Beim Erläutern seines «Finanz-Ermächtigungsgesetzes» letzte Woche hat Herr Lauber festgehalten, dass das Baselbiet mit seinem Sparlatein am Ende ist. Die Erkenntnis wird zur Gewissheit, dass nichts, was Landrat und Regierung bislang an Sparmassnahmen beschlossen haben, sich durchsetzen lässt.
Damit scheint man im Baselbiet auch am Ende des demokratischen Lateins angekommen zu sein. «Wenn die Regierung sich einfach mal durchsetzen könnte, dann ginge es wieder aufwärts», erklärte mir kürzlich eine politisch engagierte Citoyenne. In der Tat scheint in Zeiten, in denen man nur noch den Mangel verwalten kann, die Versuchung gross zu sein, ein autoritäres Regime zu installieren. Auch bei uns. Ich bezeichne den Lauber’schen Gesetzesartikel «zur Stärkung der finanziellen Steuerung» bewusst in historischer Anlehnung als «Finanzermächtigungsgesetz», weil mit diesem die Regierung künftig völlig losgelöst von demokratischen Mechanismen Steuern erhöhen und Ausgaben kürzen könnte.
Im Baselbiet hängt man dem Trugbild nach, die tiefroten Zahlen würden eines absehbaren Tages qua Wunder wieder verschwinden werden. Und man dann auch im Baselbiet wieder aus dem Vollen schöpfen könne. Weil dieses Trugbild das vernünftige Denken der politischen Elite vernebelt, werden drei einfache Fakten beharrlich ignoriert: Erstens – in den nächsten zehn Jahren werden die Steuereinnahmen sinken, weil die Babyboomer in Rente gehen, und zweitens werden in den nächsten zwanzig Jahren die Pflegekosten überproportional steigen, weil die Babyboomer pflegebedürftig werden, und drittens – es werden sich im Baselbiet keine neuen, steuerrelevanten Unternehmen ansiedeln, welche diese Entwicklungen abfedern.
Mit der Ablehnung der Fusions-Initiative vor zwei Jahren hat im Baselbiet eine neue Zeitrechnung begonnen, weil die logischste Option, der finanziellen Misere auszuweichen und an die Fleischtöpfe der Pharmaindustrie zu gelangen und gleichzeitig den Staatsapparat zu verschlanken, auf Jahrzehnte verschüttgegangen ist. Die neue Zeitrechnung bedeutet, dass der Landkanton fortan ein stadtloser Kanton ist, dessen Fläche grösser ist als dessen Wertschöpfung. Und dass sich daran nichts, aber auch gar nichts ändern lässt.
Nun kann man der Politelite in Liestal nicht mal Versagen vorwerfen, dass sie sich mit der neuen Realität schwertut. Ihr fehlt schlicht die Erfahrung, wie man den Mangel verwaltet. Sie müsste zunächst einmal begreifen, dass «Sparen» lediglich die Kehrseite von «Ausgeben» ist. Und weil Sparen das Finanzproblem des Kantons nicht löst, und für «Ausgeben» kein Geld vorhanden ist, muss man aufhören, sich etwas vorzulügen. Die neue Losung lautet: «Um- und Rückbau». Was zu den Fragen führt: Welche Aufgaben soll der Kanton erfüllen? Wer soll die kantonalen Aufgaben erfüllen? Wie sollen die kantonalen Aufgaben erfüllt werden?
Die Diskussion muss sich also nicht um Geld, sondern um «Public Corporate Governance» drehen, um Regeln, wie im Kanton Baselland inskünftig die von der Politik formulierten Leistungen kostenbewusst und effizient erbracht werden. Von wem auch immer. Mit dem Rückbau der öffentlichen Aufgaben wird der Kanton vom Dienstleisterstaat zu einem Moderator-, Organisator- und Koordinatorstaat umgebaut. Die Spitalpolitik von Herrn Weber weist die neue Richtung.
Okay, ist wohl zu anstrengend. Erhöhen wir die Steuern. Ist einfacher.
PS: Meine Kommentare in der BaZ erscheinen auch dann, wenn ich nicht gerade in Arlesheim herumhänge. Bekanntlich ist die Welt inzwischen flach, weil mit dem Internet der Ort, wo ein Gedanke entsteht, nicht mehr wichtig ist.
Markus Schöpfer meint
Klar dass noch ein weitere Punkt gegen die Finanzen des Kantons spricht. Zinsen! Wenn die mal steigen, steigen die Ausgaben automatisch wieder so stark an, dass auch eine Steuererhöhung womöglich keine Chance hat, die Ausgaben zu decken, ausser sie ist prohibitiv.
Grummel meint
Solange der Schuldendienst gewährleistet ist, gibt es für einen Staat keinen Grund, um zu sparen.
Aber genau das ist das Problem: Die gewählten Kleinkrämer im Parlament denken, der Staat sei «ihre» Firma und müsse schwarze Zahlen präsentieren, sonst gäbe es kein Geld mehr.
Dabei sind sie selbst privat «Umschuldungsweltmeister». Soll mir diese Logik mal einer erklären.
Meury Christoph meint
Es ist ja nicht so, dass es keine hoffnungsvollen Projekte gäbe. «Salina Raurica» hätte das Potential ein echter Knüller zu werden und einen Entwicklungsschub in die Gänge zu bringen. Aber die ätzende Langsamkeit mit welcher hier zwischen der Gemeinde Pratteln, dem Kanton und der Arealentwicklerfirma Losinger Marazzi AG seit 15 Jahren herumgetrödelt wird, ist nicht nachvollziehbar.
1,5 Milliarden Franken beträgt des geschätzte Investitionsvolumen. 7’600 Menschen sollen in Salina Raurica künftig wohnen und arbeiten.
Am 1. Februar wird jetzt endlich der Zonenplan dem Pratteler Einwohnerrat vorgelegt, dann kann der Kanton loslegen.
Was das konkret heisst, weiss niemand. Vielleicht müssen dann die Hängematten der kantonalen Planer neu vertäut werden….
Siro meint
Ein weiser Niederländer hat mir immer geraten: Ein Staat soll Finanzieren und Kontrollieren.
Trashbarg meint
und womit soll der Kanton finanzieren?
Das mit dem Kontrollieren kriegen sie ja noch hin, die in Liestal, aber sonst?
Siro meint
Bspw. Spitäler. Es gibt keinen Grund, weshalb der Kanton eigene öffentlich-rechtliche Anstalten betreibt. Da gibt es zur Zeit zu viele Interessens- und Zielkonflikte. In anderen Kantonen erteilen Baubewilligungen Private, sehr erfolgreich und zur Zufriedenheit der Bürger.