Nein, das muss man ihm lassen. Hans Rudolf Gysin ist ein alter Bulle, der nicht wie die Jungs den Hügel runterstürmt, um bei ein paar Kühen Eindruck zu schinden.
Lasst es uns langsam angehen, sagt der an Jahren erfahrene Bulle. Weil er weiss, dass man gut daran tut, seine Kräfte klug einzuteilen.
Nein, das muss man ihm lassen: Er ist derzeit der Einzige in der FDP von politischem Gewicht. Auch wenn er in Bern recht erfolglos agiert (da kann man sein Bausparmodell, im Gegensatz zu anderen Medien, in den Lokalmedien noch so hochjubeln), in seiner Partei ist er der unangefochtene Meister der Strippen.
Michael Herrmann, der als Jungbulle angetreten war, um die Herde zu beherrschen, ist inzwischen ziemlich ausser Atem geraten.
Balz Stückelberger, in nicht mal drei Wochen zum Hoffnungsträger der Medien aufgestiegen (so schnell geht das heute), hat den Kampf um Macht und Einfluss noch gar nicht recht aufgenommen.
Lele Ceccarelli, der Polithooligan aus Pfeffingen will eigentlich nichts anderes, als endlich mal von jemandem akzeptiert zu werden. Deshalb brüllt der so rum.
Und Gysin sagt allen, wo’s lang geht.
Der alte Bulle steht auf dem Hügel und betrachtet schon seit Monaten in aller Ruhe die Szenerie. Er sieht zu, manchmal etwas gelangweilt, wie sich die Jungstiere in die Hörner geraten.
Hans Rudolf Gysin weiss, was er will. Hans Rudolf Gysin will nochmals in den Nationalrat.
Herr Rockenbach hat in der BaZ diese Woche auf einer ganzen Seite über ihn geschrieben, wohlwollend, bewundernd, sich redlich um eine kritische Haltung bemühend. Die Botschaft des Leitbullen ist klar: An mir kommt noch immer keiner vorbei.
„Wenn die Partei mich nochmals will…“, „wenn die FDP zwei Sitze will…“, das ist die Ansage und die Sätze enden in „….dann werde ich nochmals antreten.“ Copy + Paste Blocher.
Dafür will er – stellt er in Aussicht – einen hohen Preis zahlen: den Rücktritt als Wirtschaftskammerdirektor. In kleinsten Schritten.
Auch im Baselbieter Wirtschaftsverein lässt er die Jungstiere aufeinander los, sagt dem ambitionierten de Courten, es gebe genügend valable Kandidaten im Haus der Wirtschaft.
Bulle Gysin schaut auch hier vom Hügel runter zu, wie die Jungstiere ihre Kräfte messen, sich um seinen Posten balgen. Manchmal etwas gelangweilt. Er werde sich von den operativen Aufgaben nächstes Jahr zurückziehen, diktiert er der BZ. Und die verbreiten das, als hätte Herr Gysin etwas Neues gesagt.
Nein, es führt kein Weg daran vorbei: Die FDP muss Hans Rudolf Gysin aufs Altenteil setzen. Mit dem Titel eines FDP-Ehrenpräsidenten, wenn es denn sein muss.
Michael Herrmann kann nach der (möglicherweise) verlorenen Landratswahl seinen Kopf nur retten, wenn er Gysin in die Pension schickt. Er muss sich diesem letzten Bullenkampf des Hans Rudolf Gysin endlich stellen.
Der sägt nämlich schon kräftig an dessen Präsidentenstuhl. Mit unverbindlichen Nebenbemerkungen bei Freund und Gegner innerhalb der Partei. Nur wenn sich Herrmann mit Gysin anlegt, kann er die aufkommende Konkurrenz in der Partei hinter sich scharen.
Zum Beispiel Herrn Stückelberger, den Hoffnungsträger aus dem unteren Baselbiet.
Allein mit Lele Ceccarelli an seiner Seite geht Herrmann unter.
Faktum ist: Der FDP-Sitz ist auch ohne Hans Rudolf Gysin zu holen. Ein Zweiter liegt unter keinem Titel drin.
Was die Spitze der Wirtschaftskammer tut – wer ist das eigentlich? – ist mir persönlich ziemlich egal. Ich bin dort weder Mitglied, noch habe ich im Sinn, eines zu werden.
Läge die Betonung des Vereins auf „Wirtschaft“ und nicht auf der Gemütlichkeit versprechenden „Kammer“, dann würde der bisherige Chef bei der Suche des Nachfolgers kein Wort mitzureden haben. So wie es in richtigen Unternehmen die Regel ist.
Ein Sturz Gysins bedeutet eine Zäsur – und einen Neuanfang. In der Partei als auch bei der Wirtschaftskammer. Und das wäre auch gut so.
M.M. meint
Hab’s gelesen. Endlich kommt mal eine dieser langweiligen Standaktionen (warum machen das die Parteien überhaupt noch?) in die Schlagzeilen. Etwas Besseres kann einem gar nicht passieren.
Schön wäre noch ein Anwalt, der am Samstag auftaucht, mit einem Wisch und das alles vor laufenden Kameras.
Isaac Reber meint
Aufpassen mit dem verwendeten Bullen-Bild, das kann ganz schnell Ärger geben in Sachen Markenrechte 🙂
h.s. meint
Sie haben etwas gegen Herr Herrmann. Wenn der Hans Rudolph Gysin angreift solange der noch Direktor der Wirtschaftskammer ist, dann ist dass zu vergleichen mit ein Angriff über offenen Feld von Keulenkämpfer gegen Kampfhelikopter Typ Apache. Aussichtslos.