Das ist jetzt meine 77. Kolumne. Mittwoch für Mittwoch schreibe ich hier Zeugs, das mir gerade so durch den Kopf geht.
Das Problem beim Schreiben ist eigentlich immer der erste Satz. Wenn der mal da ist, dann kommt der Rest von selbst. Schliesslich bin ich seit 1974 im Geschäft, zunächst zwölf Jahre als Journalist – war unter anderem in den frühen 80er-Jahren als Redaktor für diese Zeitung tätig – und verdiene seit 1986 bis heute als Kommunikationsberater. Mit Nachdenken und Schreiben.
Dazwischen bin ich immer mal wieder längere Zeit weg und schreibe diese Beiträge auch mal aus Teheran, Hanoi oder Bangkok. Internet gibts jetzt schliesslich überall.
Ich bin heute insofern ziemlich frei und unabhängig, weil unsere vier Kinder ausser Haus sind, wir keine Mitarbeiter mehr beschäftigen und wir – meiner Frau gehört die Hälfte der Agentur – überhaupt für unseren Lebensunterhalt nicht mehr arbeiten müssten. Nach bald mal dreissig Jahren als KMU-Unternehmer – mit bis zu vierzehn Mitarbeitern und mit vielen Rauf und Runter – ist der tägliche Kampf ums wirtschaftliche Überleben endgültig vorbei.
Wobei ich rückblickend feststellen muss, dass ich mir in all den Jahren weitaus weniger Sorgen hätte machen müssen. Aber wer kann schon, wenn er sich mit Mitte dreissig in die Selbstständigkeit aufmacht, seine Zukunft voraussehen?
Ich flechte das mal hier ein, weil mich letzte Woche auf der Strasse ein Herr auf meine Kolumne angesprochen hat und meinte, wo ich denn das hernehme, in der BaZ Woche für Woche irgendwelchen Politikern die Leviten zu lesen (ich werde recht oft auf diese Kolumne angesprochen.) Und meine Nachbarin meinte kürzlich, ich solle doch in die Politik gehen, wenn ich immer alles besser wüsste.
Ich muss deshalb davon ausgehen, dass die wenigsten Leser wissen, wer denn dieser Messmer überhaupt ist.
Das mit dem Kolumne-Schreiben, ja überhaupt mit dem Schreiben, ist halt so eine Sache. Wer schreibt, der exponiert sich, der stellt sich mit seinen Gedanken und Sätzen an den Pranger. Wer schreibt, der muss damit leben, dass er mit Torten beworfen wird. Es gibt eben dieses Phänomen, mit dem ich nach über vierzig Jahren im Kommunikationsgeschäft ziemlich locker umgehen kann: Egal, was auch immer man sagt und schreibt, irgendjemand widerspricht dir und meint es besser zu wissen.
Vielleicht kennen Sie das: Sie breiten in einer Sitzung ihre Überlegungen aus, zeigen dieses und jenes denkbare Szenario auf, es folgt eine lebhafte Diskussion. Einer schweigt die ganze Zeit. Er meldet sich erst am Ende des Meinungsaustauschs zu Wort, fasst das Gesagte kurz zusammen und erklärt dann, weshalb dieses und jenes nicht funktionieren könne, man solle das Ganze nochmals genauer anschauen.
Man vertagt sich und eine Woche später wird festgestellt, dass am vorgeschlagenen Konzept nichts geändert werden muss. Es gab Zeiten, da habe ich diese Typen mit dem letzten Wort benieden. Weil ich der irrigen Meinung war, es handle sich bei den Schweigern um überlegene Denker.
Bis ich im Verlaufe der Zeit erkennen musste: Da ist nichts ausser Bedenken.
Nun gut, ich bin mir bewusst, dass nichts, was ich hier schreibe, wirklich von Bedeutung ist. Eines möchte ich jedoch auf keinen Fall: Sie, geschätzte Leserinnen und Leser, langweilen. In diesem Sinne wünsche ich einen guten Rutsch ins neue Jahr.
Ich bleibe Ihnen auch 2016 erhalten.
Zuerst erschienen in der Basler Zeitung vom 30. Dezember 2015
Sullivan Frisch meint
Der Klimawandel bleibt uns auch erhalten…
Grummel meint
Ein Linienvorgesetzter ist immer ein «überlegener Denker». Das wusste schon Laurence J. Peter.
In diesem Sinn: Ein «stimmungsvolles» Jahr 2016.