzen im Landkanton nicht derart arg wie immer (auch hier) dargestellt sein muss, wenn man sich so ein Millionen-Bau leisten kann. Ich hab ja so was von Vertrauen in unsere gewählten Volksvertreter, die das mehrheitlich beschlossen haben.
Kurz: Man kann sich als Citoyen von der ständigen Abstimmerei auch belästigt fühlen.
PS: Tolles Gefühl: Ich bin jetzt auch mal Teil der Mehrheit.
firedome meint
Ja, man merkts, Herr M.M. wird und wirkt alt und müde. Immer mehr lesen wir: Ist mir egal…, mach ich nicht mehr…, interessiert mich nicht…, usw. Jä nu so denn, es wird langsam Zeit, dass Sie sich ein Bettli in der Landruhe reservieren, Sie haben es sich verdient.
gotte meint
…sprach der gesättigte. eigentlich schade. vielleicht rührt das gefühl, mit abstimmungen „belästigt“ zu werden, die nur um „klamauk“ drehen aber weniger davon, dass die strassenränder mit plakaten tapeziert sind als davon, dass Sie viele stunden pro tag im internet verbringen. wer dauernd den globalen und unendlichen newsraum des internets bewohnt, wird:
a) ein gefühl für das wirklich wichtige entwickeln? – vielleicht. aber dann wäre es komisch, wenn die folge davon wäre, dass man bei sich selbst der demokratischen rechte überdrüssig wird, die an den meisten andern orten der welt inexistent sind.
b) nicht mehr unterscheiden kann, was wirklich wichtig ist? – wohl eher. wer mag noch merken, was wichtig ist, wenn man einen tag lang mit wetteranalysen, jubelnden fussballern, merkelfotos in ddr-uniform, sinkenden börsenkursen, erklärungen zur entstehung von tornados und mit blutigen händen und hackmessern grinsenden männern zugedeckt wird?
c) das gefühl haben, dass man selbst ein teil des virtuellen raums ist, der keine grenzen kennt? – das passiert wohl am ehesten. leider ist das jedoch ein riesiger trugschluss. erstens kennt auch der virtuelle raum grenzen, die fast identisch sind mit jener der politischen geographie der nationalstaaten (Goldsmith/Wu: Who Controls the Internet? Illusions of a Borderless World, Oxford University Press, 2006). zweitens findet das leben nach wie vor nicht im internet statt.
und schliesslich ceterum censeo mit dem alten böckenförde: der freiheitliche staat beruht auf voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann. ein citoyen weiss das. er wird seine wahlunterlagen nicht wegwerfen, sondern allenfalls leer einlegen!
M.M. meint
Wortreich voll ins Leere getroffen mit Ihrer Ferndiagnose. Es ist ganz einfach: Ich habe jetzt einfach keine Lust dazu. Und im Herbst bin dann mal weg. Also wird das dieses Jahr eh nix mehr mit Couvert abschicken.
Überhaupt: Wirklich wichtig ist Brot zu backen.
Old (@trashbarg) meint
… und c) ist wahrscheinlich der neue [url=http://bit.ly/1alycZp]Grundlagenirrtum[/url].