Das waren die ehrlichsten zwei Sätze, die ich in letzter Zeit von einem Unternehmenssprecher vernommen habe: «Wir wissen im Moment nicht genau, wie die Zukunft aussieht, die Veränderungen am Markt sind noch im Gange.»
Und: «Es ist schwierig zu sagen, wo wir in drei oder fünf Jahren stehen werden.»
Zu Protokoll gegeben hat sie Messesprecher Christian Jecker. Im Auftrag der Unternehmensleitung und des Verwaltungsrates der MCH Group.
Bemerkenswert ist das Eingeständnis des Messesprechers deshalb, weil der CEO und der Verwaltungsratspräsident eines Unternehmens immer so tun müssen, als hätten sie die Lage und die Welt im Griff.
Auf Jahre hinaus.
Die Gewissheit der Ruderer in den unteren Decks, es werde schon gut kommen, gründet auf der Annahme, dass die oben wüssten, wo es langgeht.
Doch die Erklärung des Pressesprechers birgt jede Menge Hoffnung auf eine spannende Zukunft.
Deshalb stelle ich fest: Hurra, der Baselworld gehts schlecht.
Nicht weil ich Herrn Kamm und Herrn Vischer Schlechtes wünschte, sondern weil ich die Unternehmenskrise bei der Messe Basel als grosse Chance für Basel und die Region sehe.
Wenn man sie denn ergreift.
Dazu muss man zunächst akzeptieren, dass das wegelagerische Geschäftsmodell der Beizer, Hoteliers, Taxifahrer und anderer KMUs im Schlepptau der Messe nicht mehr funktioniert.
Zum anderen eröffnet die achtbare Einsicht der Messeverantwortlichen dem Standortkanton als Aktionär und Hallensponsor die Möglichkeit, eigene Szenarien für die Zukunft des Messegeländes zu entwickeln.
Zeithorizont: 2025.
Basel – vergesst das Baselbiet! – muss sich die folgerichtige Frage stellen: Was machen wir, wenn es die Baselworld in sieben Jahren nicht mehr gibt?
Ich habe mich in der Vergangenheit durchaus kritisch zum Neubau von Herzog & de Meuron geäussert, weil er meiner Meinung nach mehr freien Platz bräuchte, um richtig zur Geltung zu kommen.
Aber: Es handelt sich unbestreitbar um grosse Architektur.
Und die zeichnet sich dadurch aus, dass sie auch anders als ursprünglich vorgesehen genutzt werden kann. Umgenutzte Kirchen, Kraftwerke, Fabriken, Warenspeicher usw. belegen diese Tatsache.
So beurteilt ist der Bau der beiden Basler Architekten ein städtebauliches Juwel.
Weil sich ein Trend weltweit abzeichnet: Dank der Digitalisierung der Fabriken (Industrie 4.0) kommt die Produktion wieder in die urbanen Zentren zurück.
Dieses «Urban Manufacturing» hat nichts mehr mit lärmenden, russenden, Ressourcen verschleudernden Betrieben des letzten Jahrhunderts zu tun. Vielmehr werden neue Betriebe entstehen, die von Kreativteams, IT- und 3D-Spezialisten geführt werden, die individualisierte Produkte fertigen.
Zum Beispiel.
Die Zukunft gehört der Stadt. Es ist Basel und nicht das Fricktal, das den neuen Unternehmern und Kreativen berufliche wie private Entfaltungsmöglichkeiten bietet.
Mit hoher Wertschöpfung und neuen Arbeitsmodellen.
Die Nähe zu den Forschungszentren der Hochschulen und der Uni garantiert innovative Entwicklungen und sorgt für gut ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Man stelle sich also vor, welches Leben in den Herzog-de-Meuron-Manufacturing-Hub am Messeplatz einziehen wird, wenn in sieben Jahren «Old Marketing» durch «New Manufacturing» abgelöst wird. Und der Brand «Made in Basel» zu einem Qualitätslabel wird.
Auf was warten wir noch? Auf gehts!
Zuerst erschienen in der Basler Zeitung vom 15. November 2017.
Michael Przewrocki meint
Was soll besser/günstiger oder innovativeres hier produziert werden? Auf jeden Fall müssen alle besser zusammenarbeiten.
M.M. meint
Z.B. Medizinaltechnik, künstliche Kniegelenke. Werden derzeit lediglich in zwei Standardgrössen produziert, massgeschneiderte für hiesige Kliniken in Boston. Zum Beispiel.