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Ich habe mich geirrt

15. Oktober 2015 By M.M.

Als im Februar 2000 erstmals «Big ­Brother» ausgestrahlt wurde, habe ich mir folgende Verschwörungstheorie zusammengebastelt: Da wird die Bevölkerung auf die totale Überwachung vorbereitet. Und in der Tat: Bezeichneten Journalisten bei der ersten Staffel das Rund-­um-die-Uhr-Eindringen in die ­Privatsphäre der Teilnehmer als einen «gesellschaftlichen ­Tabubruch», so schaute bei der elften Staffel kaum noch jemand zu.

Als Paulo Sousa 2014 Trainer des FC Basel wurde, führte er als Erstes die totale Überwachung seiner Spieler ein. Damit keiner mehr schummeln konnte, wurden während des ­Trainings mit portablen Datenerfassern Position, Geschwindigkeit und die Herzfrequenz protokolliert. Und selbst nachts, wenn die Fussballer schliefen, liess Sousa deren Herzfrequenz ­aufzeichnen. Seine einleuchtende Erklärung in bestem Neusprech: «Wenn wir die Technologie haben, um den Spielern zu helfen, warum sollten wir es nicht tun?»

Was inzwischen für Hochleistungssportler zum Alltag gehört und deshalb von Sportjournalisten nicht hinterfragt wird, erreicht nun auch die Wirtschaft.

Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg kürzlich berichtete, sind in Grossbritannien Hedge-Funds, Banken, Callcenter und ­Beratungsunternehmen dabei, ihre Mitarbeiter mit tragbaren Tracking-Systemen ­auszurüsten, um deren Leistungsfähigkeit mit ­Biosensoren zu ­überwachen. Darüber hinaus ­findet eine Echtzeit-Stimmenanalyse statt, um sofort zu erkennen, ob der Mitarbeiter gestresst ist.

Weil die Rechtslage noch ziemlich unklar ist, werden diese Versuche mit Geheimhaltungs­vereinbarungen abgesichert. Auch Unternehmen geht es darum, bei ihren Mitarbeitern im richtigen Moment Spitzen­leistungen abzurufen. «Human Optimization» nennt man das.

Doch auch der nächste Schritt wird bereits erprobt: das «Lifestyle Monitoring». Wer in den USA als «High Potential» identifiziert wurde und somit die Karriereleiter hochsteigen darf, dessen ­Freizeitverhalten soll ebenfalls überwacht ­werden. Denn wer nicht genug schläft, sich schlecht ernährt, Alkohol trinkt und zu wenig Sport treibt, bringt nicht die Leistung, die von Spitzenverdienern gefordert wird.

Ab März 2018 müssen gemäss einer EU-­Verordnung bei einem Unfall alle Neuwagen mit einem eingebauten Telematiksystem einen ­automatischen Notruf absetzen können, das heisst: Alle Autos werden künftig mit dem Internet verbunden sein und damit alle möglichen Daten aus dem Bordcomputer an eine Zentrale schicken können. Und wie immer gilt dabei die Aussage: Das ist praktisch und dient der Sicherheit.

Eine schweizerische Staatsanwaltschaft hat kürzlich nach einem Unfall vom Fahrzeughersteller die Herausgabe der Fahrdaten verlangt und mit diesen Aufzeichnungen den Autounfall rekons­truiert. Der Fahrer wurde zu einer empfindlich hohen Strafe ­verurteilt, weil er gemäss ­Aufzeichnungen schon lange vor dem Unfall zu schnell gefahren ist.

Manor macht seine Kunden darauf aufmerksam, dass jeder ihrer Schritte im Einkaufszentrum überwacht wird, dank Handy-Ortung. Die machen das für eine «anonyme statistische Studie der Besucherströme». Seit dem 1. September ­werden die Daten zum Seh-, Surf- und Telefonierverhalten der Cablecom-Kunden «an Dritte im In- und Ausland» ausgeliefert.

Zusammengefasst: Ich muss gestehen, ich habe mich bei «Big Brother» geirrt. Es waren nicht böse Regierungen, die uns an die Totalüber­wachung gewöhnen wollten.

Es war die gute Wirtschaft.

Zuerst erschienen in der Basler Zeitung vom 14. Oktober 2015.

Kategorie: Einsichten Stichworte: BaZ-Kolumne

Leser-Interaktionen

Kommentare

  1. G. Koller meint

    17. Oktober 2015 um 23:09

    Guter Text. In der Gesetzgebung zu dieser Entwicklung laufen die europäischen Regierung hinterher, soweit sie nicht von den eigenen Geheimdiensten konterkariert werden, und von denen aus Übersee ganz zu schweigen.

    Interessant dazu der Artikel von Sascha Lobo auf Spiegel online vor paar Tagen:
    http://www.spiegel.de/netzwelt/web/die-bittere-wahrheit-ueber-die-vorratsdatenspeicherung-kolumne-a-1057731.html

  2. Michael Przewrocki meint

    15. Oktober 2015 um 17:28

    Die Russen haben eine Wärmebildkamera entwickelt welche auf Distanz Emotionen darstellen kann.
    http://rostec.ru/de/about/holdings/345
    NB: Unserem Boulevard-Blatt war diese Info in passendem Zusammenhang nicht opportun.Oder die wollen das dann einmal als neue Information verkaufen.

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