Eigentlich war ja die Regio-Initiative von Hans-Ruedi Gysin als cleverer Schachzug im Abwehrkampf gegen die Fusionsinitiative gedacht.
Wäre sie auch gewesen, wäre die Initiative am selben Tag zur Abstimmung gekommen wie die Fusionsinitiative
Doch die klare Willensäusserung des Baselbieter Volkes, was es in dieser Wortkombination gemäss Herrn Zehnder von der bz gar nicht gibt, mit der Willensäusserung von 76 Prozent der Abstimmenden gestern Sonntag ist jetzt in die Baselbieter Verfassung gemeiselt worden, was starke bürgerliche Kräfte meinten, ab dem 1. Juli zurückschrauben zu können: die vertiefte Kooperation auf allen Gebieten mit dem Stadtkanton.
Die Behörden des Kantons Basel-Landschaft streben in der Region und der Nordwestschweiz eine Verstärkung der Zusammenarbeit an.
Zwar folgen danach in der Aufzählung die Kantone Aargau, Solothurn und Jura, sowie „das benachbarte Ausland“, aber tagespolitisch steht der Kanton Basel-Stadt im Vordergrund, mit dem man nun qua Verfassung „gemeinsam Institutionen zu schaffen, den gegenseitigen Lastenausgleich zu ordnen und die Gesetzgebung anzugleichen“ hat.
Jetzt wird es interessant. Denn jetzt stellen sich grundsätzliche Fragen.
Beispielsweise, ob eine „Verstärkung der Zusammenarbeit“ im Spitalbereich überhaupt noch politisch bekämpft werden kann und wenn ja, mit welchen Argumenten ohne gegen die Baselbieter Verfassung zu verstossen.
Oder in Sachen Universitätsvertrag – ob der Kanton Basel-Landschaft einfach aussteigen kann, wenn in der Verfassung ausdrücklich steht, es seien „gemeinsam Institutionen zu schaffen“ und es diese schon gibt.
Steigen die Baselbieter aus und sind künftig nur noch Zahler wie Aargau uns Solothurn auch, dann könnte dies mit einer Verfassungsbeschwerde bis vor’s Bundesgericht bekämpft werden.
Der juristische Trick könnte sein, dass die weiter oben aufgezählten Kantone Solothurn, Aargau und Jura nicht mit von der Partie sind.
Aber wer hat schon die Chuzpe sich, mit diesem Argument politisch in die Schlacht zu ziehen?
Es kann sich also herausstellen, dass Hans-Ruedi Gysin den Das-Baselbiet-Konservierern ein schönes, grosses Ei gelegt hat.
Merke: Ein guter Zug in der Eröffnungsphase des Spiels kann sich später als grosser Fehler erweisen.
Grummel meint
Nicht dass ich M&M entmutigen will: HRG geht natürlich auch schon streng gegen die Achtzig.
Aber in diesem Alter ist es beim Schach spielen wie beim Auto fahren: Man muss ihnen sagen, dass es nicht mehr geht.
Redbüll meint
Werter Grummel, HRG lässt Auto fahren, was man zwanglos aufs Schachspielen übertragen kann…;-)
Redbüll meint
Sie haben natürlich recht, werter MM, es ist in der Tat ein Riesen(kuckucks)ei, das Herr G. gelegt hat. Wobei zu relativieren, denn es ist von „anstreben“ die Rede. Und – anstreben kann ich einiges, ob ich es auch erreichen kann/muss, ist eine völlig andere Frage ;-)…
Redbüll meint
PS: was mich überraschte, dass Herr HRG, der nun wirklich ein profunder Kenner des Baselbiets ist, tatsächlich glaubte/befürchtete, die Fusion hätte eine Chance gehabt. Es war von anfang an klar, dass sie chancenlos war.
Chienbäse-Bärti meint
So klar war es natürlich nicht.
Umsomehr als verschiedene Cracks aus der „Baselland bleibt selbständig“-Epoche (1969) vor allem aus den Unterbaselbieter CVP-Hochburgen verstummt oder wie etwa der Heimatdichter Thomas Schweizer „gekippt“ sind.
Auch ich als „profunder Kenner“ des Baselbiets und der Mentalität seiner Urbewohner hatte meine Zweifel und Befürchtungen. Aber offenbar hat der „neue Realismus“ der Aktivgeneration für eine Fusion eben doch nicht ausgereicht….
