Aber sicher: Die OSZE-Konferenz war für Basel ein Erfolg. Und man kann den dieser Konferenz für ihre hochklassige Leistung mit Applaus gratulieren. Dieser Anlass war zur rechten Zeit am richtigen Ort, galt es doch den würdigen Abschluss des Präsidialjahres der Schweiz, vertreten durch Bundesrat Burkhalter, mit einer professionell durchgeführten Veranstaltung zum Abschluss zu bringen.
Und selbstverständlich gönnen wir Herrn Morin, dass er es geniesst, für zwei Tage den Basler Wowereit zu spielen. Kurzum – Basel hat bewiesen: Wir können das.
Wäre ja noch schöner.
Schliesslich ist Basel nicht irgendein Provinznest, sondern kann mit den Metropolen rund um den Globus in vielem mithalten. Verständlich also, dass diejenigen, welche sich für das Drumherum dieser OSZE-Konferenz ins Zeug gelegt haben, nichts sehnlicher wünschen als: Play it again, Sam.
Aber wir anderen können uns durchaus und berechtigt fragen, wollen wir tatsächlich zum Davos am Rheinknie werden, nur weil die in der Lage sind, den reibungslosen Ablauf einer Grosskonferenz mit allem Drumherum zu garantieren, wo überdies die Chaoten erst zu randalieren beginnen, wenn der letzte Teilnehmer davongedüst ist – womöglich weil die Randalierer sich im Datum geirrt haben?
Meine Meinung: nein.
Da ist zum einen unser demokratisches System, in dem es keine abgehobene Politikerkaste gibt, höchstens eine Classe politique, eine Bezeichnung, die der Grösse der Vertreter entspricht und deshalb irgendwie niedlich klingt. Weil bei uns ein Bundesrat kein Repräsentant des Volkes, sondern dessen Beauftragter ist, sind uns diese pseudoroyalen Rituale für Regierungsrepräsentanten völlig fremd.
Zwar hat Basel gezeigt, dass es die Kulisse für solche internationalen Gepflogenheiten dieser Politkaste aufbauen kann, aber dass man die Citoyens mit Polizei, Militär und Absperrgitter zu Wasser, zu Luft und quer durch die Innenstadt auf Distanz hält, ist nun mal nicht Sitte in diesem Land.
Selbstverständlich, auch mir ist bekannt, dass die internationale Sicherheitslage solche Massnahmen erfordert. Doch dafür, und das ist mein zweiter Punkt, ist Basel einfach zu klein. Findet eine solche Konferenz, sagen wir, in London oder Berlin statt, dann befindet sich der Konferenz- ort in irgendeiner Ecke der Stadt, sodass die meisten Londoner oder Berliner den Anlass erst abends um halb acht in den Fernsehnachrichten mitbekommen. In Basel wird hingegen mehr oder weniger die gesamte Innenstadt der Öffentlichkeit entzogen, was mit einer 1:1-Ernstfallübung anschaulich demonstriert wurde.
Ist das nun kleinkariert? Nein, überhaupt nicht. Es finden in Basel jede Menge stadtverträgliche Grossveranstaltungen statt. Zum Beispiel die Baselworld oder die Art. Braucht es dafür Militär? In Basel tagen regelmässig die Notenbankgouverneure aus aller Welt, ein hochkarätiges Gremium, das mehr Macht besitzt als die Ministerrunde der OSZE. Braucht es dafür ein besonderes Polizeiaufgebot? Nein, denn kaum jemand nimmt Notiz, wenn die im BIZ-Turm tagen.
Wenn sich also Basel für weitere internationale Konferenzen und Veranstaltungen empfehlen will, was durchaus zu begrüssen ist, dann sollte es sich um Veranstaltungen und Konferenzen handeln, die ein Sicherheitsdispositiv so ähnlich wie bei einer Art benötigen.
Wobei die Polizei, was Pappdeckel-Demos anbelangt, noch etwas üben muss.
Zuerst erschienen in der Basler Zeitung vom 10. Dezember 2014.
Meury Christoph meint
Okay, die Stadt als grossartiger Catwalk für die TeilnehmerInnen aus den 57 OSZE-Teilnehmerstaaten. Aber haben die internationalen PolitikerInnen die Stadt wirklich gesehen und wahrgenommen? Vom Flughafen zum Helikopterlandeplatz, mit dem gepanzerten Fahrzeug zum Messeplatz und ab in einen der vielen Sitzungssäle, beim Vorfahren zur Safran Zunft ein bisschen Basler Altstadt-Silhouette mitbekommen, die Eingeborenen als Schatten hinter den Sicherheitszäunen gesehen… das wars!
Dafür mussten wir als Citoyens soviel Gstürm in Kauf nehmen?
Oder haben uns die Damen und Herren, quasi als Duftmarke, noch eine Friedensbotschaft hinterlassen?
Ist die Welt jetzt ein bisschen sicherer?
Marc Schinzel meint
Dieser Ansicht kann ich einiges abgewinnen. Das Problem ist allerdings ein grundsätzliches. Multilaterale Konferenzen sind leider längst viel zu schwerfällig und komplex geworden. Das vom Zweck und Teilnehmerkreis her zugegebenermassen nicht ganz vergleichbare G7-Treffen etwa wurde vor über dreissig Jahren vom deutschen Kanzler Helmut Schmidt und vom französischen Präsidenten Giscard d’Estaing als informelles Austauschforum der damals sieben führenden Wirtschaftsmächte ins Leben gerufen. Die Idee war, in ungezwungenem Rahmen vertiefte Diskussionen zu führen, die auf der normalen Agenda keinen Platz hatten. Davon sind wir heute weit weg. Es würde auch von der Sache her Sinn machen, solche Treffen in eine Umgebung zu verlegen, wo der Aufwand zur Gewährleistung der Sicherheit in Grenzen gehalten werden kann. In Frage kämen gut gelegene Inseln oder relativ isolierte Landschaftskammern. Damit hätten die Konferenzteilnehmer wieder mehr Luft zum atmen und sie müssten sich – mangels alternativer Angebote – intensiver mit ihren Gesprächspartnern auseinandersetzen. Das könnte auch eine gesunde Redimensionierung solcher Anlässe begünstigen.