Am zwölften Tag des vermeintlichen Berset-Skandals, also heute, lesen wir in der SonntagsZeitung Erstaunliches: Das mit Berset, seinem Frankreichflug und den französischen Abfangjägern – April, April.
Es sei ganz anders gewesen, nämlich so:
Franzosen funkten Berset falsch an
Aufgezeichnete Funksprüche zeigen, dass die französische Flugsicherheit einen Buchstaben beim Kennzeichen der Cessna verwechselten, mit welcher der Bundesrat über militärisches Sperrgebiet flog.
Redaktionsleiter Andreas Kunz verwedelt:
Berset habe die französische Luftabwehr blamiert und überhaupt:
Sorgt der populäre Berset mit seinen privaten Eskapaden eher für ein Schmunzeln im Land, entwickelt sich Simonetta Sommarugas Energiepolitik….
Schmunzeln im Land?
Die NZZ (Jahres-Abo 949 Franken), die die Geschichte lanciert hatte, am 12.7. dramatisch:
Ein Mitglied der Schweizer Landesregierung hat in einem Nachbarland einen Einsatz der Luftwaffe ausgelöst. Der Frankreich-Flug von Alain Berset, diese angebliche «affaire privée», hat das Zeug zur «affaire publique»..
Und fantasierte gleichentags:
Vielleicht wollte Berset, der während der Pandemie enorm belastet war, kürzlich einen Vertrauten verlor und um die AHV-Revision fürchten muss, einfach etwas Luft ablassen. Vielleicht war er abgelenkt. Vielleicht hat er den Flug ungenügend vorbereitet. Vielleicht hat er die Franzosen nicht ernst genommen. Und man fragt sich: Hat der Mann zu viel Druck?
Da mochten die Tagesanzeiger-Bezahlmedien (549 Franken Jahresabo für die BaZ) nicht hintanstehen:
Genauso wie Tom Cruise liess er sich vom Kommandoturm nichts sagen.
Verbote und Regeln kümmerten ihn nicht: Als der Bundesrat in luftiger Höhe militärisches Sperrgelände überquerte, beeindruckte ihn das kein bisschen – womöglich hatte er das Funkgerät auch einfach aus –, er mochte sich da vorne am Steuerknüppel von niemandem stören lassen.
Tamedia haut einen Tag später noch einen oben drauf:
Zeit für einen Jobwechsel. Das Innendepartement ist zu wichtig für die Schweiz. Es braucht einen Bundesrat an der Spitze, der sich nicht auf Nebenschauplätze verirrt.
Da mussten, logo, die CH-Medien hinterher hecheln:
Man glaubt die Nachricht kaum, doch sie ist wahr: Die französische Luftwaffe musste ein von Alain Berset pilotiertes Sportflugzeug zur Landung zwingen, nachdem dieses angeblich ein Sperrgebiet missachtet hatte. Die peinliche Geschichte lässt tief blicken.
In der Tat: Die peinliche Geschichte lässt tief blicken.
Tief in den Herdentrieb der Schweizer Medien beim Umgang mit Fakten.
Karl Linder meint
Ich würde meinen, dass der Faux-Pas in der Öffentlichkeit ist eher da anzusiedeln, dass der SP-Magistrat im Privat-Flugzeug rumdüst, während die SP-Präsidial-Einheit das Fliegen einschränken wollte. Wasser und Wein.
M.M. meint
Klar, man hätte die Story auch anders schreiben können. Aber das wäre nur ein halber Aufreger gewesen.
Sissachr meint
Jo, natürlich kann man jetzt die reflexartig einsetzende Schnappatmung der Journis kritisieren, allerdings kam das mit den falschen Funksprüchen auch reichlich spät raus. Und lamentiert wurde ja nicht bloss die Sache mit der Verletzung der militärischen Schutzzone, sondern dass der Alää halt Flugi fliegt als SP-ler und das dürfen scheints nur Leute aus Parteien, die nicht gegen die Klimaveränderung rumbrüllen oder ans ESAF wollen.
Michael Przewrocki meint
Vielleicht auf Geheimmission und Alle schreiben munter wie orchestriert Fantasien.
Die Schwarzwaldgeschichte glaub ich genauso wenig.
Und jetzt sind die Franzosen auch noch ausgestiegen.