Meury Christoph meint
@Chienbäse-Bärti: Das wollte ich schon immer mal wissen und als profunder Kenner können Sie mir sicher weiterhelfen: Was zeichnet eigentlich den Urbewohner des Baselbiets aus? Woran kann ich ihn erkennen? Welche Ziele verfolgt dieser Autonomie-Verteidiger? Ich gehe davon aus, dass sämtlich Zugezogenen (ab welchem Jahrhundert?) und AusländerInnen nicht damit nicht gemeint sind? Wie viele der 282’732 EinwohnerInnen gelten als Urbewohner? Müssten die Urbewohner in der Statistik eigentlich separat ausgewiesen werden, um die klaren Baselbieter Machtverhältnisse aufzuzeigen? Vielleicht können Sie mir weiterhelfen….
M.M. meint
Ich bin ein eingekaufter Ureinwohner, Bürger von Niederdorf BL….
Meury Christoph meint
M.M.: Okay! Eingekauft das geht. Wenn der Rubel rollt sind wir grosszügig.
Die Meury’s sind übrigens eingewandert. Allerdings bereits im 14. Jahrhundert. Da müsste ich als assimilierter Ausländer knapp durchgehen. Assimilierte Ausländer sind bestens integriert, haben die hiesige Kultur übernommen und sprechen selbstverständlich Schweizerdeutsch. Ausländerinnen und Ausländer der zweiten Generation, die hier in der Schweiz geboren sind, die Schulen und Ausbildungen absolviert haben und bestens integriert sind, dürften der Bezeichnung assimilierte Ausländer am Besten entsprechen.
Dies obwohl die Meury‘ ursprünglich aus Flandern kommen. In der Zwischenzeit sind, soviel ich höre, alle bestens integriert. Dürfen wir uns jetzt als Ureinwohner bezeichnen? Unser Clan hat sich in Reinach niedergelassen, sind allesamt Bürger von Reinach, haben dann aber auf den Sonnenhügel nach Arlesheim gewechselt und sind daselbst seit ein paar Generationen sesshaft geworden. Allerdings haben ein paar Wenige immer noch etwas Nomadisches….
HopplaDerUrs meint
Made my day. Wunderbarer Text.
Marc Schinzel meint
Wie wohl die meisten, die am Sonntag Ja stimmten, sehe ich das Ganze pragmatisch. Wo eine Zusammenarbeit Sinn macht, soll man sie anstreben. Wo nicht soll man sie lassen. Das ist nichts Neues. All die abgehobenen, auf die Halbkantone beschränkten institutionellen Programmdiskussionen haben uns nicht vorangebracht. Die Region ist nun einmal grösser als BS und BL. Stadt und Land ticken überdies politisch nicht immer gleich, wie wir am vergangenen Wochenende wieder sahen. Auch das ist nicht neu. Es bringt nichts, sich in ideologischem Hickhack zu verlieren. Es kommt auf den konkreten Fall an. Das ist die richtige Botschaft der Regio-Kooperationsinitiative.
Meury Christoph meint
Die neu in der BL-Verfassung verankerte Kooperation ist eine Sache, aber anderseits stellt sich natürlich auch die Frage, wer will mit dem Kanton Baselland überhaupt zusammenarbeiten. Kooperationen basieren auf gemeinsamen Ideen, welche sich in konkreten Projekten manifestieren und daselbst immer auch eine Kostenseite haben. Ein Kanton mit leeren Kassen und Schulden ist entsprechend handikapiert und damit kein Partner erster Wahl. Zudem sind die Baselbieter keine verlässlichen Partner. Kaum sind sie mit den Finanzen klamm, sind sie bereit den Univertrag, den Kulturvertrag, usw. aufzukünden. Diese Rechtsunsicherheit ist einer partnerschaftlichen Ausrichtung mit ihren Anrainern wenig zuträglich. Ergo müssen die PolitikerInnen zuerst darauf hin arbeiten, dass sie als verlässliche Partner wahrgenommen werden und dass man bereit ist eine gemeinsame Zukunft zu entwickeln & zu realisieren. Der Rest sind Wortspiele und ungelegte Eier.