Politik kann auf ideologischer Überzeugung, parlamentarischen Zwängen und auch auf dem Wunsch beruhen, den Wählern zu gefallen.
Oder den Medien.
Und gewählte Politiker machen aus unzähligen Gründen immer mal wieder saudumme Fehler. Weil sie nur bis zum nächsten Wahlkampf denken. Weshalb das, was sie eben beschliessen, ziemlich logisch klingt – in ihrer Echokammer.
Einer dieser Fehler war zum Beispiel, dass man den Laufentalern im Anschlussvertrag Dinge versprochen hat, die man heute gar nicht mehr einhalten kann. Zum Beispiel, dass man für die knapp 20 000 Einwohner ein eigenes Spital garantiert.
Allzu oft reden Politiker einfach nur Mist.
Was dann mit dem Adenauer-Satz «Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern» weggewischt wird.
Nehmen wir beispielsweise den Fraktionschef der FDP-Landratsfraktion Rolf Richterich. Er gehört zu den schlagkräftigsten Trommlern seiner Partei gegen die Spitalfusion. Das Ergebnis sei ein Moloch, da werde eine teure Strukturerhaltung «auf schweizweit höchstem Niveau» betrieben, das Konstrukt werde für beide Kantone unbezahlbar.
Und überhaupt – seine Partei habe mit der Idee von drei kleineren Spitälern das bessere Konzept als die von den beiden Regierungsräten Engelberger und Weber vorangetriebene Fusionsstrategie.
Der Landrat war anderer Meinung.
Aber dann wechselte der Laufentaler, dessen politische Zeit sich ihrem Ende zuneigt, seine Position um 180 Grad.
Denn nun ging es um den Erhalt des Kleinstspitals in Laufen, das der Talschaft auch künftig einen 24-stündigen Notfalldienst bereitstellen soll. Für Grippefälle, Wespenstiche, Komabesäufnisse oder was es halt sonst so an Unglücksfällen und Gebrechen im Laufental geben kann.
1,5 Millionen Franken pro Jahr wird «das staatspolitische Signal» ans Laufental kosten, total 4,5 Millionen Franken bis ins Jahr 2022.
Wir verstehen das: Politiker müssen die Wirklichkeit ausblenden oder umdrehen oder weiss sonst was mit ihr machen, dass aus Mist schlüssiger Mist wird.
Man könne, haute Richterich folgerichtig noch einen drauf, das Laufentaler Spital wirtschaftlich betreiben. Heute rentiere die Klinik wegen der anderen nicht, den Liestalern und den Bruderhölzern.
Leider nahm man ihn nicht beim Wort, als er keck behauptete, die Laufentaler könnten das Spital ohne Verlust in Eigenregie weiterführen.
An dieser Abstimmung, an der die 4,5 Millionen beschlossen wurden, nahmen gerade noch 28 von 90 Landrätinnen und Landräten teil, also 31 Prozent, was die notorisch tiefe Stimmbeteiligung im Landkanton bestens widerspiegelt.
Doch soll man sich nun über Richterich ärgern oder denjenigen einen Vorwurf machen, die sich lieber eine Kaffeepause gönnen, als sich mit den Laufentalern rumzuärgern?
Nein, müssen wir nicht.
Es war unsere Entscheidung, unsere Freiheit als Wählerinnen und Wähler sowohl Herrn Richterich als auch die Pausenmacher zu wählen.
Ich weiss nicht mehr, wer es gesagt hat, aber der Satz ist gut, er geht sinngemäss so: Wenn sich die Citoyens entscheiden, dem Feuer den Rücken zuzukehren, und sich dabei ihren Hintern verbrennen, dann müssen sie halt auf ihren Blasen sitzen.
Betrachten wir es deshalb so: Die 4,5 Millionen sind nichts als eine Schmiergeldzahlung ans Laufental, ein Stimmenkauf für die kommende Volksabstimmung. Das kommt uns unterm Strich billiger als deren Opposition.
Den Geldhahn kann man später wieder zudrehen.
Zuerst erschienen in der Basler Zeitung vom 19. September 2018
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09:30 Uhr Nachtrag: Beim Abstimmungsverhalten habe ich mich auf die Berichterstattung in der Basler Zeitung bezogen.
