Diese Kolumne heisst ja «arlesheimreloaded», was vielleicht bei diesem oder jenen Leser schon die Frage aufgeworfen hat, was zum Geier denn «arlesheimreloaded» bedeute. Nun, das ist einerseits kurz so erklärt: «arlesheimreloaded» ist der Blog, den ich seit 2005 betreibe und auf dem ich täglich solches und ähnliches Zeugs wie hier veröffentliche. Der Blog wird seit zwei Jahren regelmässig vom Staatsarchiv Baselland gespeichert, sodass, in sagen wir fünfzig oder hundert Jahren, interessierte Zeitgenossen nachlesen können, was einer, der diesem inneren Zwang unterliegt, sich täglich schreibend (und fotografierend) mit seiner Umwelt auseinandersetzen zu müssen, denn so meint.
Diese Meinungsäusserungen sind selbstverständlich alle verdammt subjektiv. Aber ich denke, dass unsere Nachkommen die inzwischen über 2000 Texte schon irgendwie werden einordnen können. Im Kontext zu anderen Quellen, wie beispielsweise dem Archiv der Basler Zeitung.
Ich befinde mich derzeit auf einer längeren Reise durch Südamerika. Da wird man von den Einheimischen immer mal wieder gefragt, woher man denn komme. Auf meine Antwort «Vengo de Suiza» folgen als freudige Reaktionen «Roger Federer» oder «Relojes» oder «Chocolate» und – mit einem eher kumpelhaften Blick – «Bancos». Schliesslich sind alle Schweizer reich. Klar haben wir hohe Berge und wunderschöne Seen in der Schweiz, die das Klischee abrunden.
Aber wenn ich jedoch jemanden erklären müsste, was denn das Ausserordentliche an der Schweiz sei, das beschreiben müsste, was dieses Land von all den anderen Ländern in dieser Welt unterscheidet, dann sind es nicht Armbanduhren, Schokolade, Banken und Berge. So absurd es für die geneigte Leserschaft tönen mag: Es sind diese präzise ausgelegten, nach einheitlicher Norm bearbeiteten, präzise und mit Millimeterfugen gesetzten Randsteine entlang unserer Strassen und Trottoirs.
In Zürich wollten sie es vor drei Jahren genau wissen, wie denn der ideale Randstein beschaffen sein müsste. Die haben für diese Untersuchung, man glaubt es kaum, für 60 000 Franken ein spezielles Labor eingerichtet. Weil «Randsteine schweizweit ein relevantes Problem darstellen», wie der Tages-Anzeiger schrieb, hat der Bund weitere 50 000 Franken an den nach eingehender Untersuchung verfassten Bericht bezahlt. Fazit: «Die richtige Wahl des Randsteins hängt sehr stark von den örtlichen Gegebenheiten ab.»
Und mit diesem Satz komme ich zurück nach Arlesheim, wo sich unser Basislager befindet, zu dieser noblen Enklave auf dieser Insel der Glückseligen namens Schweiz. In Arlese, so scheint mir, ist der Gipfel der schweizerischen Randsteinbaukunst erreicht worden. Die haben nicht nur dieses breite Einheitsmodell verlegt, hier geben sie jeder Strasse mit unterschiedlich normiertem Granit und hie und da hinzugepflastertem braunen Kalkstein ihre individuelle Note.
Selbstverständlich sind vor den Randsteinen aus Granit noch Pflastersteine gesetzt, die als Regenrinne dienen und den ordinären Teerbelag vor den sauber polierten Granitsteinen auf Distanz halten. «Switzerland – the manicured country», meinte kürzlich ein Chilene voller Bewunderung. Deshalb behaupte ich: Es sind die Tausende von Kilometern präzise gesetzter Randsteine mit ihren Millimeterfugen, die mehr als alles andere als Sinnbild für die Schweiz gelten können. Auch deshalb, weil dies niemandem sonderlich auffällt.