Es gibt Momente, die einen starken Eindruck hinterlassen.
Zum Beispiel kürzlich im Sontags-Talk auf Telebasel, als FDP-Parteipräsident Paul Hofer (71) die Basler SP-Grossrätin Sarah Wyss (29) auf grossväterliche Art duzte («Liebe Sarah Wyss, du weisst doch …»). Und so versuchte, Boden zu gewinnen, nachdem sie ihm den Teppich unter den Füssen weggezogen hatte und deshalb ganz cool beim «Sie» blieb und ihre Argumentationslinie unbeirrt fortsetzte, sodass der zweite Mann in der Runde, BL-Regierungsrat Anton Lauber (57) sich in Formalismen flüchten musste, um davon abzulenken, dass er dachte: So unrecht hat sie eigentlich gar nicht, wie ich jetzt behaupten muss.
Weil die Basler FDP nach einem tiefen Blick in ihren Personalpool etwas in Panik geraten ist, hat sich der Vorstand Thomas Kessler angelacht, einen originellen alt 68er, der sich eine Partei sucht, die sich ihm anschliessen will. Wie Roland Stark letzte Woche an dieser Stelle den politischen Flirt zwischen ihm und den Freisinnigen süffisant beschrieben hat. Im Wahljahr wird der abgangsentschädigte Bannerträger seinen 61. Geburtstag feiern. Das scheint das Alter zu sein, bei dem einer bei der FDP zum Hoffnungsträger wird.
Nun ist es ja nicht so, dass nur die SP talentierten Nachwuchs aufweist. Den 32-jährigen Basler FDP-Parteipräsidenten Luca Urgese kann man sich sowohl als Nationalrat als auch als Regierungsrat vorstellen. Das gilt auf der Landschaft auch für dessen Parteikollegin, die ehemalige Wirtschaftskammerfrau Saskia Schenker (39). Das Problem in allen Parteien: Haben Parteifreunde und -innen erst mal eines jener Polit-Ämter erobert, wo man für die politische Plackerei endlich anständig entschädigt wird, denken sie nicht daran, der nächsten Politikergeneration Platz zu machen.
Chancen hat in unserem Bisherigen-System bestenfalls die übernächste.
Was sich bei der SP für die kommenden Regierungsratswahlen im Baselbiet abzuzeichnen scheint. Wollen nämlich die Genossen nicht auf Kathrin Schweizer setzen, um den Frenkendörfer Gemeinderat Kaufmann zu verhindern, bleibt nur einer: Diego Stoll. Der Liestaler ist 2015 nicht nur auf Anhieb in den Landrat gewählt worden, sondern gleich noch mit dem zweitbesten Resultat aller Landräte.
Stoll wird im Wahljahr 2019 32 Jahre alt und ist damit im besten Alter fürs Regierungsamt. Zum einen, weil langjährige Erfahrung in was auch immer in einer Welt, die sich immer schneller verändert, kaum noch eine Rolle spielt. Zum anderen, weil es nicht nur an der Zeit ist, dass die SP wieder in der Regierung sitzt, sondern weil der übernächsten Politikergeneration mit ihrer anderen Sicht auf den Gang der Dinge endlich Verantwortung übertragen werden muss.
Den Bürgerlichen wird es kaum gelingen, Stoll in die links-ideologische Schmuddelecke zu drängen. «Er denkt parteiübergreifend, kann im Landrat immer wieder die Bürgerlichen überzeugen», erklärte mir kürzlich ein Journalist. Bleibt als einziges Handicap: Diego Stoll ist unbestreitbar ein Mann.
Die auf ihre Pensionierung fixierten Damen und Herren in der Regierung hätten mit Stoll in ihren Reihen wieder mal einen mit einer echten Perspektive nach der Regierungszeit.
Das war zuletzt mit Paul Nyffeler so. Der war 1975 bei seiner Wahl 36 Jahre alt und nicht einmal Mitglied des Landrates. Er wechselte nach seinem Rücktritt 1989 als CEO zur Basellandschaftlichen Kantonalbank.
Zuerst erschienen in der Basler Zeitung vom 7. Februar 2018
G. Koller meint
Das Thema war auch dem letzten Spiegel (print Nr. 6) ein Artikel wert: #diese alten Leute
Zitat daraus: „Der Jugendforscher Klaus Hurrelmann spricht von einer ‚generationalen Echokammer‘, in der die älteren Jahrgänge einander in ihrer skeptischen Haltung gegenüber den Jungen bestätigen würden.“
Marc Schinzel meint
Alles gute Namen. Zu BL: FDP-Landrätin Saskia Schenker bildet sich sorgfältig ihre Meinung und steht dann ruhig und sachlich dazu, auch im starken Gegenwind. Das ist leider nicht mehr selbstverständlich. SP-Landrat Diego Stoll politisiert ohne Scheuklappen und zieht, ohne seine Grundhaltung zu verleugnen, pragmatische Lösungen ideologischen Grabenkämpfen vor. In der Justiz- und Sicherheitskommission arbeite ich gut mit ihm zusammen.
angrymonk meint
Das ist natürlich viel wert, wenn die genannten Personen die Gunst von Marc Schinzel geniessen!
Bringold Margareta meint
Ja das Label „Geschinzelt und für gut befunden“ müssen wir uns merken.
Bringold Margareta meint
Neben den monetären Interessen haben die Sesselkleberinnen (Männer sind mitgemeint) wohl einfach Angst davor, nach ihrem Rücktritt in die Bedeutungslosigkeit zu versinken. Auf jeden Fall ist mir junges Gemüse lieber als alte Schachteln. Und deshalb bin ich auch für das Stimmrechtsalter 16. Dann können die Jungen zwei Jahre früher politische Erfahrungen sammeln und kommende Polittalente können früher zum Zug kommen. Frisches Blut täte unserem Kanton auf jeder Ebene gut. Nach Jahren der Stagnation und Sparwut braucht unser Kanton ein zukunftsgerichtetes Zeichen. Geben wir den Jungen eine Chance (oder auch zwei, drei).