Eigentlich dachte ich, als Frau Pegoraro vor ziemlich genau einem Jahr endlich ging und die Sozialdemokratin nachrückte: Jetzt klinke ich mich aus.
Weil ich nicht die geringste Lust verspürte, mich bis ins Jahr 2031, wenn Frau Schweizer aller Voraussicht zurücktreten wird, mit ihr zu beschäftigen, die ich als Leichtgewicht empfand, aber dachte, ja nu denn halt, ist ja egal.
Was zählt: die SP ist wieder in der Regierung.
Logisch, dass eine aus der Adil-Truppe gepusht wurde. Dass die Wahl auf Schweizer fiel, lag in der Logik des internen Parteiengezänks: Leutenegger Oberholzer hatte alles getan, um sie als ihre Nachfolgerin im Nationalrat zu verhindern. Also halt in die Regierung mit ihr.
Ein ganzes Jahr war Ruhe.
Zwischendurch habe ich mich tatsächlich gefragt: Was macht eigentlich die Schweizer? Scheinbar hatte sie den Laden im Griff, sonst hätte man ja was gehört.
Doch nun diese Oberbaselbieter Spielgeld-Affäre.
Die hat sich irgendwie angekündigt.
Leute, die näher dran sind, fragten sich nach der Nach-Corona-Medienkonferenz, ihrem ersten ernsthaften öffentlichen Auftritt, wann sie ins Messer läuft. Die ehemalige Kantonsangestellte im Nachbarkanton hatte sich ohne kritische Distanz nicht nur vor sondern auch noch hinter ihre Leute im etwas „drümmligen“ Baselbieter Krisenstab gestellt.
Mit einer solchen Lappalie hat allerdings niemand gerechnet.
Die Polizeidirektorin (und mit ihr die SP) wollen die peinliche Spielgeldgeschichte nach bewährtem Baselbieter Politmuster bodigen: Indem die Glaubwürdigkeitskeule geschwungen wird.
Da ist zum einen Daniel Wahl, der die Sache ins Rollen gebracht hat. „Ist halt so eine Wahlgeschichte.“ In der BaZ.
Weshalb man zu Jermann von der bz geht. (Regierungsräte gehen gerne zur bz, um ihre Gegendarstellung zu einem BaZ-Artikel in den Politbiotopen in Stadt und Land zu verbreiten)
Jermann – den ich übrigens schätze –hat es übernommen, die Fragen zu stellen..
Ich liebe Interviews in Zeitungen.
Ein Interview ist die beste PR-Massnahme, um direkten Einfluss auf den redaktionellen Inhalt einer Zeitung zu nehmen.
Weil die Antworten immer geschönt sind.
Zum einen redet kein Schweizer Politiker so geschliffen, wie es sich liest. Und zum anderen werden die Antworten vom Interviewten (und von weiteren Leuten im Hintergrund) vor der Veröffentlichung durchgelesen und (fast immer) in die vom Interviewten gewünschten Richtung angepasst.
Weshalb für die Leser ein Interview im Print – anders als zum Beispiel im Radio – nicht viel wert ist.
Insofern ist das bz-Interview inhaltlich top („wir haben unseren Standpunkt sehr gut rübergebracht“, wird Direktionssprecher Adrian Baumgartner gejubelt haben, der fleissigste aller Mediensprecher des Kantons).
Doch wie man sieht, war das Interview kein Befreiungsschlag, sondern ein Flop.
Gehen wir noch kurz auf den einen Satz im Interview von Frau Schweizer ein, weil er in die gleiche Kategorie von Andeutungen gehört wie „…nicht die volle Geschichte erzählen darf“:
Das Foto in der Zeitung wurde aber nicht von der Polizei aufgenommen und in Umlauf gebracht.
Frau Schweizer will damit den Leuten im Liestaler Politbiotop signalisieren, dass die Familie nicht ohne Hilfe von aussen nie und nimmer einen derartigen Wirbel veranstaltet hätte.
Jemand hat sie angestachelt.
Die Geschichte, die hinter vorgehaltener Hand herumerzählt wird, geht so: Hinter dem Pressewirbel steckt Meinrad Stöcklin, der ziemlich unrühmlich aus dem Dienst geschieden ehemalige Pressesprecher der Polizeidirektion. Da sollen gar verwandtschaftliche Verbindungen bestehen.
Und überhaupt der Stöcklin, der hat doch noch offene Rechnungen mit seinem früheren Arbeitgeber.
Kurz: Wahl und Stöcklin sind ein explosives Gemisch und mein Gott, wer traut den beiden schon über den Weg?
Doch das ist keine Affäre Wahl/Stöcklin.
Das ist die Affäre Schweizer.
Und anders als sie meint, handelt es sich auch nicht um eine politische Auseinandersetzung („Gegenwind gehört zur Politik, das muss jede Politikerin, jeder Politiker aushalten.“)
Das Thema, das zur Debatte steht, ist gesunder Menschenverstand.
Zum einen.
Und zum anderen die Reife, die man – als 51-Jährige (!) – für ein anspruchsvolles Politamt mitbringen muss.
Statt also gesunden Menschenverstand und Reife im Amt walten zu lassen, macht sie die Sache noch schlimmer, indem sie in eigener Sache auch noch einen Zürcher Rechtsanwalt anheuert, um herauszufinden, ob „gegen geltendes Gesetz verstossen wurde.„.
Und damit die Affäre ohne Not in die Länge zieht. In ein paar Wochen, wenn der Bericht vorliegt, kocht die Geschichte nochmals hoch, zur Freude der Medien.
Dabei steht das Untersuchungsergebnis schon heute fest: Nein, wird der Anwalt schreiben, alles war rechtens und anmerken: aber es hat an Augenmass gefehlt.
Manchmal ist es gut, einen lokalen Sturm im Wasserglas aus der Distanz zu betrachten.
Weshalb wir die Bild-Zeitung zitieren (ja auch die hat sich der Geschichte angenommen, so wie der britische Guardian, die FAZ, DIE WELT, Der Stern, die Kleine Zeitung (Österreich), die Oberösterreichische Nachrichten, der Wochenblick (Österreich), t-online, Nordkurier (D) und die New York Times.)
„Er drohte mit einer Hausdurchsuchung, wenn wir nicht sämtliche Faschings-Euro-Nötli herausrückten, und machte Fotos von den beiden Jungen wie von Schwerverbrechern“, berichtet Peters Tante (39). Sie war beim Verhör des strafunmündigen Jungen dabei. „Wo ist denn da die Verhältnismäßigkeit? Hier kennt jeder jeden. Wir gehen mehrmals pro Woche in dem Laden einkaufen. Die Verkäuferin hätte uns einfach direkt ansprechen sollen.
Henry Berger meint
Heisst der Sprecher der Polizei BL nicht Adrian GAUGLER (statt Baumgartner)?
M.M. meint
Der Name ist schon richtig. Der Hinweis „ex Telebasel“ war falsch und die Bezeichnung „Polizeisprecher“ missverständlich.
Ist korrigiert.
Danke für den Hinweis.