Ich verstehe das ja. Dass die Zeit zwischen den Wahlen etwas langweilig ist. Für Journalisten und Politiker.
Nur so ist zu verstehen, dass bereits jetzt, eineinhalb Jahre vor den nächsten eidgenössischen Wahlen geklagt wird, die Bürgerlichen in Stadt und Land würden die Wahlen erneut verpennen.
So ein Quatsch.
Es ist doch allen klar, dass innerparteiliche Not und nicht selbstbewusste Stärke die Linke schon jetzt in die Startlöcher treibt.
Weil Frau Herzog als Ständeratskandidatin als gesetzt gilt, denn sie wird dieses Mal nicht kuschen, muss Beat Jans schon jetzt den Finger heben.
Weil ausser dem ziemlich farblosen Musterschüler niemand auf die Idee kommt, ihn als Frontrunner in Betracht zu ziehen.
Auf der Landschaft dasselbe Theater.
Weil die Grünen nur noch aus Maya Graf bestehen – sie war 2015 mit 36 000 Stimmen einsame Spitze –, mussten sie die Oberbaselbieterin vor die Wahl stellen: Entweder du trittst jetzt zurück, damit Florence Brenzikofer (9000 Stimmen) 2019 als Bisherige den Hauch einer Chance hat, oder du entscheidest dich schon heute für den Ständeratssitz.
Weil sie das tat, darf sie bleiben und sogar nochmals als Stimmenfängerin auf der Nationalratsliste antreten.
Eine Weichenstellung, welche die Genossen derart in Bedrängnis brachte, dass sie nun den Kandidaten Nussbaumer haben.
Muss das die Bürgerlichen beunruhigen? Sicher nicht.
Eineinhalb Jahre Ständeratskandidatin – da sieht man ziemlich alt aus, wenns endlich losgeht.
Die Ausgangslage ist besonders für die Baselbieter FDP günstig.
Ich meine jetzt nicht, weil Die Liberalen mit Stückelberger einen plakattauglichen Kandidaten haben. Der wird eh nicht gewählt, weil Maya Graf mehr bürgerliche Stimmen holen wird, als Stücki sich herbeiträumt.
Nein, Herr Hofer kann den Ständeratswahlen gelassen entgegensehen, weil die Parteien mit Doppelkandidaturen auf Nummer sicher gehen wollen. Auch wenn letztes Mal behauptet wurde, für den National- und den Ständerat zu kandidieren sei unschicklich.
In der Politik gibts keine Regeln, nur Umstände.
Und die sprechen für Daniela Schneeberger. In einem zweiten Wahlgang könnte sie sogar gewinnen.
Wenn es in der FDP so etwas wie Verantwortungsbewusstsein oder gar Loyalität gibt, muss Stückelberger für einmal sein Ego zurückstellen und der Partei als Nationalratskandidat zudienen.
Oder noch besser: ein paar Monate vorher als Regierungsratskandidat antreten. Die beiden FDP-Sitze in der Regierung wären auf sicher.
Bleibt noch die einsame Doppelkandidatur von CVP-Frau Schneider-Schneiter. Einsam, weil sie im Baselbiet selbst als Präsidentin der Handelskammer nie als Wirtschaftsbürgerliche gelten wird.
Sollte Bundesrätin Leuthard im März doch nicht zurücktreten, kann sie ihre Bundesratsambitionen begraben. Weshalb sich bei ihr die Frage stellt, wie weit ihre Vorbereitungen auf das Leben nach der Politik schon fortgeschritten sind, auch mit Blick auf das beträchtliche Risiko, 2019 abgewählt zu werden.
So ist denkbar, dass im Herbst Remo Franz als frische Kraft nachrückt.
Weil die Wirtschaftsfrau weiss, dass es für das Leben danach besser ist, den Zeitpunkt für den Ausstieg selbst zu wählen, als ihn vom Wahlvolk aufgezwungen zu bekommen.
PS: In Basel-Stadt wird Eva Herzog das Rennen machen. Weil eine Liberale im Ständerat und ein Liberaler im Nationalrat für die anderen Bürgerlichen mindestens einer zu viel ist.
Zuerst erschienen in der Basler Zeitung vom 28. Februar2018
Marc Schinzel meint
Volltreffer! Was soll das Medientheater, eineinhalb Jahre vor der Wahl den Namen der für die Bürgerlichen im Ständeratswahlkampf antretenden Person zu fordern? In Deutschland bestimmen die Parteien ihre KanzlerkandidatInnen knapp 9 Monate vor dem Wahltermin. Wer will eineinhalb Jahre Wahlkampf? Graf und Nussbaumer können ihren Bekanntheitsgrad nicht mehr steigern. Sie hängen jetzt einfach einmal ab, bis zur Wahl in eineinhalb Jahren.
G. Koller meint
Besser ein Schritt nach dem andern, zuerst erlegen und dann abhängen! Typischer Fall von vorauseilender Schadenfreude!
Dahinter verbirgt sich wohl das unangenehme Wissen um die alles anders als überzeugende Performance des bürgerlichen (vor allem FDP) Exekutiv-Personals, die beiden Minister für Gesundheit und Finanzen mal ausgenommen, – und ganz abgesehen davon, dass hier beispielhaft die Majorzwahl längst nicht mehr die tatsächlichen (bürgerlichen) Kräfteverhältnisse abzeichnet.
So schade, wenn man bedenkt, wie viele Menschen noch „freien Sinnes“ sind und dementsprechend wählen und abstimmen würden, – sowieso abgeschreckt durch das hemdsärmelige und ungut „retrohafte“ Auftreten der SVP und übersättigt vom nie endenwollenden Nacherziehungsprogramm der Linken und Grünen – ach, wenn sich der Freisinn nur ein klein wenig zu einer sozialen Marktwirtschaft bekennen, den anscheinend angeborenen Hang zur „Strippenzieherei“ in Wirtschafts- und Finanzsachen in den Griff kriegen und im Auftreten diese unangebrachte Überheblichkeit lassen würde!
Also, noch eineinhalb Jahre“ Zeit, sich damit zu beschäftigen, wie man (von aussen) tatsächlich (auch) wahrgenommen wird.
Aber vielleicht ist da ja auch noch eine gewisse Angst vor „Rohrkepierern“ in den eigenen Reihen … so viel zu „Volltreffer“!
Marc Schinzel meint
@Koller: Angst ist immer ein schlechter Ratgeber – in der Politik noch mehr als anderswo. Politik ist kein Job, darf es nie sein. Die direkte Demokratie beinhaltet zum Glück keine Sitzgarantie. Sich selber und die Arbeit der eigenen Partei kritisch hinterfragen und sich an den eigenen Ansprüchen messen lassen ist zwingend notwendig. Da ist jede und jeder gefordert, nicht nur mit Blick auf die Aussenwirkung.
G. Koller meint
@ Marc Schinzel
Das haben Sie aber schön geschrieben …
Bringold Margareta meint
@G. Koller. Herr Schinzel schreibt immer schön. Das ist aber auch schon alles.
Marc Schinzel meint
Frustriert zu schreiben liegt mir eben weniger.