Das Problem der Autokraten untereinander ist, dass sie, sobald sie sich zu einer Konferenz treffen und Entscheidungen fällen sollen, nach demokratischen Regeln vorgehen müssen, die sie jedoch nicht beherrschen.
Bei der BRICS-Konferenz in Kazan (wir waren auf unserer Zugreise von Dornach-Arlesheim nach Vietnam mal dort; eine schöne Stadt) hat Indien die Aufnahme der Türkei in die BRICS-Gruppe verhindert. Zudem widersprach Südafrika Putin, der behauptete, es gebe eine verbindliche Vorlage für eine Swift-Alternative.
Deshalb sollte man der BRICS-Organisation möglichst viele neue Mitglieder wünschen. Je mehr Staaten sich BRICS anschliessen, desto komplexer wird es, gemeinsame Entscheidungen zu treffen..
Merke: Autokraten scheitern an der Demokratie.
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Es gibt diese weitverbreitete Meinung, wonach Russland und China stark seien, der Westen hingegen schwach.
Selbstverständlich ermöglichen zentralisierte Machtstrukturen schnelle Entscheidungen, was von Demokraten, die das ständige Hin und Her widersprüchlicher Argumente leid sind, als Stärke interpretiert wird.
Doch das ist nichts als Augenwischerei.
Die schlagzeilenträchtige Stärke ist zugleich ihre grösste Schwäche: Autoritäre Systeme sind langfristig instabil und zerbrechen schliesslich an inneren Spannungen.
Der Westen mag auf den ersten Blick schwach erscheinen, weil demokratische Prozesse oft langsamer und komplexer sind. (So gesehen wäre die Schweiz besonders „schwach.“)
Unser System, das auf Vielfalt und Transparenz basiert, ist jedoch innovativer und anpassungsfähiger. (Nobelpreisträger China: 14; Nobelpreisträger Russland: 29; Nobelpreisträger Schweiz: 37.)
Meditation am demokratischen Alltag: „Wettstreit um unterschiedliche Positionen ist Stärke, autoritäres Durchregieren ist Schwäche.“
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Etwas Pathos zum Schluss.
Fakt: Der älteste Baum Europas ist die Italus-Kiefer in Süditalien. Sie ist 1.240 Jahre alt – ein Baum, tief verwurzelt, der im wahrsten Sinne des Wortes stürmische Zeiten überlebt und sich den veränderten Bedingungen angepasst hat.
Bild: Autoritäre Systeme ähneln hochgewachsenen Bäumen, die schnell in die Höhe schiessen, aber deren Wurzeln oft flach und anfällig für Stürme sind. Ein starker Wind oder innerer Druck kann sie leicht entwurzeln.
Konklusion: Wir im Westen – insbesondere in der Schweiz – stehen für einen langsam wachsenden Baum mit tiefen und weit verzweigten Wurzeln. Flexibilität und Stabilität ermöglichen es, auch schwierige Zeiten zu überstehen, während autoritäre Systeme früher oder später unter ihrem eigenen Gewicht zusammenbrechen.