„Mit 20 zu 4 Stimmen bei 4 Enthaltungen hat der Landrat dafür einen Kredit von 4,5 Millionen Franken bewilligt.“
Man macht mich darauf aufmerksam, dass die das falsch geschrieben haben. Denn so ein Abstimmungsergebnis wäre gar nicht gültig, weil mindestens die Hälfte der Ratsmitglieder anwesend sein müssten.
Richtig ist: An der Abstimmung über dieses Geschäft haben 84 Ratsmitglieder teilgenommen. Womit dieser Teil meiner Kolumne Mist wäre.
Paule meint
Und was hat M.M. heute gelernt ? Verlasse dich nicht auf die Berichterstattung in der BaZ.
Arlesheimreloadedfan meint
Nur macht das die Sache schlimmer.
60 Landratten stimmen einem absoluten Seich zu.
Im Baselbiet mangeld es wahrlich nicht an Wurstliburger !
Bringold Margareta meint
Sie wissen aber schon, dass Sie den Begriff Landratten im Zusammenhang mit dem Landrat nicht verwenden dürfen. Es gibt Spezies, die sich hier tummeln, die darauf sehr allergisch reagieren. In der Sache haben Sie aber recht. Es ist politischer Selbstmord, wenn ich mich als Laufentalerin kritisch zu diesem Deal äussere. Ich sehe es aber genauso wie M.M. Es ist ein Stimmenkauf für die kommende Spitalabstimmung. Man könnte sich als Laufentaler Politiker durchaus vertieft mit dem Spital Laufen auseinandersetzen. Was nützt uns dieses Spital, wenn uns die Hausärzte ausgehen? Meiner Meinung nach könnte mit einer Hausarzt-Praxisgemeinschaft in Bahnhofnähe mit längeren Oeffnungszeiten am Abend und am Samstagmorgen eine ausreichende Gesundheitsversorgung im Laufental sichergestellt werden. Es braucht keine 24-Stunden-Notfallversorgung für nicht dringende Notfälle. Denn dringende Notfälle wie Verkehrsunfälle oder Herzinfarkte gehen heute schon auf dem schnellsten Weg ins Unispital. Zudem haben wir in Dornach, Liestal und Delémont Spitäler mit Notfallversorgung. Ich hoffe also, dass sich die Laufentaler Politiker in den nächsten drei Jahren vertieft mit einer zukunftsgerichteten Gesundheitspolitik im Laufental befassen.
Marc Schinzel meint
Achtung! In Sachen Abstimmung zum Geschäft Spital Laufen ist Ihnen ein massiver “Bock“ unterlaufen: Es waren nicht 28 Mitglieder, die an der Abstimmung teilgenommen haben, sondern 84. 60 stimmten für, 20 gegen die 4.5 Millionen, 4 enthielten sich der Stimme. Die FDP war bis auf Rolf Richterich und Jürg Vogt dagegen (13 Nein zu 2 Ja, alle Angaben gemäss elektronischem Protokoll vom 13.09.18). Mit bloss 28 im Saal anwesenden Mitgliedern wäre der Landrat gar nicht beschlussfähig (Paragraph 50 Landratsgesetz). Bitte rasch korrigieren, denn das Bild vom sorglos kaffeetrinkenden Landrat ist arg falsch. So viele funktionstüchtige Kaffeemaschinen haben wir im Foyer des Regierungsgebäudes gar nicht …
M.M. meint
Habe das bereits korrigiert, siehe oben. Hatte mich auf die Berichterstattung in der BaZ bezogen.
Marc Schinzel meint
Immer diese Fake News. So ein Szenario wäre höchstens im Grossen Rat zu Basel möglich. Die sollen im Vorzimmer ja ab und zu Bier ausschenken … 🙂 🙂
M.M. meint
Hatte Kontakt mit Thomas Dähler, der den Beitrag geschrieben hat. Nimmt alle Schuld auf sich. Sein Fehler. War offensichtlich nicht der einzige in seinem Beitrag.
Habe die Mails, die mich inzwischen erreicht haben, an ihn weitergeleitet.
Ja nu denn halt.
Marc Schinzel meint
Am Laufental hat sich schon so manche(r) die Zähne ausgebissen :-;