Man muss unumwunden zugeben: Das Verhältnis der Schweiz zur EU ist ziemlich kompliziert.
Weshalb man ohne weiter nachdenken zu müssen, feststellen kann: die allermeisten Politiker in Bern haben genau so wenig einen Durchblick, wie unsereiner.
Doch Brexit sei dank, kann man das Verhältnis der Schweiz zur EU besser verstehen lernen.
Zum Beispiel am Beispiel der Regelung der nordirischen Grenzfrage im Austrittsvertrag der Briten.
Dort sind nicht die Zollkontrollen das grösste Problem für den reibungslosen Warenverkehr ab 2021.
Wie der Guardian schreibt, sind es die Aus- und Einreiseformulare, die jeder Transporteur künftig ausfüllen muss.
Es handelt sich um Sicherheitszertifikate als Teil eines Antiterrorregimes, das zum Schutz der USA nach den Anschlägen vom 11. September 2001 entwickelt wurde.
Die rechtliche Grundlage der Formulare ist in einem komplexen 557-seitigen Dokument festgehalten, mit dem im Grunde nur speziell ausgebildete Fachleute umgehen können.
Die Formulare müssen nicht nur für den innenbritischen Warenverkehr in Nordirland, sondern insbesondere auch für Frachtfahrten zwischen Dover und Calais ausgefüllt werden.
Die Sicherheitsbestimmungen sind denn bei den Behörden in Calais eher Anlass für Besorgnis über den künftigen Arbeitsaufwand, als mögliche Zolldeklarationen.
Zumal diese Checks auch für zollfreie Ware gelten.
Innerhalb der EU muss dieses Zertifikat hingegen nicht ausgefüllt werden.
Und jetzt kommen wir zum Lernprozess: Weshalb müssen Schweizer Exporte in die EU diese aufwändigen (und kostentreibenden) Sicherheitschecks nicht durchlaufen?
Von denen wir ja noch nie gehört haben.
Zwischen der Schweiz und der EU sind keine Sicherheitszertifikate erforderlich, weil wir die EU-Vorschriften übernehmen.
Ohne Mitsprache, also fremdbestimmt (an dieser Stelle darf gelacht werden.)
Die Briten wollen sich nicht wie die Schweizer dem Diktat Brüssels unterwerfen, (hier ist nochmals ein Lacher erlaubt).
Ergo Briten: Formulare ausfüllen – weil es die Amerikaner so wollen!
Sollte die Schweiz tatsächlich die Personenfreizügigkeit (in der Mai-Abstimmung) kündigen, wird noch sehr viel Kleingedrucktes hochgespült werden, von dessen Existenz wir keine Ahnung hatten.
Weil in den letzten Jahrzehnten für den Normalbürger sehr vieles halt einfach so verdammt selbstverständlich geworden ist.
Feix Udo meint
Grüezi wie man in der Schweiz sagt. Ich verfolge Deine Kommentare mit großem Interesse, da man verschiedener Meinung über EU, Brexit und insbesonders der Schweiz zur „Insellösung“ in Europa haben kann. Ein schier endloses Thema ist sicher die britische Einstellung zu Europa, aus der Brille „wir ein Königreich“, da darf man gespannt sein, welchen Lernprozess die Johnson „Fans“ noch zu erwarten haben. Ernst gemeint ist die Beobachtung, welche Zugeständnisse Europa unter von der Leyen zu bieten hat? Grüße Udo