Na ja, das hätte ich nun auch nicht gedacht. Dass ein paar Gedanken zu den glücklichen Babyboomer einem aktuellen Kommentar zum selben Thema von Herrn Schirrmacher (Herausgeber FAZ) gegenübergestellt werden.
Den Beitrag von Herrn Prof. Kovács gibt es hier zu lesen: Die Babyboomer.
Ich meine, Herr Schirrmacher hat schon recht, wenn er zu meiner (unserer) Generation festhält:
Diese Generation ist damit, im Westen, die erste Generation, die im klassischen Sinne nichts „durchsetzen“ musste. Der Markt regelte das für sie. Gleichzeitig geschah aber noch etwas: Die Boomer sind die erste Generation in Deutschland, die zahlenmäßig der jüngeren Generation überlegen ist – sie hatte deshalb über einen viel längeren Zeitraum als in der Vergangenheit auch nicht den Aufstand der Jungen gegen ihr Lebensmodell zu befürchten (bei den ’68ern dauerte das bekanntlich nur zehn Jahre). Dadurch fehlte der Zwang zur Regeneration. Beides zusammen erklärt die unglaubliche Erschöpfungsgeschwindigkeit dieser politischen Generation, in dem Augenblick, da sich die Dinge radikal ändern.
So ist es.
Und es war noch viel goldener, wenn man, wie ich, das Privileg hatte, auf der Insel der Glückseligen zu leben. Ich meine, ich habe schon ziemlich gearbeitet, mit eigener Firma mit bis zu 14 Angestellten und vier Kindern, hatte über Jahre hinweg ziemlich wenig Ferien.
Ich beklage mich nicht.
Denn ich habe, wir haben, – im Vergleich zu unserer Väter- und Müttergeneration – ein geradezu ideales Zeitfenster erwischt, um unsere Jahre auf diesem Planeten zu verbringen (ich glaube weder an die Wiedergeburt noch daran, dass da anschliessend noch was kommt. Was ich als ziemlich beruhigend empfinde).
Und ich habe es nie verstanden, weshalb die Boomer nicht mehr wagen. Was kann denn einem schon passieren in der Schweiz. Ist doch ein Nullrisikoland. Wenn’s ganz blöd läuft, hat man seine 6’000 Franken Sozialhilfe (bei vier Kindern im Minimum) auf sicher.
Gut, ich hatte damals eine ziemlich hohe Lebensversicherung abgeschlossen.
Nur ist es ja nicht so, dass wir, wie Herr Schirrmacher Glauben machen möchte, nur rumgehangen sind und die Umwelt zugemüllt haben.
Man kann sich ja mal umsehen, welche Werte wir geschaffen haben. Nicht nur Eisenbahntunnels und Autobahnen, Bürohochhäuser und Forschungslabors, Millionen von Patente. Dazu gehören auch Museen und Schauspielhäuser, Hallenbäder und Schulen und, ja, Mehrzweckhallen. Die 60er und 70er Jahre des letzten Jahrhunderts waren eine Hoch-Zeit für Musik, deren Ergebnis einen Vergleich mit dem musikalischen Entwicklungsschub des 18 Jahrhunderts (Bach, Mozart, Händel etc.) durchaus standhalten kann.
Die grösste und nachhaltigste Leistung hat unsere Generation mit der Entwicklung des Personal Computers und mit der „Erfindung“ des Internets erbracht. Die Verkabelung der Industriestaaten mit Kupfer- und jetzt mit Glasfaserkabeln, der Aufbau der Mobilfunknetze entspricht von ihrer Bedeutung dem Bau der Eisenbahnlinien im 19. Jahrhundert.
Beide haben völlig neue Industrien und Dienstleistungen möglich gemacht, haben Wohlstand gebracht. In unserer Zeit allen, nicht nur wenigen Wohlhabenden.
Das war die nachhaltigste Sozialrevolution der Menschheitsgeschichte. Ganz ohne Blutvergiessen.
Und ich denke, dass wir mit unseren Kindern ziemlich anders umgegangen sind, ein anderes Verhältnis aufgebaut haben, als die Kriegsgeneration dies mit uns getan hat. Wir haben Gefühle zugelassen und gezeigt.
Ich meine die Männer.
Meine Kinder haben zu uns ein völlig anderes Verhältnis, als wir es zu unseren Eltern hatten. Irgendwie ziemlich entkrampft.
Allerdings ist es schon so, wie Herr Schirrmacher schreibt, dass wir, also ich, jetzt ziemlich genug haben. Schliesslich mache ich den ganzen Tramp jetzt schon seit bald mal 46 Jahre mit.
Und immer auf hoher Drehzahl.
Ich verfüge über genügend Fantasie und über die Mittel, mir für die kommenden Jahre einen anderen Entwurf zu schustern („Design your life“).
Doch, doch, es macht sich durchaus eine gewisse Erschöpfung, gar Unlust am Alltag bemerkbar.
Das Problem ist halt auch, dass die nachfolgende Generation bis in die hohen Dreissiger wenig Lust verspürt, im Sinne von „Erwachsen werden“ Verantwortung zu übernehmen. Der Abschied vom T-Shirt und Turnschuhen fällt ihnen schwer.
Leute – ich habe null Problem damit, Platz zu machen. Macht was ihr wollt: It’s all yours!
merlinx meint
Im Vergleich zu diesem Artikel erscheinen Schirrmachers Äusserungen ziemlich oberflächlich.
Die Hinterlassenschaften der Vorgänger-Generationen, der Grossväter und Väter, sollte zuerst hinterfragt werden: Nach dem zweiten Weltkrieg war „Nie wieder Krieg“ zwar die Losung, aber in Wirklichkeit herrschte bis Ende der achtziger Jahre die Zeit der „mutually assured destruction“, der Kalte Krieg.
Der Vorwurf an die Babyboomer, die in dieser Zeit aufwuchsen, sie hätten nichts durchsetzen müssen, trifft ganz einfach die Falschen.
Blacky meint
Herrlich ist’s am Strand…
Michael Przewrocki meint
Das Wichtigste ist doch schon: sich nicht ins Grab arbeiten. Ich habe viele „Freunde“, Bekannte-weltweit, welche es zu etwas gebracht haben, aber entweder gestorben oder krank geworden sind. Erschreckend! Darunter einer im selben Alter, Familie/Kinder, Haus eigenhändig gebaut, ständig auf Achse. Onassis meinte, man solle dem Geld nicht nachlaufen, sondern ihm entgegengehen.