400 Millionen USD hat Kevin Systrom, CEO von Instagram, mal kurz über Ostern am 1-Mia-Deal mit Facebook verdient.
Ihm gehören 40 % des Fotosharing-Unternehmens, das gerade mal 13 Mitarbeiter zählt und erst 2009 gegründet worden war und dessen App seit 2010 fürs iPhone zur Verfügung steht.
Das ist schnell verdientes Geld, für etwas, dessen Wert dank 30 Mio. Nutzer und den aktuellen Nöten von Facebook, als Desktop-Unternehmen im künftig einzig wichtigen Mobilbereich ziemlich dürftige Applikationen liefert.
Dabei ist Herr Systrom nicht mal Programmierer sondern hat sich die paar Dinge, die man wissen muss, selbst beigebracht.
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Der Clou an Instagram ist jedoch nicht allein der Umstand, dass man auf dieser Social Media-Plattform Fotos tauschen kann. Der Witz an der Sache ist, dass dank den angebotenen Filtern jede fünftklassige Aufnahme zu etwas Besonderem gestylt werden kann.
In der Fotogalerie habe ich mit einem anderen Gratisprogramm, Pixlr-o-matic (ich habe keinen Bock mehr auf Mitgliedschaften bei Social Media-Diensten) ein paar wenige Beispiele von mehreren Hundert möglichen Kombinationen zusammengestellt. Das erste Bild ist das Ausgangsbild.
Ist doch verblüffend.
Keine Frage -Instagram wird unsere Sicht auf die Realität verändern. Der Gratisdienst, der jetzt zum Facebook-Konzern gehört, wird auf lange Zeit hinaus bestimmen, was wir unter einem guten, originellen, gelungenen usw. Bild verstehen.
Man soll ja nicht dauernd den Weltuntergang an die Wand malen. Tatsache ist jedoch, dass mit Instagram und anderen Fälschertools unsere Realität für kommende Generationen verzerrt wiedergegeben wird.
Wir kennen das Beispiel aus dem Zweiten Weltkrieg: Dieser ist für uns alle schlicht und einfach schwarzweiss. Die paar Farbaufnahmen muten uns Nachgeborenen irgendwie unwirklich an. Das war doch eine dunkle Zeit, zu der doch keine Farbe passt.
In den nächsten Jahren wird das Internet, vor allem Facebook, von diesen gelbstichigen, konzentriertfarbigen, künstlichzerkratzten und sonst wie verfremdeten Bildern förmlich überschwemmt.
Gut möglich, dass man die Realität gar nicht mehr als solche erkennt, weil sie durch Instragram nachhaltig verfälscht wird.
Damit verschwindet etwas, das wirklich neu ist: Das millionenfache Abbild unserer Welt in Echtzeit.
PS: Der Hintertreppenwitz der Fotogeschichte sei auch noch kurz erzählt: Die Kameras in den neuen Handys liefern Bilder in einer Qualität wie nie. Dann geht man hin und zerstört die Aufnahmen mit standartisierten Filtern, damit es aussieht, als hätte man eine Kamera von ganz miser Qualität benutzt.
Michael Przewrocki meint
Die besten Bilder sind jene die „abverheit“ sind.
Henry Berger meint
Aber aber Herr Messmer: Bei der Zeitung bejubeln Sie äusserst enthusiastisch den digitalen Fortschritt – und hier sind Sie so nostalgisch!?
Wahrsager meint
In der Sonntags-Bloz wurde eine solche Verfremdung eines hochgejubelten Kunstfotografen nur halbherzig zerpflückt. Es meinte Miroslaw Tichy-der mit seinem selbstgebauten Holzkameras Frauen aus dem Hinterhalt abschoss: „Wenn Du berühmt werden willst muss Du es nur schlechter machen als alle Anderen“. Er wollte gar nicht berühmt werden, nicht belästigt werden. Die Lebensdokumentation wurde von Autoren(der sich laut Tichy Rechte an den Bilder sicherte) wurde zensuriert, genau jene Stelle wo er verächtlich seine von Mäusen angefressen Bilder am Boden vom Staub frei klopft….
Das Analoge hat noch lange nicht ausgedient, kann einen als Fotografen vielmals retten.
bugsierer meint
bisschen gar kulturpessimistisch. der wandel hat sich nicht nur vor 60 jahren von s/w zu 4f vollzogen, sondern danach ca. alle 5 jahre mit neuen technologien. und auch früher haben profifotografen oder layouter in die bilder eingegriffen und also alles andere als die ralität abgebildet. dass das jetzt auch normaluser können, sehe ich eher als vorteil denn als nachteil.